The 12 Principles of Animation: Foundations of Movement and Emotion

Die „12 Principels of Animation“ wurden in den Walt Disney Studios entwickelt um die Qualität der Bewegtanimation zu standardisieren und zu verbessern. Diese Prinzipien sind auch heute noch ein Fundament, wenn es um die Kreation von expressive, lebensechte und emotionale Charakterentwicklung geht. Sie bieten AnimatorInnen ein Framework, um dynamische und fesselnde Geschichten zu entwickeln. 

Squash and Stretch

Diese Technik ist eine der wichtigsten Prinzipien in der Animation, sie unterstreicht die Elastizität von Objekten und Charakteren, um die Bewegungen, vor allem das Zusammenziehen und Ausdehnen im realen Leben, nachzuahmen. Es gibt den Objekten ein Gewicht und Flexibilität und gleichzeitig bleibt das Volumen des Objektes gleich. Anhand der klassischen Bouncing Ball Animation ist diese Technik sehr gut erkennbar. Der Ball wird, wenn er den Boden trifft, horizontal auseinandergezogen – squash und beim hinauf fliegen wieder vertikal – stretch. Diese Technik gibt Charakteren in Filmen mehr Persönlichkeit,  wie beispielsweise übertriebene Gesichtsausdrücke oder das Biegen der Gliedmaßen bei dynamischen Bewegungen. Es ist nicht nur eine technische Entscheidung, diese Technik anzuwenden, es lässt die sonst statistischen Zeichnungen lebendig und pulsierend erscheinen.

Anticipation

Diese Technik bereitet das Publikum auf eine Aktion vor und stellt sicher, dass Bewegungen klar und glaubwürdig erscheinen. Bevor eine Figur eine Aktion ausübt, gibt es eine vorbereitende Bewegung, beispielsweise das Zurückziehen des Armes, bevor es zum eigentlichen Wurf eines Gegenstandes durch den Charakter kommt. Die Technik signalisiert dem Publikum auch, um welche Aktion es sich handelt und ahmt dabei Bewegungen des realen Lebens nach. Ohne sie erscheinen Bewegungsabläufe abrupt und mechanisch, durch diesen Aufbau verbessern die AnimatorInnen Klarheit und steigern das Engagement.

Staging

Diese Technik konzentriert sich vor allem auf die klare Darstellung von Ideen, Handlungen und Emotionen für das Publikum. Staging aus der Tradition des Theaters sorgt dafür, dass die Haupthandlung oder -emotion nicht durch Ablenkungen überschattet wird. Die Position der Figuren, der Einsatz von Licht und die Wahl des Blickwinkels tragen zum Staging bei. So kann beispielsweise eine Silhouette eine Bewegung deutlicher machen, während eine Nahaufnahme den Gesichtsausdruck einer Figur hervorheben kann. Eine gute Anwendung von dieser Technik stellt sicher, dass der Kern der Geschichte immer klar ist, um den Fokus des Publikums zu lenken und die emotionale Wirkung zu maximieren.

Straight Ahead Action and Pose-to-Pose

Bei dieser Technik gibt es zwei Ansätze für die Animation von Szenen: „Straight Ahead Action“ und ‚Pose-to-Pose‘.

Bei Straight Ahead Action wird Bild für Bild animiert, was zu einer spontanen und fließenden Bewegung führt. Diese Methode wird häufig für chaotische oder unvorhersehbare Szenen verwendet.

Bei der Pose-to-Pose-Methode hingegen werden zunächst die wichtigsten Posen, also die Key Frames, geplant und die Übergangs Bewegungen eingefügt. Dieser Ansatz bietet mehr Kontrolle und Präzision und ist daher ideal für komplexe oder emotionale Sequenzen.

Die Kombination dieser Methoden ermöglicht es AnimatorInnen, eine Balance zwischen Spontaneität und Struktur in der Charakterentwicklung zu schaffen und so für Klarheit und Energie in der Geschichte zu sorgen.

Follow Through and Overlapping Action

Diese beiden Techniken verhindern, dass die Figuren in der Animation steif wirken, indem sie nachahmen, wie sich verschiedene Teile des Körpers oder Objekts zu unterschiedlichen Zeiten bewegen. Wenn eine Figur beispielsweisel aufhört zu laufen, bewegen sich ihre Haare oder ihre Kleidung für eine kurze Zeit weiter. Ähnlich zu dieser Technik, spiegeln überlappende Aktionen wider, wie sich verschiedene Körperteile unabhängig voneinander bewegen können. Die beiden Techniken vermitteln ein Gefühl von Schwere/Körpergewicht, Flüssigkeit und Realismus, was die Glaubwürdigkeit der animierten Figuren erhöht.

Slow In and Slow Out

Bewegungen beginnen oder enden nicht abrupt in der Realität. „Slow In and Slow Out“ ahmt diese natürliche Beschleunigung und Verlangsamung nach und schafft so sanfte Übergänge zwischen verschiedenen Aktionen. Durch das Hinzufügen weiterer Frames am Anfang und am Ende einer Bewegung lassen AnimatorInnen die Bewegungen flüssiger und organischer wirken. Wenn eine Figur beispielsweise winkt, verlangsamt sich ihre Hand, bevor sie ganz zum Stillstand kommt. Dieses Prinzip hebt auch wichtige Posen hervor und lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums auf Schlüsselmomente in einer Szene.

Arcs

Die meisten natürlichen Bewegungen folgen einer geschwungenen Linie und keiner geraden. Das Prinzip der Arcs sorgt dafür, dass Gesten, Schritte und andere Aktionen flüssig und lebendig wirken. Der Armschwung eines Charakters oder die Flugbahn eines Balls bei einem Wurf folgen aus diesem Grund einem Bogen. Geradlinige Bewegungen können sich mechanisch und unnatürlich anfühlen, während Arcs dafür sorgen, Realismus zu zeigen.

