All or Nothing: Tottenham Hotspur – IMPULS #7

Ich analysiere die erste Episode der Dokumentarfilmserie „All or Nothing: Tottenham Hotspur“ von Amazon Prime Video aus dem Jahr 2020. Was kann ich aus der Dokumentarfilmserie für meinen eigenen Dokumentarfilm mitnehmen?

Hier sind meine Learnings:

  • Positive und negative Momente am Anfang zeigen, um Spannung aufzubauen.
  • Erkenntnis: Man kommt fast nicht um einen Sprecher oder eine Sprecherin herum. Sonst können die Zuschauenden dem Geschehen schwer folgen.
  • Idee: Ein Training lang mit Zeitraffer das Spielfeld filmen.
  • Das Team im Nachhinein zu den Spielen zu interviewen, um ihre Kommentare dann über das Footage vom Spiel zu cutten.
  • Ein Shot, wie die Spielerinnen durch die Umkleide bzw. den Gang nach draußen gehen.
  • Ein Shot, wie die Spielerinnen Pause machen (Wasser trinken).
  • Idee: Einen Sonnenuntergang am Spielfeld filmen.

#36 – Saul Bass – der Vater des Title Designs?

“Seen from our perspective in the twenty-first century, Saul Bass seems to define an era. (…) Bass’s poster designs and his credit sequences for Hollywood feature films were extremely innovative in terms of their formal design, use of iconography, and narrative content. His graphic work resembled no one else’s in Hollywood, and his film credits changed forever how audiences looked at the opening minutes of a film. (…) Bass’s designs influenced not only other studio publicity designers and filmmakers but also a whole generation of young designers that he personally trained in his studio” (Horak 2014, S.3).

Auch wenn oftmals, laut Deborah Allison, Publikationen wie Zeitungen und Magazine oder Websiten fälschlicherweise in ihren historischen Auseinandersetzungen mit Titelsequenzen nur auf eine Handvoll von Größen im Titeldesign stützen, wie zum Beispiel Saul Bass, Maurice Binder oder Kyle Cooper, haben diese Designer auch ein Berechtigungsdasein. Man darf nur nicht in der Beschäftigung mit der Geschichte des Titeldesigns alle anderen Facetten ignorieren (vgl. Allison 2021, S.18). Deshalb beschäftigt sich dieser Blogbeitrag mit einer dieser Größen im Auteur-Designs von Titelsequenzen: Saul Bass. 

Saul Bass ist nicht nur eine Größe in der Welt der Titelsequenzen, sondern auch in den Welten des Grafik Designs und der Werbung. Auch als Filmemacher, gemeinsam mit seiner Frau Elaine Bass, war er tätig und wurde mit einem Academy Award for Documentary Short Subject für den Film Why Man Creates (1968) im Jahr 1968 geehrt. Im Buch Saul Bass. Anatomy of Film Design, betitelt Jan-Christopher Horak Saul Bass als Generalisten in einer Welt voller Spezialisten. Außerdem vermerkt Horak, dass Bass in gewisser Weise in der Filmindustrie ein Außenseiter war, da er eigentlich ein Grafikdesigner war, welcher sich seinen Jobtitel selbst definiert hat in der sehr streng regulierten Filmbranche. Auch seine hohen ästhetischen Ansprüche für die Integrierung von Kunst stand oftmals im Kontrast mit der Einstellung von der Filmindustrie in Hollywood. Außerdem half sein Zusammenschluss mit gleich gesinnten Filmemachern, welche sich von der Hollywood-Filmindustrie distanzierten, nichts zu seinem Image in Hollywood (vgl. Horak 2014, S.2f). 

Das Leben von Saul Bass

1920 wurde Saul Bass als zweites Kind in eine jüdisch-russischen Auswandererfamilie hineingeboren. Beruflich war sein Pelzhändler, während seine Mutter sich um den Haushalt kümmerte. Bereits zu Schulzeiten, an der James Monroe High School, engagierte Bass beispielsweise als Redakteur für das Jahrbuch und The Monroe Doctrine, eine Literatur- und Kunstpublikation. Ebenfalls gewann er zwei Preise gestiftet von der School Art League, die ihm später ein sechsmonatiges Stipendium anbot. Danach war er in verschiedenen Designbüros in New York eingestellt, bis er eine Stelle bei Blaine Thompson annahm. Während der Zeit bei Blaine Thompson, traf er auf seinen Mentor – Gyorgy Kepes. Der ungarische Künstler und Designer veränderte Basses Verständnis von Design. Vor allem wurde seine Begeisterung für die Moderne und das Bauhaus durch dieses Aufeinandertreffen verstärkt (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.1-11).

1946 zog Bass von New York nach Los Angeles. Grund dafür war, das Stellenangebot als Art Director/Pitchman für das Buchanan and Company in Hollywood, welches er nicht abschlagen konnte. Dort angekommen, bekam er unter anderem mit in welcher katastrophalen Verfassung die Filmvermarktung sich zu dieser Zeit befand. Durch den Wettbewerb mit dem Fernsehen eröffnete Designern wie Bass die Möglichkeit in die Filmvermarktung einzugreifen. Saul Bass war der Meinung, dass durch eine kreativere Vermarktung auch ein kreativeres Filmemachen ermöglicht werden könnte. Charlie Chaplins Monsiuer Verdoux (1947), war Basses erster eigenständiger Arbeitsauftrag in der Filmindustrie. Der Film wurde aber nie veröffentlicht. Danach arbeitete er noch an mehreren Filmprojekten, bis er 1950 sich wieder dem Grafik Design widmete und eine Stelle bei Foote, Cone & Belding annahm. Zwei Jahre später gründete er seine eigene Firma Saul Bass & Associates. Seine Frau Elaine lernte er später kennen, als sie bei ihm als Assistentin anfing (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.11-23).

Otto Premingers Film Carmen Jones (1954) war Saul Bass Durchbruch in der Welt des Titeldesigns. Eigentlich wurde er von Preminger engagiert ein Poster für den Film zu gestalten, doch Otto Preminger gefiel es so sehr, dass er ihm darauf anbot, gleich noch eine Titelsequenz für die Produktion zu kreieren (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.118). Preminger war von Bass überzeugt und beauftragt Bass für seinen nächsten Film The Man with the Golden Arm (1955) die Titelsequenz und die Werbekampagne zu gestalten. Das Resultat: eine abstrahierte Grafik eines Armes für die Buchadaption über Drogenabhängigkeit. Aufgrund des Fehlens eines dazugehörigen Körpers transformiert sich der Arm zu etwas anderem – Losgelöstem, was auch sinnbildlich für die Verwandlung des Hauptcharakters, welche durch seine Drogensucht losgetreten wird, stehen kann. Beim Publikum löste die resultierende Titelsequenz Angst aus. Bass kommentierte seine Entscheidung mit folgenden Worten: 

„The intent of this opening was to create a mood – spare, gaunt, with a driving intensity (…) [that conveyed] the distortion and jaggedness, the disconnectedness and disjointedness of the addict’s life” (Bass, Kirkham 2011, S.126). 

Für diese Zeit war eine solche Werbekampagne eines Filmes revolutionär. Die Reduzierung auf den zentralgesetzten schwarzen Arm eingerahmt von Balken und umgeben vom Titel war eine Neuheit (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.126ff).

Ab 1958 verkaufte Bass den Produktionsfirmen nicht nur Titelsequenzen, sondern ein Rundum-Paket bestehend aus einem Markenzeichen, einem TV Trailer, einem Leinwand Trailer, Poster in vier verschiedenen Größen, bis zu sechs Werbeschriften, bis zu 20 Zeitungsannoncen und ein Cover. Trotzdem war es nicht garantiert, dass Produktionsfirmen am Ende voll all seine Entwürfe Gebrauch machten (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.119).

