#34 – Die Entwicklung der Titelsequenz Heutzutage

Bei vielen Serien und Filmen heutzutage, gibt es bei Streaming Anbietern wie Netflix oder Prime Video die Option: Intro überspringen. Nun könnte man meinen, dass der Vorspann obsolet wird. Doch, auch wenn, Vorspänne vielmals kürzer werden, wie beispielsweise bei der Netflix Produktion One Day (2024), verschwindet die Titelsequenz nie ganz.

Der Vorspann verschwindet nicht, er wird lediglich minimiert. Die gestrichenen Kreditierungen wandern in den Abspann, da der Abspann und der Vorspann immer schon in einem Austauschverhältnis gestanden sind (vgl. Stanitzek 2006, S.11). Bei der Netflix Produktion One Day (2024) erscheint im Vorspann am Anfang das Intro von Netflix, darauffolgend gleich der Verweis, dass es sich um eine Netflix Produktion handelt. Darauf wird in einer fetten Sans-Serif Schrift auf das Datum und die Verortung, an der die Handlung stattfindet, verwiesen. Abgeschlossen wird der Vorspann mit dem Erscheinen des Serientitels. Die restlichen Nennungen, wie Haupdarsteller:innen oder Regiesseurin werden im Abspann nachgestellt. 

Auch im Kino kann man diesen Trend beobachten. Oft erscheinen am Anfang nur noch die Logos der Produktionsfirmen und der Titel des Filmes. Dieser Trend hin zum Minimalismus und Kürze des Vorspanns lässt sich auf die Veränderungen der Infrastruktur von Kinos und dem Aufstieg des Streamings zurückführen. Früher gab oft nur einen Kinosaal und Besucher:innen gingen oft ins Kino ohne genau zu wissen, um was es sich beim jeweiligen Film handelt, bzw. wer den Film gedreht oder in dem Film schauspielt. Heutzutage gehen die meisten Kinobesucher:innen ins Kino, um einen bestimmten Film anzusehen, zu welchem sie bereits im Voraus recherchiert haben, bzw. wurde es ihnen durch Filmmarketing vermittelt. Deshalb sitzt der größte Teil der Besucher:innen bereits im Kinosaal mit dem Wissen, wer im Film mitspielt oder wer Regie geführt hat. Auch thematisch sind sie informiert. So ähnlich, verhält es sich im Streaming-Bereich. Noch dazu kommt, dass die meisten Menschen sich generell von namentlichen Nennungen, nur die Namen merken, welche ihnen schon bekannt sind. Die anderen Namen werden oft sofort wieder vergessen und müssen später im Nachhinein bei Bedarf nochmals unabhängig recherchiert werden (vgl. Allison 2021, S.170).

Durch Streaming werden Filme mitunter auf kleineren Bildschirmen, wie Handybildschirme konsumiert. Deshalb können durch die kleine Bildschirme Dimension die „klassischen rolling End-Credits“ nicht leserlich werden, weshalb manche Filme beim Umstieg von vorangestellter Titelsequenz zu Endtitelsequenz, den Abspann in zwei Teile unterteilt. So kann es einen Teil geben, welcher die wichtigsten Persönlichkeiten einzeln, kreativ und groß in Szene setzt und einen weiteren welcher alle Mitwirkenden, wie bekannt, in den rolling credits vermerkt (vgl. Allison 2021, S.168). 

Trotz des Trends hin zu Minimalismus und Kürze geht die emotionale Aussagekraft einer Titelsequenz per se nicht unter. Beispielsweise wird der Titel des Films Maze Runner: The Death Cure (2018) gerade einmal 8 Sekunden am Bildschirm stehen gelassen, bevor es wieder zurück in den Film geht. Dennoch wird eine Menge an Information an das Publikum weitergegeben, teils wegen der Pre-Titel Sequenz und teils von der Titelkarte selbst. Da der Film der Abschluss der Filmreihe der Buchverfilmung von der Bücherreihe Maze Runner, gab es schon einen Pool an Fans, welche mit dem Inhalt und der Welt bekannt waren. Der Film brauchte keine ausgiebige Einleitung, denn das Publikum besitzt das Wissen und möchte sofort mit der Handlung starten. Allein die Einblendung des Titels genügt, dass die Fans der Reihe sich abgeholt und bereit für den Film fühlen (vgl. Allison 2021, S. 172f). Auch beschreibt Deborah Allison in ihrer Auseinandersetzung mit der Titelsequenz für Maze Runner: The Death Cure (2018) über die geschickte Platzierung der Titelkarte folgendes: 

„Placed at the conclusion of the opening action sequence, the film’s brief title card serves as a cinematic punctuation mark (or something, perhaps, more equivalent to a page break and chapter title), which helps to demarcate the transition to the next scene“ (Allison 2021, S.173).

Ein anderes Phänomen, welches bereits ihre Ursprünge in den 1980er Jahren hat, kann man beim Vorspann von Maze Runner: The Death Cure (2018) beobachten – nämlich der Fokus auf ein Einheitliches Auftreten der Markenpräsenz. Mit dem Einsatz von der stilisierten Typografie, wird auf der Titelkarte des Films nur The Death Cure verwendet. Trotzdem weiß womöglich der Großteil an Personen, welche sich den Film anschauen, um welche Reihe es sich handelt. Auch wird die Schrift für den Abspann verwendet. Auch können sich viele allein durch die Erscheinung der Titelkarte ein Bild davon machen zu welchem Genre und welche Tonalität der Film haben wird (vgl. Allison 2021, S.174f). 