Secondary Action

Diese Technik beinhaltet kleinere, unterstützende Bewegungen, die die Haupthandlung ergänzen. Dadurch wird den Aktionen mehr Tiefe und Persönlichkeit verliehen. Eine Figur, die geht, kann zum Beispiel ihre Arme schwingen oder pfeifen, um ihre Stimmung zu unterstreichen. Sekundäre Handlungen dürfen allerdings die Hauptbewegung nicht überschatten, sie dienen nur zur Verstärkung. Wenn sie wirkungsvoll eingesetzt werden, wirken die Szenen vielschichtiger und fesseln dadurch das Publikum mehr an die erzählte Geschichte.

Timing

Timing bestimmt die Geschwindigkeit und den Rhythmus einer Animation. Die Anzahl der Bilder, die für eine Aktion verwendet werden, beeinflusst, wie sie wahrgenommen wird. Weniger Bilder erzeugen schnellere Bewegungen,im Umkehrschluss verlangsamen mehr Bilder das Geschehen. Die Technik zeigt ebenso Charaktereigenschaften und Emotionen der Figuren. Eine träge Bewegung kann Faulheit oder Traurigkeit suggerieren, während schnelle Aktionen Energie oder Aufregung signalisieren.

Exaggeration

Diese Technik hebt Gefühle oder Handlungen hervor, um sie lebendiger und einprägsamer zu machen und sorgt für mehr Dynamik. Das Prinzip verzerrt die Realität nicht, sondern hebt ihr Wesen hervor. Eine verängstigte Figur kann beispielsweise ihre Augen übertrieben weit aufreißen oder einen dramatischen Sprung nach hinten machen, um ihre Angst greifbarer zu machen. Mit dieser Technik können auch in einfachen Formen Handlungen und Emotionen deutlich werden.

Solid Drawing

Diese Technik bezieht sich auf die technische Fähigkeit, Figuren und Objekte zu schaffen, die dreidimensional wirken. Dazu gehört das Verständnis von Gewicht, Anatomie und Gleichgewicht. Dabei muss berücksichtigt werden, wie die Figuren aus allen Blickwinkeln aussehen und sichergestellt werden, dass ihre Formen in der Bewegung konsistent bleiben. Solid Drawing vermeidet flache Erscheinungen von Figuren und sorgt so für ein Gefühl von körperlicher Präsenz.

Appeal

Diese Technik sorgt dafür, dass Figuren und Szenen das Publikum fesseln. Figuren erscheinen dadurch nicht zwingend niedlich oder sympathisch, auch Bösewichte können attraktiv wirken, wenn ihr Design und ihre Persönlichkeit fesselnd sind. Ein guter Appeal zieht die ZuschauerInnen in seinen Bann und hält so die Aufmerksamkeit aufrecht, sei es durch charmante Charaktereigenschaften, dynamische Designs oder überzeugende Handlungen.

Fazit

Zusammenfassend bieten die 12 Prinzipien der Animation einen Rahmen, um Bewegungen und Emotionen zu erzeugen, die authentisch und fesselnd wirken. Sie sorgen dafür, dass die Figuren beim Publikum gut ankommen und nachvollziehbar sind. Durch die Beherrschung dieser Techniken erwecken AnimatorInnen Zeichnungen zum Leben und schaffen Geschichten in visueller Form, die auch emotional fesselnd sind.

Thomas, Frank, Johnston, Ollie. The Illusion of Life: Disney Animation. New York: Disney Editions, 1981, S. 46–68.

#40 – Der Abspann

Normalerweise wird ein Film von einem Vorspann und Abspann eingerahmt, welche das Publikum als On-boarding und Off-boarding in die filmische Welt nutzen. Während der Vorspann weitaus kreativer gestaltet ist, schwebt in den meisten Köpfen heutzutage, wenn sie das Wort Filmabspann hören, das Bild eines weißen Rolltexts auf schwarzem Hintergrund, der sich von unten nach oben durchs Bild bewegt. Doch so sah und sieht das Ende nicht immer aus (vgl. Schaudig 2003, S.182). 

Historische Entwicklung

Die ausführlichen Abspannsequenzen, welche heute Industriestandard sind, sahen in den Anfängen der Filmindustrie noch ganz anderes aus. Trotzdem gab es beim Abspann weitaus weniger Veränderungen als beim Vorspann. Michael Schaudig nimmt als Beispiel die zwei produktionsaufwendigen Filme Ben Hur (1959) und Titanic (1997), welche beide mit elf Oscars geehrt worden sind. Während Ben Hurs Abspann 15 Sekunden andauert, spannt sich der Abspann von Titanic über sieben Minuten. Ihr Unterschied: Bei Titanic wird der gesamte Produktionskörper und -firmen im Rolltext genannt, unterdessen wird bei Ben Hur lediglich das Ende-Signet The End – A Metro-Goldywn–Mayer Productioneingeblendet (vgl. Schaudig 2003, S.182f).

Zwar war das Ende-Signet am Anfang der Kinematographie kein ein fixer Bestandteil, doch im Gegensatz zu heute, nicht ausgestorben. Ihre erste Anwendung fanden Ende-Signets bereits in der Ära der Jahrmarkt-, Wander- und Varieté-Vorstellungen. Damals wurden zusätzliche Informationen, wie das Ende-Signet, sowie „dass Damen während der Vorstellung Hüte abnehmen mögen oder dass man im Zuschauerraum zusammenrücken solle“ (Schaudig 2003, S.184), auf einem zweiten Projektor, der sogenannte Schriftprojektor, ausgestrahlt. Ebenso wurde dieser Diaprojekt genutzt, das Publikum beim Wechseln der Filmrollen zu unterhalten. Da die einzelnen Dias nicht an einen bestimmten Film gebunden waren, waren viele kunstvoll mit handgemalten Ornamenten bestückt. Bis in die 1940er Jahre verwendeten große Produktionsfirmen ihre standardisierten End-Standbilder (auch unter dem Namen single titlebekannt). Diese waren, wie bereits erwähnt, von Film zu Film gleich und beinhalteten das jeweilige Unternehmenslogo und den Schriftzug The End‚ Das Ende oder Finis (vgl. Schaudig 2003, S.183ff).