Für Bass strahlten die Vorspanne, die es davor gab, Langeweile aus. Deshalb, glaubte er, wurden sie größtenteils vom Publikum ignoriert und das Publikum sah in ihnen eine gute Möglichkeit, um Popcorn zu holen. Saul Basses Devise war es, dass ein Film wie eine Symphonie sei und deswegen brauche es passend dazu eine stimmungsmachende Ouvertüre. Dies sollte durch die Integrierung von Mehrdeutigkeit, Tiefe, sowie üppige Bilder erreicht werden. Sein Standpunkt dazu war: „My position was that the film begins with the first frame and that the film should be doing a job at that point” (Bass, Kirkham 2011, S.118). Im Zentrum seines Schaffens war es eine Atmosphäre, eine Stimmung, einen Standpunkt und eine allgemeine Metapher über den Inhalt des Filmes zu bilden. Resultierend daraus, ist die Titelsequenz das Medium, welches dem Publikum dazu dient in die Welt des Filmes einzutauchen (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.120).

Wie zum Beispiel, bei der bereits erwähnte Anfangssequenz für The Man with the Golden Arm (1955) sind seine ersten Vorspänne von graphisch reduzierten Symbolen geprägt. Doch seine Arbeit besteht aus viel mehr als diese Einfachheit und Reduktion. Er verband komplexe Ideen und Hinweise in einfache Formen und leitete damit den Weg zu einer Verdichtung der Bildsprache ein (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.119).  

Ebenfalls ragte sein Schaffensprozess weit über die exklusive Arbeit mit Storyboards und Typografie hinaus. In seinen Produktionen übernahm er die Rollen des Regisseurs, des Produzenten und des Editors. Teils kann das darauf zurückgeführt werden, dass er oftmals nach Schluss der Dreharbeiten einer Filmproduktion dazu gestoßen ist (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.119).

Mit der Anerkennung für seine Arbeit an verschiedensten Titelsequenzen wollten zunehmend Regisseure mit ihm arbeiten. Folgend daraus boten viele Regisseure und Regisseurinnen ihm an, die Regie bei spezifischen Sequenzen innerhalb des Spielfilmes zu übernehmen. Auf einer visuellen Basis waren die meisten dieser Szenen von Spannung und Drama geprägt. Beispiele dazu wären die Duschszene in Psycho (1960), die Rennszene in Grand Prix (1966) oder der Eröffnungstanz in West Side Story (1961). Durch sein Wirken entstand die Bezeichnung des visual consultant (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.119).

In seinen späteren Vorspännen experimentierte er mit neuen Herangehensweisen an Titelsequenzen. Zum einen machte er Nutzen davon, dass ein Film auch als Prolog fungieren kann und gleichzeitig die Vorgeschichte der Charaktere darstellen kann. Von dieser Darstellungsmöglichkeit verwendete er beispielsweise beim Vorspann zu The Big Country (1958). Betrachter oder Betrachterinnen des Films können eine Postkutsche verfolgen, wie sie den amerikanischen Westen durchquert (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.120).

Eine andere Methode, welche Bass aufgreift, ist die Verfremdung von Gegenständen oder Lebewesen, um die Handlung des Filmes in der Anfangssequenz in ein neues Licht zu tauchen. Sein Ziel dabei ist es, ein verstärktes Bewusstsein und größere Erwartungen beim Publikum auszulösen, wie es die Katze in Walk on the Wild Side (1962) macht (vgl. Bass, Kirkham 2011, S.120).

Neben seinem Schaffen produzierte und führte er in Zusammenarbeit mit seiner Frau Elaine bei mehreren Kurzfilmen Regie. Wie bereits am Anfang erwähnt, erhielten sie unteranderem einen Oscar für den Film Why Man Creates (1968). 1974 entstand sein erster und einziger Sci-Fi Spielfilm Phase IV (1974) (vgl. Horak 2014, S.2, S.31).

Quellenverzeichnis

Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021

Bass, Jennifer; Kirkham, Pat : Saul Bass – A Life in Film and Design. London : Laurence King Publishing 2011

Horak, Jan-Christopher: Saul Bass. Anatomy of Film Design. Lexington: The University Press of Kentucky 2014

#35 – Intro überspringen – Die Rettung der Titelsequenz

2017 führte Netflix die Funktion Intro überspringen ein. Viele weitere Streaming Plattformen wie Amazon Prime, Disney+ oder Apple TV+ folgten dem Beispiel von Netflix und heutzutage findet man kaum einen Streaming Anbieter, welcher die Funktion nicht anbietet. So ist es kein Wunder, dass viele Stimmen wie unter anderem Lance Richardson diese Funktion als Bedrohung für die Titelsequenz sehen, denn wer schaut noch den Vorspann, wenn man sofort zur Handlung vorspulen kann? Wozu existiert die Titelsequenz im Streamingzeitalter noch? (vgl. Dosser 2022, S.39).

Tatsächlich haben Zuschauer:innen schon bevor es die Funktion des Intro überspringen Nutzen von der Vorspultaste genommen. Beispielsweise erklärt Annette Davidson, dass Zuschauer:innen von Serien mit dem Aufkommen von DVD-Boxen und der Möglichkeit Serien aufzunehmen oft die Titelsequenz übersprungen haben, indem sie vorgespult haben. Heutzutage hat sich das Verhalten der Zuseherschaft nicht geändert. Nur das Vorspulen durch die Funktion Intro überspringen wurde weitaus erleichtert (Dosser 2022, S.39).

Doch um zu verstehen, weshalb Zuschauer:innen so gerne die Funktion nutzen, muss man sich das Konsumverhalten und den Kontext vor allem des Serienkonsums anschauen. Früher war man vom Zeitplan des TV-Senders abhängig, wie lange man dazu brauchte eine gesamte Staffel einer Serie zu sehen. Mit dem Aufkommen von DVD-Boxen mit der gesamten Staffel und der Option einzelne Folgen aufzunehmen, änderte sich die Gebundenheit des Publikums an den Spielplan des TV-Senders. Nun konnten die Zuschauer:innen selbst darüber entscheiden wann und wie lange sie eine Serie ansehen wollten. Der Begriff des Binge-watchings war geboren (Dosser 2022, S.39f). 

Binge-watching

Viele Medienwissenschaftler:innen mit Spezialisierung auf Fernsehen und Serien haben sich dem Phänomen des Binge-watchings angenommen. Doch was versteht man unter Binge-watching? (vgl. Dosser 2022, S.39).

Für Amanda Lotz bedeutet Binge-watching, das Verhalten, wenn man alle Folgen einer Staffel in mehreren Stunden oder Tagen – also in einem sehr kurzen Zeitraum – durchschaut. Christopher M. Cox erweitert diese Definition mit der Behauptung, dass es nicht nur um die Art des Fernsehens geht, sondern vielmehr darum wie jemand konsumiert. Somit geht es bei Binge-watching weniger um die Anzahl an Folgen, die man sich ansieht, sondern um die Kontrolle, welche das Publikum darüber hat, wie sie eine Serie konsumieren wollen (vgl. Dosser 2022, S.39f).

Wie beim klassischen Fernsehen geht es immer noch um den Audience FlowTelevisual Flow, Programming Flow oder Flow (zu deutsch Zuschauerfluss). Beim klassischen Fernsehen geht es darum, zu schauen wie TV-Sender durch die geschickte Integrierung von einzelnen Elementen, wie einzelne Folgen, Filme oder Werbung das Publikum bei sich behält. Im Streaming-Bereich geht es geht vielmehr darum, wie durch verschiedenste Maßnahmen die Zuseher:innen aktiv in den Serien und Filmkonsum eingreifen können. Auch interessant ist es sich genauer anzusehen, welchen Effekt Binge-watching auf den Flow hat (vgl. Dosser 2022, S.40).

Max Dosser bezieht sich in seinem Artikel auf Rick Altman, welcher neben dem Programming Flow, den Begriff des household flow (zu deutsch Haushaltsverhalten) einführt. Darunter versteht Altman folgendes: “how viewers are seldom exclusively watching television but rather are doing things around their homes while television plays” (Dosser 2022, S.40). Des weiteren führt Altman an, dass beispielsweise durch den wiederkehrenden Serien-Jingle auf Audioebene, abgelenkte Zuseher:innen wieder aufmerksam werden (vgl. Dosser 2022, S.40).

Titelsequenzen führen behutsam in die Handlung und in den Zustand des Serien- und Filmeschauens ein. Doch hauptsächlich beim Binge-watching von Serien, können Vorspänne die Zuschauer:innen vielmehr aus der narrativen Handlung zehren, beziehungsweise ist die Einführung in die Welt der Serie nicht mehr nötig, da das Publikum sich bereits in ihr befindet. Somit macht die Funktion des Intro überspringens die Übergänge von Folge zu Folge nahtloser – den Fluss des Serienschauens ungestörter. 