Ein anderes Beispiel, bei dem bereits vor dem Film eine Markenidentität bestand, ist der 2023 erschienene Film Barbie. Der Film nimmt als Ausgangsmaterial bzw. Inspiration ein erfolgreiches Produkt her, nämlich die Barbie Puppe von der Firma Mattel. Deshalb hat der Film ein bestehendes Zielpublikum, welches er ansprechen möchte. Um das Zielpublikum anzusprechen, verwendet das Marketing, sowie die Titelsequenz des Films, die Markenelemente der Barbie-Marke. So wird dieselbe Schrift mit all ihren Charakteristika verwendet, um die wichtigsten Personen der Produktion zu nennen. Auch der Titel verwendet das Logo der Barbie-Puppe. Die Typografie wird über den Zusammenschnitt gelegt, welcher die Barbie-Land dem Publikum vorstellt. Ebenfalls nimmt der Film auf auditiver Ebene Bezug auf die Werbung von den Barbie-Werbespots, welche meist musikalisch mit einem Song begleitet wird, welcher das spezifische Produkt in Szene setzt. Auch der weitaus komplexe gestaltete Abspann nimmt Bezug auf Werbematerialien und Puppen aus den verschiedensten Jahrzehnten seit dem Bestehen von der Barbie Puppe. 

Der Film hört nicht mit dem letzten Bild auf, sondern wenn sich der Regisseur oder die Regisseurin dazu entscheidet. Ein prominentes Beispiel dafür ist das Marvel Cinematic Universe. Wie bereits beim Barbie Film, beziehen sich die Inhalte der einzelnen Filme des das Marvel Cinematic Universe auf Comicbook Vorlagen und Charaktere. Beginnend mit dem Film Iron Man (2008) verlagerte das Marvel Cinematic Universe die Credits ans Ende des Films. Die aufwendigen und visuell-ästhetischen End-Titelsequenzen sind Teil des Brandings der Franchise geworden. Doch die Titelsequenz signalisiert bei den Filmen noch nicht das Ende. Oft werden zwischen der aufwendigeren Titelsequenz und der rolling-credits von Marvel Easter Eggs versteckt, welche auf zukünftige Filme Bezug nehmen können. Beispielsweise wird bei Iron Man (2008) von einem neuen Charakter, Nick Fury, dem Hauptprotagonisten Tony Stark/Iron Man mitgeteilt, dass er nun Teil eines größeren Universums sei. Diese Sequenz ist nicht nur an den Protagonisten des Films gerichtet, sondern auch an das Publikum. Das Marvel Cinematic Universe war geboren (vgl. Allison 2021, S.176f).

Andere Trends des Vorspanns

Neben minimalistischen und kurzen Eröffnungs-Titelsequenzen erscheinen Filme immer noch mit längeren Titelsequenzen. Ein Grund dafür ist der Trend der Retro-Titelsequenzen. Diese Titelsequenzen nehmen Bezug auf bereits existierende Varianten aus dem Repertoire der letzten Jahrzehnte. Die Beweggründe können Ästhetik, Nostalgie aber auch Anlehnung zur erzählten Zeit des Films sein. Beispielsweise wird beim Film Django Unchained (2012) visuell und auch auf auditiver Ebene Bezug auf den Film Django (1966) genommen, in dem der Song und die Schrift direkte Kopien sind. Der moderne Touch wird durch eine moderne Schrift für das zweite Wort des Titels verwendet (Allison 2021, S.180-184).

Ein weiterer Grund für das Bestehen des Vorspanns leitet Deborah Allison zurück auf den Auteur-Film. Unter Auteur-Film versteht man Filme, welche von bekannten Filmemachern verfilmt werden, welche allein nur mit ihrem Namen, auf den Film aufmerksam machen können. Beispiele dafür sind Spike Lee, Martin Scorsese oder Tim Burton. Manche dieser Regisseure und Regisseurinnen haben sich in den vergangenen Jahren auch der minimalistischen Titelsequenz zugewandt.

Doch viele von ihnen sind seit Jahren in der Filmbranche tätig und haben langfristige kreative Beziehungen zu Titeldesigner:innen. Andere haben keine langjährige kreative Beziehungen mit bestimmten Titeldesigner:innen, aber sie bleiben dem längeren Vorspann treu (vgl. Allison 2021, S.184ff). Weiterführend erklärt Allison folgendes:

„Although many of these sequences bear the distinguishing trademarks of their designers, the longstanding commitment these directors have made to using title sequences in interesting and challenging ways has helped to imprint their films with their own personal marks of style and authorship” (Allison 2021, S.184).

Die Generation an Regiesseur:innen welche ihre ersten Spielfilme Anfang der 1990er Jahre veröffentlichte, wie Quentin Tarantino, Wes Anderson oder Edgar Wright beziehen sich auch die vorangegangen Traditionen der Filmbranche und adaptierten sie. Beispielsweise oft verfolgen die Titelsequenzen dieser Regisseure eine protzige und unkonventionelle Ästhetik. Trotzdem versuchen die Regisseur:innen am Ruhm und Erfolg der vorangegangenen Generationen vor ihnen anzuknüpfen. Titelsequenzen von Filmen wie Grand Budapest Hotel (Wes Anderson, 2014) oder Scott Pilgrim vs. The World (Edgar Wright, 2010) sind genauso von Kritikern gelobt wie die Titelsequenzen von Spiderman 1-3 (Sam Raimi 2001-2007) oder Edward Scissorhands (Tim Burton, 1990) (vgl. Allison 2021, S.185-188). Egal wie, Titelsequenzen finden bis heute Anklang.  

Quellenverzeichnis

Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021

Stantizek, Georg: VORSPANN (titles/credits, générique). In: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006

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