Mit der Auflösung des Studiosystems wurden die namentlichen Nennungen immer umfangreicher zu werden. Deshalb begann in den 1960er Jahren eine Verlagerung vieler Kreditierungen vom Vorspann in Form eines Rolltitels in den Nachspann. Inhaltlich werden nun nach Relevanz „die Rollen bzw. die Funktionen und Namen der Produktionsbeteiligten sowie die urheberrechtlichen Belege (Fremdfilmmaterial, Musikverwendung), die betriebswirtschaftlichen Konditionen (Koproduzenten, Finanzierungsfonds)“ (Schaudig 2003, S.182) aufgelistet. Zeitgleich mit dem Aufkommen des Rolltexts verschwand zunehmend das Ende-Signet (vgl. Schaudig 2003, S.182-185).

Varianten

Während das Ende-Signet einen definitiven und prägnanten Schluss bildete, welcher auch als die Schwelle von extra- und intradiegetischer Welt gesehen werden kann, haben sich im modernen Abspann mehrere Varianten und Nuance gebildet (vgl. Schaudig 2003, S.186f). 

Das gängigste Modell ist der bereits erwähnte Rolltext mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund. Trotzdem wird dieser oftmals aufgebrochen, indem der Text zum Beispiel von oben nach unten durch das Bild fließt. Diese Variante ist für Zuschauer:innen ein langweiliger Prozess, was dazu führt, dass sie schon während des Nachspanns den Kinosaal verlassen (vgl. Schaudig 2003, S.190).

Innovative Endsequenzen sollen den Kinobesucher zum Bleiben animieren. In der Regel wird das durch kreative Mischformen erreicht. So werden Outtakes der Dreharbeiten neben den Rolltext integriert. Ein Beispiel dafür ist A Bug’s Life (1998) von Pixar. Hier hat die Animationsfirma eigens für den Nachspann amüsante Szenen und Pannen erstellt. Man sieht beispielsweise wie „der vermeintliche Tonmann sein Mikrophon aus Versehen beim Dreh‘ ins Bild hält (vgl. Möllers 2006, S.52).

In manchen Filmen wird der übliche Vorspann ans Ende verlagert. Dieser wird auch Main-on-End–Title genannt. Im Gegensatz zum Vorspann, der die Rezipienten ins Geschehen einführen soll, ist die Hauptaufgabe des Nachspanns, die Handlung noch einmal Revue passieren zu lassen und dies in einem finalen Statement zu verpacken. Ein Beispiel dazu wäre Iron Man (2008) (vgl. Braha, Bryne 2013, S.9). Trotzdem findet meistens in diesen Sequenzen eine Zweiteilung in Main-on-End-Title und Rolltext statt, da der Produktionsstab viel zu umfangreich ist, dass alles in einer Main-on-End-Title Sequenz dargestellt werden könnte ohne, dass sie unter mindestens 15 Minuten dauert. In manchen Filmreihen wird die Zweiteilung genutzt, um zwischen den zwei Teilen, den Zuschauer:innen noch Hinweise für den möglichen weiteren Verlauf des Nachfolgefilms zu bieten. Auch kann das nach dem Rolltext passieren. Vor allem die Marvel-Studios bedienen sich dieser Variante (vgl. Buhse 2014, S.18). 

Abspann im Fernsehen

Im Fernsehen wird die Endsequenz oftmals stark gekürzt oder ganz weggelassen (vgl. Schaudig 2003, S.182). Das steht ganz im Sinne des Bestrebens des Fernsehens, nach endlosem Bildfluss. Bis Mitte der 1990er Jahren war zu Sendeschluss der öffentlichen-rechtlichen Sender in Deutschland ein Sendesignet zusehen. Doch dies wurde für ein Dauerübertragungsfluss ersetzt (vgl. Schaudig 2003, S. 192). Außerdem kostet das Abspielen von Serien- und Filmabspännen dem Fernsehen wertvolle Zeit, in welcher sie Werbung oder weiteres Programm abspielen könnten. Warum sollten sie auch, wenn bereits im Kino das Publikum kein Interesse am Rolltext hat und aus dem Vorstellungsraum gehen.

Fazit

Zurückkommend auf den Vergleich zwischen Ben Hur und Titanic kann man auch beim Abspann die Entwicklung der Filmbranche ablesen. Zu Zeiten des Studiobetriebs, fand man im Abspann lediglich ein Ende-Signet, welches dann vom typischen Rolltext ersetzt worden ist. Auch entwickelte sich in den letzten Jahren die kreativere Variante des Abspanns, nämlich die Main-on-the-End-Sequenz. Auch werden von Firmen wie Marvel der Abspann als Teaser für nachfolgende Filme verwendet. Dagegen hat sich das Ende-Signet fast vollkommen verabschiedet. Auch sieht man an der Stellung des Abspanns im Fernsehen, dass der Abspann im Vergleich zum Vorspann zweitrangig ist, da er oft im Fernsehen nicht mehr ausgestrahlt wird.

Quellenverzeichnis

Braha, Yael, Byrne, Bill: Creative Motion Graphic Titling for Film, Video, & the Web. Burlington: Focal Press, 2013

Buhse Eric: Der Vorspann als Bedeutungsträger – Zu einer zentralen Strategie zeitgenössicher Fernsehserien. Darmstadt: Büchner-Verlag, 2014

Möllers, Nadine: Das Main Title Design von Kinoproduktionen. Potsdam-Babelsberg: Grin Verlag, 2006

Schaudig, Michael: Das Ende vom «Ende». In: montage AV – Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, 12/2, 2003, S. 182-194 

#39 – Kategorienbildung von Titelsequenzen

Die Erscheinungsmöglichkeiten von Titelsequenzen sind vielfältig. Neben der Einteilung nach Platzierung im Film (ganz am Anfang, nach einer Eröffnungsszene oder ganz am Ende), können Vorspanne verschiedene gestalterische Elemente aufgreifen, welche auch gänzlich von der Machart des Films abweichen kann. Somit stellt sich die Frage: Kann man Titelsequenzen auch mit Hilfe ihrer Charakteristika, neben der Verortung im Film, kategorisieren?  