Die Titelsequenz lebt weiter

Schaut man sich die Entwicklung des klassischen Serienvorspanns an, kann man einen Trend beobachten: die Vorspänne wurden immer kürzer. So war beispielsweise der Vorspann von der ersten Staffel von New Girl (2011-2018) viel länger als in den restlichen Staffeln. Die Einführung der Funktion des Intro überspringens hat dem Stellenwert der Titelsequenz ebenfalls auf erstem Blick nicht viel geholfen. Trotzdem lebt die Titelsequenz weiter, doch warum (vgl. Dosser 2022, S.45f)?

Das weitere Bestehen der Titelsequenz im Zeitalter des Streamings hat mehrere Gründe. Ein Grund wurde schon angesprochen: die Funktion als Marker für den Beginn oder Ende einer Folge. Oft läuft eine Serie im Hintergrund, wenn Zuschauer:innen sich eigentlich mit etwas anderem beschäftigen, wie zum Beispiel dem Haushalt. Ihr Hauptfokus liegt dabei nicht vollkommen auf der Serie. Auch beim aktiven Binge-watching tendieren Personen dazu gedanklich gelegentlich abzuschweifen. Deshalb hilft die wiederkehrende Titelsequenz dabei, Personen wieder auf den Inhalt oder den Fakt des Endes oder Anfangs einer neuen Folge zu informieren. Ebenfalls ist sie der Indikator, dass das Publikum wieder aktiv werden muss, sei es den Intro überspringen-Knopf zu drücken oder die aktive Entscheidung mit dem Serienschauen aufzuhören (Dosser, S.46).

Ein weiterer Grund ist die Funktion der Titelsequenz als Prestige-Indikator der Serie. Für diese Funktion muss man sich etwas mehr mit der Geschichte des Serienvorspanns auseinandersetzen. Wie bereits erwähnt wurden ab ca. den 2000er Jahren die Serienvorspänne immer kürzer. Ebenfalls relevant, in den U.S.A. gibt zweierlei Fernsehanbieter: Broadcast-Netzwerke und Kabel-Netzwerke. In einem Versuch sich von der Konkurrenz abzuheben, begannen die Kabel-Netzwerke, wie HBO, längere und hochwertigere Titelsequenzen für ihre Serien zu verwenden. Beweggrund dafür war, dass Vorspänne in Broadcast-Netzwerken beinahe obsolet waren, aber hochwertige Titelsequenzen waren immer noch ein fixer Bestandteil in der prestigeträchtigen Filmbranche. Mit der Integrierung von eindrucksvollen Titelsequenzen wollte das Kabel-Fernsehen aussagen: Wir sind mehr als Fernsehen. Diese Mentalität wurde von Streaming-Anbietern übernommen (vgl. Dosser 2022, S.45).

“(…) the title sequence on a portal can signal a different experience from the actual series, highlighting how the title sequences for Netflix’s The Ranch (2016–2020) and One Day at a Time (2017–2020) are associated with more “prestigious” television as opposed to the multicamera sitcoms they actually are. This illuminates how important title sequences have become in denoting the quality of the series and, by extension, the network or portal” (Dosser 2022, S.46).

Wie bereits das Zitat illustriert, können sich traditionell gesehene „minderwertige“ Serienformate durch die Integrierung von einer hochwertigen Titelsequenz als besser profilieren, als sie im klassischen Sinne eigentlich wären. Deshalb ist es Streaming-Anbietern wie Netflix wichtig, auch bei den eigens produzierten Serien und Filmen, die Titelsequenz als Qualitätsmerkmal zu behalten. Schließlich kann jeder und jede Nutzer:in selbst darüber entscheiden, ob sie die Titelsequenz ansehen möchte oder nicht (vgl. Dosser 2022, S.46). Aber allein der kurze Moment, den man dazu benötigt, um auf den Intro-überspringen-Knopf zu drücken, schindet bei den Nutzern und den Nutzerinnen einen Eindruck über die darauffolgende Serie. 

Quellenverzeichnis

Dosser, Max: Streaming’s Skip Intro Function as a Contradictory Refuge for Television Title Sequences. In: The Velvet Light Trap, vol. 90, 2022, p. 38-50. Project MUSEhttps://muse.jhu.edu/article/862283

#34 – Die Entwicklung der Titelsequenz Heutzutage

Bei vielen Serien und Filmen heutzutage, gibt es bei Streaming Anbietern wie Netflix oder Prime Video die Option: Intro überspringen. Nun könnte man meinen, dass der Vorspann obsolet wird. Doch, auch wenn, Vorspänne vielmals kürzer werden, wie beispielsweise bei der Netflix Produktion One Day (2024), verschwindet die Titelsequenz nie ganz.

Der Vorspann verschwindet nicht, er wird lediglich minimiert. Die gestrichenen Kreditierungen wandern in den Abspann, da der Abspann und der Vorspann immer schon in einem Austauschverhältnis gestanden sind (vgl. Stanitzek 2006, S.11). Bei der Netflix Produktion One Day (2024) erscheint im Vorspann am Anfang das Intro von Netflix, darauffolgend gleich der Verweis, dass es sich um eine Netflix Produktion handelt. Darauf wird in einer fetten Sans-Serif Schrift auf das Datum und die Verortung, an der die Handlung stattfindet, verwiesen. Abgeschlossen wird der Vorspann mit dem Erscheinen des Serientitels. Die restlichen Nennungen, wie Haupdarsteller:innen oder Regiesseurin werden im Abspann nachgestellt. 

Auch im Kino kann man diesen Trend beobachten. Oft erscheinen am Anfang nur noch die Logos der Produktionsfirmen und der Titel des Filmes. Dieser Trend hin zum Minimalismus und Kürze des Vorspanns lässt sich auf die Veränderungen der Infrastruktur von Kinos und dem Aufstieg des Streamings zurückführen. Früher gab oft nur einen Kinosaal und Besucher:innen gingen oft ins Kino ohne genau zu wissen, um was es sich beim jeweiligen Film handelt, bzw. wer den Film gedreht oder in dem Film schauspielt. Heutzutage gehen die meisten Kinobesucher:innen ins Kino, um einen bestimmten Film anzusehen, zu welchem sie bereits im Voraus recherchiert haben, bzw. wurde es ihnen durch Filmmarketing vermittelt. Deshalb sitzt der größte Teil der Besucher:innen bereits im Kinosaal mit dem Wissen, wer im Film mitspielt oder wer Regie geführt hat. Auch thematisch sind sie informiert. So ähnlich, verhält es sich im Streaming-Bereich. Noch dazu kommt, dass die meisten Menschen sich generell von namentlichen Nennungen, nur die Namen merken, welche ihnen schon bekannt sind. Die anderen Namen werden oft sofort wieder vergessen und müssen später im Nachhinein bei Bedarf nochmals unabhängig recherchiert werden (vgl. Allison 2021, S.170).

Durch Streaming werden Filme mitunter auf kleineren Bildschirmen, wie Handybildschirme konsumiert. Deshalb können durch die kleine Bildschirme Dimension die „klassischen rolling End-Credits“ nicht leserlich werden, weshalb manche Filme beim Umstieg von vorangestellter Titelsequenz zu Endtitelsequenz, den Abspann in zwei Teile unterteilt. So kann es einen Teil geben, welcher die wichtigsten Persönlichkeiten einzeln, kreativ und groß in Szene setzt und einen weiteren welcher alle Mitwirkenden, wie bekannt, in den rolling credits vermerkt (vgl. Allison 2021, S.168). 

Trotz des Trends hin zu Minimalismus und Kürze geht die emotionale Aussagekraft einer Titelsequenz per se nicht unter. Beispielsweise wird der Titel des Films Maze Runner: The Death Cure (2018) gerade einmal 8 Sekunden am Bildschirm stehen gelassen, bevor es wieder zurück in den Film geht. Dennoch wird eine Menge an Information an das Publikum weitergegeben, teils wegen der Pre-Titel Sequenz und teils von der Titelkarte selbst. Da der Film der Abschluss der Filmreihe der Buchverfilmung von der Bücherreihe Maze Runner, gab es schon einen Pool an Fans, welche mit dem Inhalt und der Welt bekannt waren. Der Film brauchte keine ausgiebige Einleitung, denn das Publikum besitzt das Wissen und möchte sofort mit der Handlung starten. Allein die Einblendung des Titels genügt, dass die Fans der Reihe sich abgeholt und bereit für den Film fühlen (vgl. Allison 2021, S. 172f). Auch beschreibt Deborah Allison in ihrer Auseinandersetzung mit der Titelsequenz für Maze Runner: The Death Cure (2018) über die geschickte Platzierung der Titelkarte folgendes: 

„Placed at the conclusion of the opening action sequence, the film’s brief title card serves as a cinematic punctuation mark (or something, perhaps, more equivalent to a page break and chapter title), which helps to demarcate the transition to the next scene“ (Allison 2021, S.173).

Ein anderes Phänomen, welches bereits ihre Ursprünge in den 1980er Jahren hat, kann man beim Vorspann von Maze Runner: The Death Cure (2018) beobachten – nämlich der Fokus auf ein Einheitliches Auftreten der Markenpräsenz. Mit dem Einsatz von der stilisierten Typografie, wird auf der Titelkarte des Films nur The Death Cure verwendet. Trotzdem weiß womöglich der Großteil an Personen, welche sich den Film anschauen, um welche Reihe es sich handelt. Auch wird die Schrift für den Abspann verwendet. Auch können sich viele allein durch die Erscheinung der Titelkarte ein Bild davon machen zu welchem Genre und welche Tonalität der Film haben wird (vgl. Allison 2021, S.174f). 

Ein anderes Beispiel, bei dem bereits vor dem Film eine Markenidentität bestand, ist der 2023 erschienene Film Barbie. Der Film nimmt als Ausgangsmaterial bzw. Inspiration ein erfolgreiches Produkt her, nämlich die Barbie Puppe von der Firma Mattel. Deshalb hat der Film ein bestehendes Zielpublikum, welches er ansprechen möchte. Um das Zielpublikum anzusprechen, verwendet das Marketing, sowie die Titelsequenz des Films, die Markenelemente der Barbie-Marke. So wird dieselbe Schrift mit all ihren Charakteristika verwendet, um die wichtigsten Personen der Produktion zu nennen. Auch der Titel verwendet das Logo der Barbie-Puppe. Die Typografie wird über den Zusammenschnitt gelegt, welcher die Barbie-Land dem Publikum vorstellt. Ebenfalls nimmt der Film auf auditiver Ebene Bezug auf die Werbung von den Barbie-Werbespots, welche meist musikalisch mit einem Song begleitet wird, welcher das spezifische Produkt in Szene setzt. Auch der weitaus komplexe gestaltete Abspann nimmt Bezug auf Werbematerialien und Puppen aus den verschiedensten Jahrzehnten seit dem Bestehen von der Barbie Puppe. 

Der Film hört nicht mit dem letzten Bild auf, sondern wenn sich der Regisseur oder die Regisseurin dazu entscheidet. Ein prominentes Beispiel dafür ist das Marvel Cinematic Universe. Wie bereits beim Barbie Film, beziehen sich die Inhalte der einzelnen Filme des das Marvel Cinematic Universe auf Comicbook Vorlagen und Charaktere. Beginnend mit dem Film Iron Man (2008) verlagerte das Marvel Cinematic Universe die Credits ans Ende des Films. Die aufwendigen und visuell-ästhetischen End-Titelsequenzen sind Teil des Brandings der Franchise geworden. Doch die Titelsequenz signalisiert bei den Filmen noch nicht das Ende. Oft werden zwischen der aufwendigeren Titelsequenz und der rolling-credits von Marvel Easter Eggs versteckt, welche auf zukünftige Filme Bezug nehmen können. Beispielsweise wird bei Iron Man (2008) von einem neuen Charakter, Nick Fury, dem Hauptprotagonisten Tony Stark/Iron Man mitgeteilt, dass er nun Teil eines größeren Universums sei. Diese Sequenz ist nicht nur an den Protagonisten des Films gerichtet, sondern auch an das Publikum. Das Marvel Cinematic Universe war geboren (vgl. Allison 2021, S.176f).

Andere Trends des Vorspanns

Neben minimalistischen und kurzen Eröffnungs-Titelsequenzen erscheinen Filme immer noch mit längeren Titelsequenzen. Ein Grund dafür ist der Trend der Retro-Titelsequenzen. Diese Titelsequenzen nehmen Bezug auf bereits existierende Varianten aus dem Repertoire der letzten Jahrzehnte. Die Beweggründe können Ästhetik, Nostalgie aber auch Anlehnung zur erzählten Zeit des Films sein. Beispielsweise wird beim Film Django Unchained (2012) visuell und auch auf auditiver Ebene Bezug auf den Film Django (1966) genommen, in dem der Song und die Schrift direkte Kopien sind. Der moderne Touch wird durch eine moderne Schrift für das zweite Wort des Titels verwendet (Allison 2021, S.180-184).

Ein weiterer Grund für das Bestehen des Vorspanns leitet Deborah Allison zurück auf den Auteur-Film. Unter Auteur-Film versteht man Filme, welche von bekannten Filmemachern verfilmt werden, welche allein nur mit ihrem Namen, auf den Film aufmerksam machen können. Beispiele dafür sind Spike Lee, Martin Scorsese oder Tim Burton. Manche dieser Regisseure und Regisseurinnen haben sich in den vergangenen Jahren auch der minimalistischen Titelsequenz zugewandt.

Doch viele von ihnen sind seit Jahren in der Filmbranche tätig und haben langfristige kreative Beziehungen zu Titeldesigner:innen. Andere haben keine langjährige kreative Beziehungen mit bestimmten Titeldesigner:innen, aber sie bleiben dem längeren Vorspann treu (vgl. Allison 2021, S.184ff). Weiterführend erklärt Allison folgendes:

„Although many of these sequences bear the distinguishing trademarks of their designers, the longstanding commitment these directors have made to using title sequences in interesting and challenging ways has helped to imprint their films with their own personal marks of style and authorship” (Allison 2021, S.184).

Die Generation an Regiesseur:innen welche ihre ersten Spielfilme Anfang der 1990er Jahre veröffentlichte, wie Quentin Tarantino, Wes Anderson oder Edgar Wright beziehen sich auch die vorangegangen Traditionen der Filmbranche und adaptierten sie. Beispielsweise oft verfolgen die Titelsequenzen dieser Regisseure eine protzige und unkonventionelle Ästhetik. Trotzdem versuchen die Regisseur:innen am Ruhm und Erfolg der vorangegangenen Generationen vor ihnen anzuknüpfen. Titelsequenzen von Filmen wie Grand Budapest Hotel (Wes Anderson, 2014) oder Scott Pilgrim vs. The World (Edgar Wright, 2010) sind genauso von Kritikern gelobt wie die Titelsequenzen von Spiderman 1-3 (Sam Raimi 2001-2007) oder Edward Scissorhands (Tim Burton, 1990) (vgl. Allison 2021, S.185-188). Egal wie, Titelsequenzen finden bis heute Anklang.  

Quellenverzeichnis

Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021

Stantizek, Georg: VORSPANN (titles/credits, générique). In: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006

#33 – Die geschichtliche Entwicklung der Titelsequenz

Alles begann am Ende des 19ten Jahrhunderts mit dem Copyright-Vermerk des Namens und dem Logo von Filmproduzenten. Zum Beispiel versah Thomas Edison seinen Namen auf einen Filmstreifen, welcher gerade einmal ca. 5 cm lang war. So sah man seinen Namen nur für einen Bruchteil einer Sekunde. Deshalb war dieser Vermerk gar nicht für das Publikum bestimmt. Andere Filmproduzenten, wie George Méliès, platzierten ihre Firmenlogos weitaus markanter in Szene. Außerdem konnten die Logos immer wieder, während dem Film, aus dem nichts aufscheinen (vgl. Allison 2021, S.10).