In der Literatur gibt es nicht viele Quellen, welche sich mit dieser Fragestellung auseinandersetzen. Nadine Möllers beschäftigte sich 2006 in ihrer Diplomarbeit an der Hochschule für Film- und Fernsehen „Konrad Wolf“ Potsdam Babelsberg unter anderem einer möglichen Kategorisierung von Titelsequenzen. Ihr Kriterium für eine Differenzierung der Anfangssequenzen ist die Unterscheidbarkeit in ihrer Funktion. Sie erwähnt dabei auch, dass diese nicht universell auf Titelsequenzen anwendbar sei (vgl. Möllers 2006, S.40).

In der narrativen Funktion finde man im Sequel eine Subhandlung vor, in der die wichtigsten Informationen, wie Charaktere, Ort oder Zeit, vorgestellt werden. Sie können als Resümee in Erscheinung treten, wie zum Beispiel im Film Catch Me If You Can (2002) designt von Oliver Kuntzel. Der Zuschauer erfasst die inhaltliche Vorwegnahme erst im Heranschreiten des weiteren Verlaufs (vgl. Möllers 2006, S.40). Ein moderneres Beispiel wäre die Disney+ Serie Percy Jackson (2023). Ebenfalls wie bei Catch Me If You Can werden, im Serienvorspann Inhalte und Konflikte der Serie vorweggenommen. Diese werden dem Publikum aber erst nach Eintreffen der Konflikte bewusst. 

Vorspannsequenzen, welche den Rezipienten auf der Gefühlsebene ansprechen, zählt Möllers zu der emotionalen Funktion (vgl. Möllers 2006, S.42f). Die Verbindung von Musik und verzerrten schwarz-weiß Aufnahmen von Gesichtsteilen im Film Seconds (1966) löst beim Betrachter oder bei der Betrachterin Unbehagen aus. Dieser Vorspann wurde von Saul Bass designt.

Weiteres führt Möllers die informative Funktion an. Anfangssequenzen dieser Kategorie würden in ihrer Gestaltung wesentliche Ereignisse, Zeitangaben oder Begebenheiten des Spielfilms beinhalten (vgl. Möllers 2006, S. 43). Beim Film Juno (2007) haben Gareth Smith und Jenny Lee mit einer Cut-out Animation die Hauptprotagonistin Juno durch ihre Nachbarschaft gehen lassen. Die Resultate sind eine indirekte Charakterisierung Junos und eine Sensibilisierung auf die darauffolgende Atmosphäre.

Die ästhetische Visualisierung eines Sequels fällt laut Möllers in die formale Funktion. Beispielsweise im Film Good Bye Lenin (2002), wird anhand von symbolischen Bildern und Farbgestaltung den Betrachter:innen vermittelt, dass die Handlung in der DDR stattfindet (vgl. Möllers 2006, S.44f). 

Laut Möllers erzeugt die verrätselte bzw. verwirrende Funktion in einem Vorspann einen Spannungsaufbau, welcher bei den Rezipienten und Rezipientinnen einen Bedarf nach Klärung veranlasst (vgl. Möllers 2006, S.46f). Titeldesigner Kyle Cooper bedient sich dieser Funktion bei seiner Anfangssequenz für Dreamcatcher (2003). Hier verformen sich Bilder von Wäldern zu Nahaufnahmen von einem Traumfänger, um sich dann wiederum in Bilder von nicht erkennbaren Strukturen zu verwandeln. Der Rezipient oder die Rezipientin kann kaum etwas vom Verlauf der Handlung erahnen.

Als eine andere Funktion erwähnt Möllers die kommerzielle Seite. Diese verbindet die Titelsequenz mit dem Marketing. Diesbezüglich wird ein eigenes Erscheinungsbild für den Film entworfen, welches sich nicht nur in der Anfangs- und Endsequenz widerspiegelt, sondern auch im Marketingkonzept der gesamten Produktion vorzufinden ist. Ein Beispiel dazu wäre der 3D-Animationsfilm Monster AG (2001). Hier wurde seitens des Sequels von Pixar eine eigene 2D Animation erstellt (vgl. Möllers 2006, S.48).

Sehr beliebt bei Fortsetzungsfilmen ist, laut Möllers, die wiedererkennbare Funktion. Hier legen Produzenten und Produzentinnen besonders viel Wert auf die Wiedererkennung, was dem Titeldesigner oder der Titeldesignerin ermöglicht, mit vorangegangenen Designelementen, wie Typografie, zu arbeiten (vgl. Möllers 2006, S.48f). Beispielsweise, adaptiert die James Bond-Reihe ihre Gewehrlauf-Sequenz je nach neuem Darsteller, aber in den Grundzügen bleibt sie gleich. Auch den Filmen der Harry Potter-Reihe liegt eine einheitliche Titelsequenz zugrunde. Das schwebende Warner Bros Picture-Logo und die schwebenden Titel variieren nur in Farbe und Gestaltung. Bei der Nachfolgereihe Fantastic Beasts and where to find them orientieren sich die Titelsequenzen an der Gestaltung der Harry Potter-Reihe. 

Fazit

Wie bereits erwähnt ist das eine mögliche Kategorisierung von Titelsequenzen, welche sich vor allem auf die grundlegende Funktion des Vorspanns stützt. Interessant wäre es die Titelsequenzen unter anderen Aspekten wie Genre zu analysieren. Gibt es auch Muster, welche das Genre eines Films bereits in der Titelsequenz verraten? 

Quellenverzeichnis

Möllers, Nadine: Das Main Title Design von Kinoproduktionen. Potsdam-Babelsberg: Grin Verlag, 2006

#38 – Teil 02 – Willkommen in der Welt von 007 – Das Branding von Titelsequenzen in James Bond Filmen

Aufbau der James Bond Titelsequenzen

Bis auf Dr. No (1962), ist der Anfang der James Bond Filme in 3 Teile unterteilt: Angefangen wird mit der gerade erläuterten Gewehrlauf-Sequenz, dann geht sie über in einen narrativen, action-lastigen Teaser auf die folgende Handlung, um dann von der Titelsequenz abgeschlossen zu werden. Der action-lastige Teaser ist oft nur minimal mit der filmischen Handlung verknüpft. Manchmal endet er mit einem Witz oder einer Überraschung, wie beispielsweise From Russia with Love (1963) oder You Only Live Twice (1967). Andere Male, wird er dazu genutzt den Antagonisten einzuführen. Heutzutage ist die Form des 3-teiligen Anfangs, keine Besonderheit mehr, aber in den 1960er Jahren war diese Form eine Neuheit. Aufgrund dessen konnte dieser Einstieg sofort das Interesse und vollkommene Aufmerksamkeit des Publikums für sich gewinnen. Auch haben alle Anfänge die grundlegenden Themen von Gewalt und Sex gemeinsam (vgl. Horak 2020, S.252).

Typografie in den Titelsequenzen

The primary raison d’etre for title sequences is to list the names of the creative personnel involved in a film, and the goal of the title designer is to make those words as legible as possible while holding the viewer’s interest with visuals, which may at times overpower the typography” (Horak 2020, S.254).

Während Saul Bass aktiv Typografie mit anderen visuellen Komponenten kombiniert, wirkt es so, als würden Maurice Binder und Daniel Kleinman Typografie als kreatives Mittel vermeiden. Bis auf Dr. No (1962) platziert Binder die Titel in seinen James Bond Titelsequenzen immer zentriert. Diese Platzierung destabilisiert die Bildkomposition und tendiert dazu das Publikum zu manipulieren. Namen setzt er immer in Großbuchstaben. Zusätze, wie beispielsweise die Wörter als oder in Ian Flemings orientierten sich an der standardisierten Groß- und Kleinschreibung. Außerdem verwendete er in allen seinen James Bond Titelsequenzen Sans-Serif Schriften. Farblich taucht die Schrift immer in weiß auf. Für Binder war die Lesbarkeit wichtig, deshalb entschied er sich für weiß und auch Großbuchstaben, da diese den größten Kontrast zum unruhigen Hintergrund bildeten. Während andere Designer zu dieser Zeit, ihre Typografie selbst gemalt haben, verwendete er vorgefertigte rub-down Typografie vom Hersteller Letraset (vgl. Horak 2020, 254f). 

Robert Brownjohn verwendet in From Russia with Love (1963) wie Binder eine Sans Serif Schrift, aber projiziert diese auf bewegende Frauenkörper. Ebenfalls verwendet er neben weißer Typografie auch welche in Pastelltönen. Bei seinem zweiten Titel Goldfinger (1964) kehrt er zur statischen weißen Typografie zurück (vgl. Horak 2020, S.255). 

Farbe in den Titelsequenzen

Wie viele Anhänger:innen der Modernisten-Bewegung verwendet Maurice Binder eine eingeschränkte Farbpallette, welche neben schwarz und weiß vor allem aus den Primär- und Sekundärfarben: rot, blau, gelb/orange und grün bestand. Manchmal benutzte er Pastellfarben oder violett. Die stark saturierten Farben sind nicht nur besser erkennbar, sondern rufen auch intensivere emotionale Regungen beim Publikum hervor. Binder arbeitete gerne monochromatisch und wechselte gerne dramatisch von einer Farbe zur nächsten. Die eingefärbten Hintergründe verhelfen den Fokus auf die Bewegung von Objekten und Personen zu legen (vgl. Horak 2020, S.255). 

Blau kommt sehr oft in den Titelsequenzen von Maurice Binder vor. Blau steht für Coolness und Modernität. Auch passt die Farbe zu den Filmen, welche zur damaligen Zeit Eckpfeiler für die moderne Welt nach dem zweiten Weltkrieg sind. Die Eigenschaften der Farbe können auf James Bonds Charakter übertragen werden (vgl. Horak 2020, S.255f). So beschreibt Jan-Christopher Horak blau im Kontext zum Film und dessen Protagonisten, wie folgt: 

“As a sexually liberated figure and a government licensed assassin, the Bond figure became an icon of modernity. Bond remains blas. to cheeky, depending on the actor, whether disposing of enemies or bedding resistant women. Blue encapsulates Bond’s underlying

coldness of emotion, masked by exuding calmness and tranquility in the face of mortal chaos” (Horak 2020, S.256).

Auch wird für einen guten und treuen englischen Geheimagenten die Phrase „True blue“ genutzt. Diese Phrase lässt sich auf die primäre Farbe der Flagge des Vereinigten Königreichs zurückführen, welche eben blau ist (vgl. Horak 2020, S.256). 

Im Gegensatz zu Blau, stehen die rot-orangen Töne in Binders Titelsequenzen für Gewalt beziehungsweise Action, wie zum Beispiel Gewehrschüsse, Explosionen, Feuer sowie Tod und Aberglaube. Sie symbolisieren auch Sexualität – im Speziellen die Gefahr von Sexualität. Beispielsweise in Octopussy (1983) geht die Gefahr, in Rot getaucht, von einer feminin-konnotierten Hand aus, welche einen Revolver hält (vgl. Horak 2020, S.256).

Startend mit Thunderball (1965) in jeder Titelsequenz von Maurice Binder einmal auf. Grün steht für Jugend, Erneuerung des Lebens, Gesundheit, Vitalität sowie Sicherheit und spirituelle Gelassenheit. Deshalb lässt sich, laut Horak, darauf schlussfolgern, dass Grün im Zusammenhang mit den James Bond-Titeln symbolisiert, dass die Natürlichkeit der Dinge trotzdem bestehen bleibt (vgl. Horak 2020, S.256).

Weiß, wie bereits erwähnt, wird in der Typografie verwendet, um einen starken Kontrast zum darunterliegenden Bildmaterial zu erlangen. Ebenso wendet Binder Schwarz als Mittel an Kontrast zu schaffen. Entweder verstärkt Schwarz die Erscheinung von Objekten oder versteckt sie. Dadurch entsteht eine gewisse Ungewissheit beim Publikum. Vor allem findet man Schwarz in den oft vorkommenden Silhouetten wieder (vgl. Horak 2020, S.254-257).