Die weiteren Informationen, wie Darsteller:innen oder Produktionsmitglieder, wie sie heute in Vorspännen zu finden sind, kam erst mit Veränderungen im Film Marketing. Als Erstes erlangten Darsteller:innen und die Drehbuchautor:innen einen Vermerk im Vorspann. Diese Entwicklung lässt sich auf die Bewegung der Vermarktung durch Filmstars zurückführen, welche in den U.S.A. in den 1910er Jahren an Popularität gewonnen hatte. Den Start machte die Nennung der Schauspieler:innen auf den Filmplakaten, bis sie kurze Zeit später auch On-Screen Verwendung fand. Diese Taktik stärkte die Begeisterung und den Hype um Filmstars beim Publikum und somit wurde dieser Marketing Ansatz ein mächtiges Marketing Werkzeug (vgl. Allison S.10f).

Zur selben Zeit startete die Wende weg von Attraktionen auf Märkten und Festen hin zu einem seriösen Business für gebildete und wohlhabende Kinogänger:innen. Dadurch kam der Bedarf nach längeren und anspruchsvolleren Narrativen auf. So erlangten Drehbuchautor:innen einen hohen Stellenwert in der Filmbranche. Um Drehbuchautor:innen für sich zu gewinnen, wurde die namentliche Nennung im Film als Lockmittel eingesetzt. Zudem konnten sich die Filme beim Publikum mit berühmten Drehbuchautor:innen profilieren und ins bessere Licht rücken (vgl. Allison 2021, S.11).

Durch die Etablierung des Spielfilms und den Aufstieg von Filmgewerkschaften in den späten 1910er Jahren, kam es zu Veränderungen in der Aufstellung von Produktionsteams. Infolgedessen wuchs die Liste an Kreditierungen stetig an. Auch mit der Gestaltung der Titelsequenzen wurde angefangen zu experimentieren (vgl. Allison 2021, S.11).

In den 1920er Jahren waren illustrierte Titelkarten populär, welche mit passenden Illustrationen geschmückt waren. Es gab auch einen kleinen Bruchteil an Titelsequenzen, welche mit technischen Mitteln wie special effects herumexperimentieren. In den 1930er Jahren nahm der Trend zu auffälligen Vorspännen an Fahrt auf. Beispielsweise begleitet das Publikum im Vorspann für den Musical-Film Flying Down to Rio (1933) ein Flugzeug, welches zur Kamera hinfliegt, bis es so nah ist, dass man nur noch die rotierenden Propeller sieht. Dieses Bild wird mit dem rotierenden Titel überlagert. Die resultierende Atmosphäre des Vorspanns, spiegelt die lebhafte Stimmung des Films wider. Filmsequenzen werden ab diesem Zeitpunkt zu einem Hilfsmittel für den Film, um die Tonalität des Films einzuführen. Auch behauptet Deborah Allison, dass das ebenfalls für Titelsequenzen galt, welche noch mit einfachen, abstrakten Hintergründen, welche auf das Genre, Handlung und Themen hinwiesen, arbeiteten. Ebenfalls konnte die Wahl der Schrift oder der musikalischen Untermalung auf die Tonalität des Films verweisen (vgl. Allison 2021, S.11f). 

In den 1940er Jahren kam es zu einer neunen Bewegung. Die extravaganten Techniken verschwanden und wurden von einer Verschmelzung zwischen Titelsequenz und Film abgelöst. In anderen Worten bedeutete das nun, dass die Titelsequenz und der Film nicht mehr als zwei voneinander getrennte Einheiten verstanden wurden. Zunehmend verwendeten Filmemacher:innen diegetischen und narratives Material als Untergrund für die Titel. Dieser Trend kann man bis heute in Filmen und Serien finden. Zwar fand man zu dieser Zeit kaum Action-Sequenzen in den Titelsequenzen, doch Drehort-Aufnahmen wie zum Beispiel reisende Reiter auf Pferden gewannen an Popularität. Auch wurden Charaktere im Vorspann vorgestellt, wie beispielsweise in Deadline at Dawn (1940) oder The Fugitive (1947). Dieser Trend entwickelte sich so hin, dass Ende der 1950er Jahre, mindestens zwei Drittel der Titelsequenzen diegetisches Material verwendete (vgl. Allison 2021, S.12f).

Eine weitere Entwicklung entstand in den 1950er Jahren. Zuvor wurden die Titelsequenzen von Angestellten in den großen spezialisierten Produktionsfirmen wie Pacific Title hergestellt. Doch als 1954 der Regisseur Otto Preminger den Grafikdesigner Saul Bass engagierte ihm die Marketingmaterialien und die Titelsequenz für seinen Film Carmen Jones zu gestalten, entstand ein Trend hin zur Integrierung von abstrakten Grafiken innerhalb von Titelsequenzen. Ebenfalls wurde der Trend des Auteur-Designers für Titelsequenzen losgetreten. Andere namhafte Figuren zu dieser Zeit waren Maurice Binder, Pablo Ferro, Wayne Fitzgerald, Richard Kuhn und Don Record (vgl. Allison 2021, S.14). 

Wie schon zuvor in der 1940er Jahren gab es in den 1970er Jahren eine starke Gegenbewegung zu den abstrakten Titelsequenzen. In den 1970er Jahren war der Fokus der meisten Titelsequenzen wieder auf die Verbindung von Bild und narrativem Material, welche fließend in die Handlung des Films einführten. Die Verschiebung der meisten Namensnennungen ans Ende geschah in den 1980er Jahren. Auch in den 1980er sah man den Aufstieg von Computer generieten Grafiken, wie beispielsweise bei der Titelsequenz von The Terminator (1984) zu sehen ist. Durch die technische Weiterentwicklung entstanden immer. komplexere Computer generierten Titelsequenzen. Heutzutage sind sie vielerorts der technische Standard (vgl. Allison 2021, S.14f).

Seit dem ersten Aufkommen von Titelsequenzen haben sich viele Filmemacher an das Titeldesign herangewagt. Durch Trends, Änderungen in der Filmbranche und technischen Neuerungen hat sich ein stetig wachsender Bestand an Methoden und Möglichkeiten für die Erscheinung von Titelsequenzen bereits angesammelt (vgl. Allison 2021, S.17). 

Quellenverzeichnis

Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021

#32 – Was sind Titelsequenzen?

„Der Filmvorspann bündelt verschiedene, teilweise heterogene Funktionen: Er dokumentiert die Filmproduktion, adressiert den Zuschauer, führt in die Diegese ein, thematisiert die Vorführsitatution, ist die Anfangsmarkierung, Einstimmung, Nachweis von Arbeit, Ort der Signatur, Werbung, Film im Film. Aufgrund seiner reflexiven Verfasstheit im Spannungsverhältnis von Produktion und Fiktion liefert der Vorspann mittels unterschiedlicher Kondensationstechniken eine zugespitzte Lektüre des folgenden Films, die dessen Rezeption steuert“ (Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).

Begriffserklärung

Titelsequenzen sind unter mehreren Bezeichnungen bekannt. Im Deutschen werden vor allem neben dem Wort Titelsequenz, die Wörter Vorspann und Abspann verwendet. Auch begegnet man in der Auseinandersetzung mit dem Thema oft Fremdwörtern, wie main title sequence, titles, opener, closing titles, credits, titles oder générique. Bei einer genaueren Betrachtung fällt, aber auf, dass all diese verschiedenen Begriffe Nuancen haben (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6). Beispielsweise besitzt das Wort Vorspann, laut Duden, mehrere Bedeutungen. So kann sich das Wort Vorspann auf ein Fahrzeug/ Tier, welches als Zuggetriebe verwendet wird, beziehen. In der Literaturwelt umschreibt es eine kurze Einleitung, welche dem Hauptwerk vorausgeht. Ebenfalls im Film und Fernsehen bezeichnet das Wort, die vorausgehenden Nennung des Titels, der Mitwirkenden, wie beispielsweise Schauspieler:innen oder dem/ der Regisseur:in (vgl. Duden 2024). Hingegen wird die Platzierung der Titelsequenz am Ende, als Abspann betitelt. Somit deutet die Verwendung von dem Begriff Vorspann und Abspann auf die Positionierung der Titelsequenz im Film hin (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6). 