Filmtechniken der Titelsequenzen

Thematisch kehren viele Elemente in den Titelsequenzen immer wieder zurück. Diese Wiederholungen stärken das Branding der Filmmarke. Visuell interessant bleiben die Wiederholungen trotzdem, da Binder gerne mit verschiedensten Techniken herumexperimentierte. So findet man in den Titelsequenzen Experimente mit Farbfiltern, optischen Effekten, Unterwasseraufnahmen, Zeitlupen, Animationen, Überblendungen und vieles mehr. 

Ein häufig genutztes Element von Maurice Binder sind Silhouetten, welche beinahe immer weiblich-konnotierte Figuren darstellten und wenn das nicht der Fall war, handelte es sich meistens um die Silhouette von James Bond. Auch Elemente in starker Verbindung zur James Bond-Welt, wie Revolver oder Martinigläser können als Silhouetten oder Matten in den Titelsequenzen gefunden werden (vgl. Horak 2020, 257f). Doch weshalb Silhouetten?

“Silhouettes simplify and abstract compositions, a primary goal of modernist design, as evident in Man Ray and László Moholy-Nagy’s camera-less photograms and Lotte Reininger’s shadow animations” (Horak 2020, S.258).

Auch kann der nackte feminine Körper verwendet werden, ohne dass Probleme durch Zensur entstehen können. Dieser Ansatz kann auf die Praktiken in der weiblichen Portraitmalerei des 19ten Jahrhunderts zurückgeführt werden, bei der ein voyeuristischer t in einen ästhetischen Moment verwandelt worden ist (vgl. Horak 2020, S.258).

Die formelle Strenge, welche beispielsweise in der Anordnung der Textelemente herrschte, zog sich bei der zeitlichen Dauer weiter. Alle Titel von Maurice Binder orientierten sich um die drei Minuten Marke. Zu dieser Zeit war das genau der Durchschnitt der Dauer von Vorspännen. Die Gewehrschuss-Sequenz beträgt immer genau 30 Sekunden. Die Titelsequenzen von Daniel Kleinman und MK12 sind um 25 Sekunden im Schnitt länger, ausgenommen Kleinmans erster Titel für die James Bond-Reihe GoldenEye (1995). Dieser orientiert sich noch an der Zeitmarke von Maurice Binder. 

Bedeutsame Motive der Titelsequenzen

“Every James Bond film features beautiful, young, gun-toting women who are themselves killers or working for the enemy, some of whom Bond can turn to after sex, some of whom he kills after off-screen penetration” (Horak 2020, S.259).

Angefangen mit Robert Brownjohns Titelsequenz für From Russia with Love (1963) findet man in allen Titelsequenzen einen sexuell geladenen Unterton, da mit unterschiedlichsten Techniken feminin-konnotierte nackte Körper gezeigt werden. Laut Horak besteht die Maurice Binders Ikonografie innerhalb der Titelsequenzen zu 90% aus nackten Frauenkörpern. Die nackten Körper werden mit einem voyeuristischen Blick wahrgenommen. Ebenfalls findet man in Binders Titelsequenzen rassistische Untertöne, wie zum Beispiel bei Live and Let Die (1973). In diesem wird vom Tod eines britischen Agenten durch die Hand von stereotypischem primitivem jamaikanischem Kult auf die Titelsequenz geschnitten. Der Vorspann zeigt dann kaum bzw. gar nicht gekleidete Frauen mit schwarzer Hautfarbe, welche auch durch ihre Accessoires in das stereotypische Bild eines afrikanischen Stammes passen (vgl. Horak 2020, S.258-261).  

Auch die Verwendung von Gewehren und Revolvern – also Gewalt – sind ein integraler Part der Titelsequenzen. Oft werden diese in Verbindung mit feminin-konnotierten Körperdarstellungen gezeigt (vgl. Horak 2020, 258f).

Bond Titelsequenzen im digitalen Zeitalter

Anfang der 1990er Jahre wurde hatte sich die Computertechnik so weit entwickelt, dass es nun möglich war mit Hilfe davon Bilder digital herzustellen (CGI). Da Maurice Binder 1991 starb, übernahm Daniel Kleinman, kommend aus der Musikvideo und Werbebranche, die Gestaltung der Titelsequenzen der James Bond Reihe. Kleinman hält sich im Gegensatz zu Binder nicht an strenge mathematische Raster, sondern fokussiert sie auf die Schaffung von atmosphärischen Sequenzen. Außerdem halten diese sich nicht an fotografischen Realismus oder narrativer Logik. Horak bezeichnet die Titelsequenzen von Kleinman als „phantasmagoria of floating objects“ (Horak 2020, S.261). Ebenso orientiert sich Kleinman und auch MK12 nicht mehr an einer streng definierten Farbpallette. Die weiße Sans-Serif Schrift bleibt überwiegend. Ausnahmen sind Kleinmans Vorspann für GoldenEye (1995), dort ist die textliche Ebene in Gelb getaucht, sowie MK12 Titelsequenz für Quantum of Solace (2008). Das Designkolleketiv verfolgt in diesem Vorspann einen ganzen anderen typografischen Ansatz (vgl. Horak 2020, S.261f). 

Mit Hilfe von CGI wird die Gewehrlauf-Sequenz von Kleinman aktualisiert. In GoldenEye (1995) fliegt dem Publikum eine Kugel entgegen. Außerdem bestrebt Kleinman in seinen Titelsequenzen eine engere narrative Bindung – eine thematische Bindung – zum Inhalt des Films. Der voyeuristische Blick in Bezug zu feminin-konnotierten Bildern wird von Kleinman und MK12 so gut wie eliminiert (vgl. Horak 2020, S.264f). So, beschreibt Jan-Christopher Horak den Unterschied zu Maurice Binders Titelsequenzen, wie folgt: 

“While Kleinman moves beyond the simple binary of Binder’s guns and girls, his and MK12’s titles employ iconic images to introduce themes and codify plots. When guns and girls do appear, they are imbedded in dreamscapes, with objects floating freely in digital spaces that have no visible coordinates but only exist in a digital no-man’s land, thereby robbing them of any erotic power” (Horak 2020, S.265).