Auch andere Bezeichnungen für Titelsequenzen weisen auf besondere Merkmale hin. Générique, weist auf die Entstehung und Produktion des Films hin – in anderen Worten es dokumentiert den Prozess. Die Verwendung des Wortes Credits für Titelsequenzen lässt sich von der Hauptfunktion von ihnen herleiten, nämlich der Nennung der mitwirkenden Personen. Auch der Gebrauch vom Begriff titles bezieht sich in Wahrheit nur auf einen Teil des Gesamtwerks – auf die Schrift (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6). 

Eine Titelsequenz ist oft eine experimentelle filmische Form, welche fotografisches Bild, Grafik, Animation, Ton, Musik, gesprochene Sprache, Schrift und weiteren Merkmale in sich vereint (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).

Ort der Teilung

Titelsequenzen werden oft an den Anfang eines Films gestellt. Der Hauptnutzen dabei ist es, als Indikator für den anfangenden Film zu stehen. So werden im Kino noch während dem Vorspann die Gespräche mit Sitznachbaren und Sitznachbarinnen zu Ende geführt. Auch führt er in die Handlung des Films ein. Deshalb bezeichnet Georg Stanitzek diese Begebenheit als Ort der Teilung. Es. herrscht eine geteilte Aufmerksamkeit, eine Differenzierung von Innen und Außen, „von Spiel und Dokumentation, von filmischer Erzählung und Erzählung über den Film, von intra- und extradiegetischer Informationsgebung“ (Stanitzek 2006, S.8). 

Ebenfalls kann die Titelsequenz als Film im Film gesehen werden, welcher in den Film einleitet und sich zugleich semi-autonom von ihm separiert. Der Vorspann separiert sich insofern vom Film, da er nicht nur den Anfang des Films darstellt, sondern selbst einen Anfang und ein Ende besitzt (vgl. Stanitzek 2006, S.8f).

Genereller Aufbau von Titelsequenzen

„A film’s opening moments act both as a declaration of intent that can shape audience expectations for better or for worse and as a pledge that those viewers will expect to be honoured. With this in mind, most filmmakers have been keen to captivate and entertain their audiences from the very start” (Allison 2021, S.09).

Der Aufbau von Titelsequenzen ist schwer zu definieren, da die Ansätze einer Titelsequenz von Film zu Film sich komplett unterscheiden können. Versucht man trotzdem einen allgemeinen Aufbau zu skizzieren, könnte er wie folgt aussehen: Am Anfang des Vorspanns sind die Logos der produzierenden Studios sowie/ oder des Verleihs und am Ende des Vorspanns wird der Regisseur oder die Regisseurin genannt. Oft nehmen Titelsequenzen individuelle Formen an und nutzen eine Bandbreite verschiedenster filmischer Mittel wie wie Realfilm, Animationsfilm, Schrift, Ton, usw. Vor allem die auditive Ebene kann den Vorspann zu einer ausdrucksvollen Einheit zusammenführen (vgl. Stanitzek 2006, S.9). 

Trotz Fehlens eines standardisierten Aufbaus, steht eines fest: Die Titelsequenz bezieht sich auf den darauffolgenden Film. Elemente wie zum Beispiel Einstellungen, Schnitte, Situationen, Handlungsverläufe, Figuren, Darsteller:innen oder Genre sind eng mit dem Film verwoben. Deshalb prägen diese Einzelelemente wesentlich die Formbildung des Vorspanns (vgl. Stanitzek 2006, S.10f).

Literaturverzeichnis

Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021

Böhnke, Alexander; Hüser, Rembert; Stantizek, Georg: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006

Duden (o.D.), s.v. Vorspann, https://www.duden.de/node/199907/revision/1397564 (zuletzt aufgerufen am 25.01.2025)

Stantizek, Georg: VORSPANN (titles/credits, générique). In: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006

Frauen im Sport – Ein Einblick

Dieser Blogeintrag beschäftigt sich mit den verschiedenen gesellschaftlichen Stereotypen und dem Druck, mit denen weibliche Sportlerinnen konfrontiert sind, sowie den psychologischen Auswirkungen, die diese Stereotypen hervorrufen können. Diese Stereotype können erhebliche Probleme im Leben der Sportlerinnen verursachen, wie zum Beispiel geringes Selbstwertgefühl, was wiederum ernstere psychische Auswirkungen haben kann (Wartel 2021, S. 2ff.).

Weibliche Sportlerinnen haben bereits viele Hindernisse überwunden. Früher war es aufgrund biologischer Vorurteile nicht möglich, dass Frauen wettbewerbsfähig teilnahmen. Doch durch das Gesetz Title IX haben sie heute die gleichen Möglichkeiten wie männliche Sportler. Es gibt heute mehr Raum für die Akzeptanz weiblicher Athletinnen in der Gesellschaft. Dennoch wird der gesellschaftliche Druck auf sie weiterhin verstärkt – sie müssen einerseits im Wettkampf erfolgreich und konkurrenzfähig sein, andererseits aber auch den Erwartungen der Gesellschaft entsprechen, wie „eine Dame“ zu handeln, basierend auf gesellschaftlichen Normen. Sie werden außerdem häufig nach ihrem Aussehen beurteilt und kritisiert, vor allem im Vergleich zu nicht-sportlichen Frauen.

Besonders junge Sportlerinnen sind einem enormen Druck ausgesetzt, was sie dazu führen kann, den Sport aufzugeben, da sie den damit verbundenen Druck und die negativen Auswirkungen auf ihr Leben nicht mehr ertragen können. Sportlerinnen werden oft als „lesbisch“, „zart“ oder auch mit dem spöttischen Ausdruck „wie ein Mädchen“ bezeichnet, während sie gleichzeitig mit Problemen hinsichtlich ihres Körperbildes kämpfen, die zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen können. Bestimmte Sportarten setzen Sportlerinnen oft einer zusätzlichen Kritik aus, allein aufgrund der Uniformen, die für den Wettkampf erforderlich sind.

Soziale Stigmata wie das Etikett „lesbisch“ oder die Vorstellung, „wie ein Mädchen“ zu spielen, haben zu ernsthaften psychischen Problemen wie Essstörungen, Depressionen und Problemen mit dem Körperbild geführt.

Hintergrund der Frauen im Sport

Sport gibt es schon seit Jahrhunderten, aber sie waren nicht immer für Frauen zugänglich. Es gab eine Zeit, in der Frauen nicht in Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen antreten durften. Viele Gründe wurden angeführt, warum Frauen nicht für den Wettkampf geeignet waren. Ein weit verbreiteter Mythos lautete, dass „Frauen nicht in der Lage wären, lange Distanzen zu laufen, weil ihr Uterus dabei herausfallen würde, was ihre Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen würde.“ Solche Überzeugungen wurden von Ärzten unterstützt, wie zum Beispiel in einem Artikel von 1898 in der „German Journal of Physical Education“, in dem ein Arzt erklärte, dass „gewalttätige Bewegungen des Körpers den Uterus verschieben und zu Blutungen führen würden, was zu Unfruchtbarkeit führen könnte und das wahre Ziel der Frau, die Geburt gesunder Kinder, gefährde.“

Diese und ähnliche Überzeugungen führten dazu, dass Frauen vom Wettkampfsport ausgeschlossen wurden, da man glaubte, der Sport beeinträchtige ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Diese Annahmen wurden jedoch widerlegt, da viele weibliche Sportlerinnen nach der Geburt von Kindern wieder auf höchstem Niveau konkurrieren konnten, wie es bei der Profi-Fußballerin Alex Morgan und der Tennisspielerin Serena Williams der Fall ist.

Doch es dauerte bis 1900, bis Frauen überhaupt an den Olympischen Spielen teilnehmen durften, und damals nur in fünf Events, die ihre „idealtypischen“ weiblichen Eigenschaften betonten. Heute hat sich die Situation erheblich verbessert, und „die Olympischen Spiele haben sich allmählich weiterentwickelt, um mit fast jedem Zyklus mehr Frauen-Sportarten hinzuzufügen. Heutzutage haben wir auf olympischer Ebene nahezu gleiche Chancen, und alle neuen Sportarten, die dem olympischen Programm hinzugefügt werden, müssen auch Frauen-Wettbewerbe umfassen.“

Ebenfalls 1991 fand die erste Frauen-Weltmeisterschaft im Fußball statt, während die Männerweltmeisterschaft bereits 1930 ins Leben gerufen wurde. In den USA gibt es heute aufgrund von Title IX, einem Gesetz, das 1972 unterzeichnet wurde, mehr Möglichkeiten für Frauen im Sport.