Es geht in diesen Titelsequenzen viel mehr um die sensorische Stimulierung, welche man aus Musikvideos kennt, welche versuchen Begeisterung und Vorfreude auszulösen. Ebenfalls verleiht es ihnen Modernität (vgl. Horak 2020, S.266).

Schlussgedanken 

Die Behandlung der James Bond-Titelsequenzreihe ist ein hervorragendes Beispiel wie sehr auch Titelsequenzen in die Markenbildung eines Filmes oder einer Franchise beitragen kann. Auch zeichnet sich der technische Fortschritt, vor allem der Wandel hin zu CGI, deutlich in der Reihe ab. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass James Bond enormen Einfluss im Genre der Kriminalfilme und -serien gehabt hat bzw. hat. Beispielsweise das Intro zur Tatort-Reihe verwendet das Motiv des Fadenkreuzes, welches sich auf ein Auge konzentriert, bis es zum Titel wechselt, in dem sich das Auge und die zwei einfärbigen Balken schließen. Auch das Fadenkreuz spielt mit der Sicht/ dem Voyeurismus des Publikums. 

Quellenverzeichnis

Horak, Jan-Christopher: Branding 007 : Title Sequences in the James Bond Films. In: Verheul, Jaap (Hrsg.): The Cultural Life of James Bond. Amsterdam: Amsterdam University Press, 2020.

#37 – Teil 01 – Willkommen in der Welt von 007 – Das Branding von Titelsequenzen in James Bond Filmen

Kaum ein Film-Franchise spannt über so viele Jahre wie James Bond-Filmreihe der Eon Productions. Beginnend mit Dr. No (1962) bis hin zur aktuellen Verfilmung No Time to Die (2021) bilden die Titelsequenzen ein einheitliches Erscheinungsbild, welches exklusiv mit der Marke James Bond in Verbindung gebracht wird. Trotzdem greifen sie individuell im Rahmen der Branding Parameter auf die speziellen Inhalte des darauffolgenden Films zurück, weshalb eine genauere Auseinandersetzung mit dem Branding der James Bond-Filmreihe von Interesse ist. 

Maßgeblich für das ikonische Erscheinungsbild der James Bond-Titelsequenzen beigetragen hat Maurice Binder. Mit einer kurzen Unterbrechung von Robert Brownjohn (From Russia with Love (1963), Goldfinger (1964)) gestaltetet Marice Binder 14 der 25 James Bond-Titelsequenzen. Er gestaltete, die bekannte Eingangssequenz, in welcher James Bond von rechts kommend auf das Publikum schießt, aber dazu wird zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer Bezug genommen. Zeitgleich mit dem Tod von Maurice Binder kam der Umbruch von analogen zu digitalen Titelsequenzen. In der Welt der James Bond Titelsequenzen übernahm Daniel Kleinman die Leitung der Gestaltung der Titelsequenzen ab GoldenEye (1995). Eine einzige Titelsequenz gestaltete er seitdem nicht – nämlich die Titelsequenz von Quantum of Solace (2008). (vgl. Horak 2020, S.249f). Diese gestaltete das Filmkollektiv MK12, welches von Jed Carter, Tim Fisher, Matt Fraction und Ben Radatz gegründet worden ist (vgl. artofthetitle 2025). 

Maurice Binders Wirken

Im Jahr 1962, war Maurice Binder ein Titeldesigner aus der neuen Generation, welche modernes Design in ihre Titelsequenz-Gestaltung miteinfließen ließen. Seine Verschmelzung von den abstrakten Visualisierungen in den Titelsequenzen mit Pop Musik, kann als Inspirationsquelle oder sogar als Anstoß für die Anfänge der Musik Videos gesehen werden. So behauptete er 1991, dass die Musik immer am Anfang da gewesen wäre und dass er und sein Team aufbauend zu dieser die visuelle Gestaltung angefertigt hätten. Trotzdem orientierte Maurice Binder sich bei allen seinen Titelsequenzen immer am strengen Rasterdesign der Modernisten, welche die Vereinfachung der Form zum Ziel hatten. Seine verbissene Wiederholung von Motiven und Techniken machten die Marke James Bond erst zur Marke (vgl. Horak 2020, S.250). 

Startschuss mit Dr. No

Eröffnet wird der Film mit weißen Punkten, welche von links nach rechts wandern, kurz innehalten – die Produzenten werden genannt –um dann weiterzuwandern. Der Punkt wird größer und transformiert sich in die Öffnung eines Gewehrlaufs, welches den von rechts kommenden James Bond umrahmt und verfolgt. Doch bevor das Gewehr selbst auslöst, dreht sich James Bond um und schießt direkt in die Richtung des Publikums. Rot, sind bildend für Blut, färbt den Bildschirm ein. Diese Sequenz wird von vielen als Geniestreich für das Branding von James Bond seitens Binders deklariert. Tatsächlich kann man es als zeitbasiertes Logo von der Marke James Bond sehen, welches zwar durch technische Neuerungen adaptiert und modernisiert worden ist, doch bei keinem Film fehlt (vgl. Horak 2020, S.251f). 

Die Gewehrlauf–Sequenz spielt mit dem Publikum. Die anfänglichen weißen Punkte können für eine Kamera, ein Fernglas oder ein Zielfernrohr stehen, welches James Bond findet. James Bond befindet sich im Visier, nicht nur vom Gewehrlauf, sondern auch vom Publikum. Das Publikum besitzt die Kontrolle, was eine direkte Anspielung auf den Voyeurismus des Publikums in Bezug auf den Film hat – das Publikum kann sehen, ohne gesehen zu werden. Ebenfalls wird dem Publikum die Rolle des potenziellen Mörders/ der potenziellen Mörderin verliehen. Doch in einer Wendung der Ereignisse dreht sich James Bond zur Kamera/ zum Gewehrlauf und schießt sinnbildlich auf das Publikum. Der wackelnde und nach unten bewegendem Gewehrlauf sowie das Rot, welches den Bildschirm symbolisieren den sinnbildlichen Tod des Publikums. Horak beschreibt dies so: “The audience becomes the victim of violence, rather than the potential perpetrator, disarming them and making them pliable for further manipulation (Horak 2020, S.252). Diese visuelle Erzählung wurde bereits vor dem Titelvorspann von Dr. No angewendet. Im Jahr 1903 erschienen Film The Great Train Robbery schießt der Protagonist “Broncho Billy” Anderson direkt in die Richtung der Kamera (vgl. Horak 2020, S.252f).