Title IX

Title IX wurde 1972 unterzeichnet und besagt, dass „niemand in den Vereinigten Staaten aufgrund seines Geschlechts von der Teilnahme an einem Bildungsprogramm oder einer Aktivität ausgeschlossen werden darf, die finanzielle Unterstützung vom Bund erhält.“ Dieses Gesetz hatte Auswirkungen auf die Einstellung von Personal, die Anschaffung von Ausrüstung und die Einrichtung von Sportanlagen und führte dazu, dass die Chancengleichheit für Frauen im Sport auf breiter Basis unterstützt wurde. Die Tennislegende Billie Jean King bewies, dass Frauen im Sport erfolgreich sein können, als sie 1973 das „Battle of the Sexes“-Match gegen Bobby Riggs gewann.

Trotz Title IX gibt es jedoch nach wie vor Ungleichheiten. Männliche Sportarten erhalten weiterhin bessere Ausrüstung und Einrichtungen, und auch im Schulbereich erhalten Mädchen nur etwa 1,3 Millionen weniger Chancen, als Jungen, was die Teilnahme an Sportarten betrifft. Auch die Qualität der Ausrüstung für Mädchenteams ist oft schlechter, da diese von männlichen Teams übernommen wird.

ESPN erkannte 2013, zum 40. Jahrestag von Title IX, dass trotz der Fortschritte immer noch zu wenig Beachtung auf Frauensportarten gelegt wird. Sie veröffentlichten die Dokumentarserie „Nine for IX“, um den Herausforderungen und Problemen zu begegnen, mit denen weibliche Sportlerinnen konfrontiert sind. Es ist klar, dass weibliche Sportlerinnen noch immer nicht die gleiche Anerkennung und den gleichen Respekt wie ihre männlichen Kollegen erhalten.

Beeinflussung von Geschlechtsstereotype auf das Individuum

Am stärksten merkt man den Einfluss von Geschlechtsstereotypen auf dem Level des Individuums. Sie beeinflussen das Selbst-Konzept sowie die psychische und physische Gesundheit.

Selbst-Konzept

Das Selbstbild setzt sich aus mehreren Aspekten zusammen (Basow 1992, S. 172ff.):

  1. Selbstwertgefühl: Darunter versteht man, wie man über sich selbst denkt, einschließlich Selbstakzeptanz und Selbstachtung.
  2. Selbstvertrauen: Dies beschreibt die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten.
  3. Gefühl der Kontrolle über das eigene Leben: Dies bezieht sich auf die Überzeugung, ob man selbst Einfluss auf das eigene Leben hat oder ob äußere Umstände dominieren. Dieser Aspekt wird als „Kontrollüberzeugung“ bezeichnet.
  4. Körperbild: Das beschreibt, wie man seinen eigenen Körper wahrnimmt und bewertet.

Insgesamt zeigen Studien, dass Frauen im Vergleich zu Männern oft ein etwas negativeres Selbstbild haben. Dies hängt mit den Geschlechtsstereotypen zusammen, die Frauen mehr negative Eigenschaften zuschreiben als Männern. Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass alle Frauen in jeder Situation ein negativeres Selbstbild haben als alle Männer. Solche Ergebnisse hängen davon ab, ob der Vergleich innerhalb des gleichen Geschlechts oder zwischen den Geschlechtern stattfindet, wie die Selbstwahrnehmung gemessen wird und welche Aufgaben dabei eine Rolle spielen.

Ein entscheidender Faktor ist außerdem, welcher Aspekt des Selbstbildes betrachtet wird – ob es um Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Kontrollüberzeugung oder das Körperbild geht.

Selbstwertgefühl

Männer schneiden tendenziell etwas besser als Frauen bei Messungen des globalen Selbstwertgefühls ab – also dem allgemeinen Maß, wie positiv oder negativ man sich selbst betrachtet.

Drei zentrale Faktoren scheinen dabei eine Rolle zu spielen, um den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Selbstwertgefühl zu verstehen:

  1. Das Alter einer Person: Mit zunehmendem Alter können sich Unterschiede in der Selbstwahrnehmung verstärken oder abschwächen.
  2. Das Ausmaß an Geschlechtsstereotypen/Geschlechterrollen: Personen, die sich stark an traditionelle Geschlechterrollen anpassen, können ein anderes Selbstwertgefühl entwickeln als solche, die weniger stark in solche Rollen eingebunden sind.
  3. Die Grundlage des Selbstwertgefühls: Die Gründe, auf denen Menschen ihr Selbstwertgefühl aufbauen, unterscheiden sich ebenfalls. Zum Beispiel können äußere Faktoren (wie Aussehen oder soziale Anerkennung) oder innere Faktoren (wie persönliche Fähigkeiten oder Werte) eine Rolle spielen.

Diese Aspekte verdeutlichen, dass Selbstwertgefühl stark von individuellen und gesellschaftlichen Faktoren geprägt ist und nicht ausschließlich durch das Geschlecht bestimmt wird.

Geschlechterrollen und Selbstwertgefühl
Unterschiede im Geschlechterrollen-Verhalten (Sex-Typing) sind bei der Vorhersage des Selbstwertgefühls entscheidender als reine Geschlechtsunterschiede. Allgemein gilt: Je stärker sogenannte instrumentelle („maskuline“) Eigenschaften bei einer Person ausgeprägt sind, desto höher ist ihr Selbstwertgefühl. Bereits ab der dritten Klasse zeigt sich, dass Selbstwertgefühl besonders mit instrumentell-agentischen Eigenschaften zusammenhängt, vor allem bei Mädchen.

Das bedeutet, dass androgyn orientierte Personen – also solche, die sowohl hohe instrumentelle als auch expressive Eigenschaften aufweisen – sowie maskulin geprägte Personen (unabhängig vom biologischen Geschlecht) das höchste Selbstwertgefühl haben. Im Gegensatz dazu haben feminin orientierte Personen, insbesondere Frauen, ein deutlich niedrigeres Selbstwertgefühl als androgyn und maskulin geprägte Gruppen. Personen, die sowohl bei instrumentellen als auch bei expressiven Eigenschaften schwach ausgeprägt sind (undifferenzierte Personen), weisen das geringste Selbstwertgefühl auf. Dieses Muster wurde auch in anderen Kulturen bestätigt.

Obwohl methodische und situative Faktoren den Zusammenhang zwischen Geschlechterrollen-Verhalten und Selbstwertgefühl beeinflussen, zeigt sich klar, dass agentisch-instrumentelle Eigenschaften, insbesondere bei Frauen und mit zunehmendem Alter, einen positiven Effekt auf das Selbstwertgefühl haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Gesellschaft agentische Eigenschaften (wie Durchsetzungsvermögen oder Zielstrebigkeit) stärker wertschätzt als gemeinschaftliche oder expressive Eigenschaften. Tatsächlich messen viele Tests zum Selbstwertgefühl hauptsächlich instrumentelle Eigenschaften. Anders gesagt, wenn Forscher von Selbstwertgefühl sprechen, meinen sie oft Merkmale wie Durchsetzungsfähigkeit und Zielorientierung.

Selbstvertrauen und Erwartungen

Frauen neigen dazu, ihr Können zu unterschätzen, während Männer ihre Fähigkeiten oft überschätzen. Dieses Muster zeigt sich ab der dritten Klasse und verstärkt sich während der Schulzeit. Frauen nehmen seltener an Herausforderungen teil, was ihre Möglichkeiten einschränkt, neue Fähigkeiten zu entwickeln und Erfolge zu erzielen.

In männlich dominierten Bereichen wie Mathematik und Naturwissenschaften schätzen Frauen ihre Kompetenz oft geringer ein, selbst wenn ihre Leistungen mit denen der Männer vergleichbar oder besser sind. Diese Unsicherheit führt dazu, dass Frauen weniger Kurse in diesen Bereichen belegen und in diesen Berufen unterrepräsentiert sind. Selbst erfolgreiche Frauen berichten häufig, sich wie „Hochstaplerinnen“ zu fühlen.

Die Geschlechterrollen tragen zu diesem Unterschied bei: Männern wird Selbstbewusstsein zugeschrieben und anerzogen, während Frauen oft für Bescheidenheit belohnt werden. Um dies zu ändern, müssen die gesellschaftlichen Erwartungen an beide Geschlechter angepasst werden, damit sowohl Mädchen als auch Jungen lernen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und zu vertrauen.

Gefühle der Kontrolle über das eigene Leben

Frauen haben im Vergleich zu Männern häufiger eine externe Kontrollüberzeugung, das heißt, sie glauben weniger daran, dass ihr eigenes Verhalten zu positiven Zielen und Ergebnissen führt. Besonders in den 1970er Jahren, als Frauen sich zunehmend der äußeren Hindernisse wie Diskriminierung bewusst wurden, nahm diese Tendenz deutlich zu.

Eine externe Kontrollorientierung bei Frauen ist oft mit Gefühlen der Hilflosigkeit, einer Vermeidung von aufgabenorientiertem Verhalten, Erfolgsangst und einer Vorliebe für Situationen verbunden, in denen Glück statt Fähigkeiten den Ausgang bestimmt.

Körperbild

Ein wichtiger Teil des Selbstkonzepts ist das Körperbild, also die Wahrnehmung und Einstellung zu unserem eigenen Körper. Besonders deutlich werden dabei geschlechtsspezifische Unterschiede in der Zufriedenheit mit dem eigenen Gewicht. Frauen sind in der Regel unzufriedener mit ihrem Gewicht als Männer und haben eine stärkere Differenzierung ihres Körperbilds. Diese Unzufriedenheit beginnt oft in der Kindheit und nimmt in der Pubertät stark zu.

Das Körpergewicht beeinflusst bei Frauen stärker die allgemeine Selbstwertschätzung als bei Männern, was auch mit gesellschaftlichen Erwartungen zusammenhängt. Frauen werden häufiger nach ihrem Gewicht beurteilt, und es gibt stärkere soziale Sanktionen gegen übergewichtige Frauen als Männer.

Die mediale Förderung eines extrem dünnen Schönheitsideals verstärkt diese Unzufriedenheit und ist mit höheren Raten an Essstörungen wie Anorexie und Bulimie verbunden, von denen 85–95 % der Betroffenen Frauen sind. Diese negative Körperwahrnehmung ist zudem mit einem höheren Risiko für Depressionen assoziiert.

Obwohl auch Männer zunehmend mit ihrem Körper unzufrieden sind und sich kulturellen Idealen anpassen, bleibt die Gewichtsunzufriedenheit bei Frauen stärker ausgeprägt.

So beeinflussen Geschlechtsstereotype das Individuum.

Impuls 6: Film „Mutter“

Der Film „Mutter“ von Autorin und Regisseurin Carolin Schmitz beschäftigt sich mit der Rolle der Frau als Mutter in unserer Gesellschaft. Der Film ist eine Mischform zwischen Drama und Dokumentarfilm. Anke Engelke gibt acht Frauen ein Gesicht, die im Playback durch sie sprechen. Die Erlebnisse der einzelnen Frauen verschmelzen so durch Engelke zu einer Einheit. Das traditionelle Rollenbild der Frau als Mutter wird durch diesen Film aufgebrochen. Es geht nicht nur um das viel beschriebene und romantisierte Mutterglück, sondern um Mutterfrust, Fragen und Probleme. Die Hauptrolle nimmt uns in ihren Alltag mit. Anke Engelke wird beim Essen, beim Baden, Kaninchen versorgen, Fenster putzen, Wäsche machen, beim Einkaufen, beim Zahnarzt und im Theater bei der Kostümierung gezeigt. Den Film hindurchwirkt die Protagonistin stark und kühl. Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet.1

Im Hinblick auf meine Masterarbeit hat der Film viel Aussagekraft in Bezug darauf, welche Rollen Frauen neben ihrer eigentlichen Arbeit ausüben und wie viel unbezahlte Care-Arbeit Mütter leisten. Dieser Aspekt ist für Unternehmerinnen auch zentral und könnte erklären, warum so viele Frauen die Selbstständigkeit im Teilzeitmuster ausüben. Die Selbstständigkeit wird oft als Ausweg gesehen, Familie und Beruf zu verbinden. Es wird gezeigt, welche emotionale Belastung Mutterschaft sein kann. Möglicherweise kann dies auch beeinflussen, inwieweit Frauen unternehmerische Risiken eingehen.

1vgl. Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) 2022

Literaturverzeichnis:

FBW-Pressetext. In: FBW Filmbewertung, https://www.fbw-filmbewertung.com/film/mutter (zuletzt aufgerufen am 24.01.2025)

Impuls 5: Ausstellung Larissa Holweg

In diesem Blogpost möchte ich über die Ausstellung von Larissa Holweg reflektieren. Diese Ausstellung hat mich inspiriert über Frauen, Kunst und Selbstständigkeit nachzudenken. Die Ausstellung „One Step Closer“ eröffnete am 28.11.2024 ihre Türen. Im Gemeindesaal von Hart bei Graz wurden die Gemälde von Larissa Holweg bis zum 04.12.2024 ausgestellt. Ich habe die Eröffnung fotografisch festgehalten.

Auf den ersten Blick hat Malerei und Acrylkunst wenig mit meinem Masterarbeitsthema „Frauen in der Selbstständigkeit“ zu tun. Doch Larissas Werdegang und ihre Werke haben mich dazu inspiriert, darüber nachzudenken, wie Frauen ihren Platz in der Kreativbranche finden.

Larissa Holweg wurde 1999 geboren und hat schon früh ihre Leidenschaft für Kund entdeckt. Sie absolvierte die Ortweinschule in Graz und trat im Anschluss das Studium Informationsdesign an der FH Joanneum an. Derzeit befindet sie sich im letzten Semester des Masters für Communication Design. Ihre Werke sind von Beobachtungen der Natur und menschlichen Emotionen geprägt. Sie erschafft eine Verbindung zwischen abstrakter Kunst und emotionaler Reflexion.

Während ich die Ausstellung fotografisch dokumentierte, fragte ich mich, ob Larissa auch manchmal Zweifel hat. Zweifel wie so viele Frauen, die in der Kreativbranche tätig sind. Ich fragte mich, ob auch Larissa mit dem Imposter-Phänomen zu kämpfen hat, trotz ihrer beeindruckenden Werke und ihres klaren Erfolgs.

Monate später fragte ich sie in eine Sprachnachricht, ob sie sich vom Imposter-Phänomen betroffen fühlt. Larissa Holweg antwortete mit einer fünfminütigen Sprachnachricht:

Sie bestätigt schon im ersten Satz, dass sie mit Imposter-Fears zu kämpfen hat. Larissa spürte vor allem vor der Ausstellung diese Ängste:

„[…] weil man da auch den Kampf mit sich selber hat, dass man einerseits den Leuten schon zeigen will, was man macht, aber andererseits immer das Gefühl hat, na, will eh niemand sehen, weil es ist eh zu schlecht […] Und es kommt auch während der Organisation […] immer so der Gedanke: Ja, wieso mache ich das eigentlich? Weil es ist viel Aufwand für das, dass die Leute eh nicht sehen wollen.“

Bei Minute eins fügt Larissa hinzu, dass sie Phasen hat, wo sie denkt, dass die Leute nur kommen, weil sie mit ihr befreundet oder verwandt sind, nicht aber, weil sie ihre Kunst gut finden.

Die Ausstellung „One Step Closer“ zeigt, dass wichtig ist den Schritt ins Ungewisse zu wagen und zu seinen Werken zu stehen. Um dies zu wagen ist notwendig sich dem inneren Kritiker*innen zu stellen und zu lernen die eigenen Erfolge zu verinnerlichen. 

Frauen wie Larissa inspirieren mich dazu selbstbewusst den eigenen Weg zu gehen und Kreativität als Ausdrucksform zu sehen und durch sie sichtbar zu werden. Unternehmerisches Denken und Kreativität können Hand in Hand gehen, das zeigt Larissa Holweg ganz klar.

Für meine Masterarbeit nehme ich all diese Gedanken mit und überlege die Arbeit auf den gesamten Kreativbereich auszuweiten. Ein wirkliches Interview mit Larissa könnte aufschlussreiche Antworten liefern, die für meine Forschung relevant sein könnten.