Die Titelsequenz von Dr. No ist visuell in 3 Abschnitte strukturiert. Die Titelsequenz nach der Gewehrlauf-Sequenz beginnt mit tanzenden Punkten in verschiedenen Farben (grün, hellblau, rot, gelb) auf schwarzem Hintergrund. Die Punkte, sowie die erscheinende textliche Ebene orientieren sich an einem grundlegenden Raster. Nach circa 2/3 der Gesamtlänge ändert sich die Musik zu einem afrikanischen Drumbeat und auch die visuelle Ebene. Nun sieht man zwei weibliche Silhouetten und eine männliche Silhouette die dazu tanzen. Die Sillouetten tauchen in verschiedenen Farben auf und überlagern sich auch. Im letzten Abschnitt tauchen die Silhouetten drei blinder Männer, welche im ersten Bild des eigentlichen Filmes auftauchen, auf. Im Hintergrund ist die Flagge des Vereinigten Königreichs zusehen. Das Kinderlied Three Blind Mice ist zu hören. Die namentlichen Nennungen werden wie im ersten Teil, orientiert an einem Raster, eingeblendet. Auf visueller Ebene führt Binder bereits in diesem Teil wiederkehrende Komponente (Spiel mit Silhouetten, vor allem von Frauen; abstrakte Grafiken) ein, die vor allem in Bezug auf die Titelsequenz zum Erscheinungsbild von der James Bond-Reihe gehören. (vgl. Horak 2020, S.253f).

Quellenverzeichnis

Horak, Jan-Christopher: Branding 007 : Title Sequences in the James Bond Films. In: Verheul, Jaap (Hrsg.): The Cultural Life of James Bond. Amsterdam: Amsterdam University Press, 2020.

IMPULS // 04 Die Bedeutung von Lee Miller

Die Fotografie hat seit jeher eine zentrale Rolle in der visuellen Dokumentation von Geschichte und Gesellschaft gespielt. Besonders in Krisenzeiten, wie während des Zweiten Weltkriegs, war sie ein mächtiges Instrument, um das Unvorstellbare sichtbar zu machen. Doch hinter vielen ikonischen Bildern standen oft Frauen, deren Beiträge zu dieser Kunstform zunächst nicht die Anerkennung fanden, die sie verdienten. Ein Beispiel hierfür ist die Fotografin Lee Miller, deren Leben und Werk nicht nur in den 1930er und 1940er Jahren, sondern auch heute noch eine zentrale Rolle in der Diskussion um die Repräsentation von Frauen in der Kunstwelt spielt.

Der Film „Lee“ (2024), in dem Kate Winslet die Rolle der Fotografin spielt, bietet einen spannenden Einblick in das Leben einer Frau, die sich in der männerdominierten Welt der Kriegsberichterstattung und Fotografie behauptete. Lee Miller war nicht nur als Modefotografin für die amerikanische „Vogue“ bekannt, sondern auch als eine der ersten Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs als Kriegsreporterin arbeitete. Besonders ihre Bilder aus den befreiten Konzentrationslagern in Deutschland gelten als bahnbrechend und rufen bis heute starke emotionale Reaktionen hervor. Doch trotz ihres herausragenden künstlerischen Beitrags geriet ihr Werk oft in den Schatten der männlichen Kollegen, mit denen sie zusammenarbeitete.

Lee Miller’s Werdegang als Kriegsfotografin ist besonders bemerkenswert, weil er das Bild einer Frau beleuchtet, die sich sowohl als Künstlerin als auch als Berichterstatterin in einer von Männern dominierten Welt durchsetzte. Zu einer Zeit, als der Krieg von männlichen Fotografen dokumentiert wurde, fand Miller einen Platz an der Front, um mit ihrer Kamera die Schrecken des Krieges zu dokumentieren. Ihre Bilder von befreiten Konzentrationslagern und von den Ruinen in Europa waren nicht nur dokumentarische Aufnahmen, sondern auch Kunstwerke, die die Grausamkeit des Krieges auf eine Weise darstellten, die die gesamte Welt schockierte. Doch trotz ihres Talents und ihrer Pionierarbeit wurde sie zu ihren Lebzeiten nie in der gleichen Weise gefeiert wie ihre männlichen Kollegen.

Diese Tatsache ist eine starke Erinnerung daran, wie Frauen, auch wenn sie in wichtigen kreativen Berufen tätig sind, oft unsichtbar bleiben oder übersehen werden. Der Film „Lee“ verdeutlicht, dass der Weg einer Frau in der Kunstwelt nicht nur von ihrem Talent, sondern auch von gesellschaftlichen und geschlechtsspezifischen Barrieren bestimmt wird. Ein Thema, das auch in der heutigen Zeit relevant bleibt – Frauen in kreativen Berufen, und insbesondere in der Medienproduktion, müssen oft gegen die Normen und Erwartungen der Gesellschaft ankämpfen, um Anerkennung zu finden.

Im Film wird deutlich sichtbar, wie Miller in einem Berufsfeld, das traditionell von Männern dominiert war, nicht nur ihre berufliche Existenz sicherte, sondern auch als Frau in einer Welt von maskulinen Normen überlebte. Dieser Aspekt ihres Lebens zeigt die doppelte Belastung, mit der Frauen heute noch konfrontiert sind: Zum einen müssen sie ihre Fähigkeiten und ihren Wert in einer Branche unter Beweis stellen und zum anderen werden sie oft durch gesellschaftliche Erwartungen und Rollenzuschreibungen eingegrenzt.

Was Lee Miller besonders auszeichnete, war ihre Fähigkeit, Fotografie als ein Werkzeug für soziale Veränderung zu nutzen. Ihre Bilder aus den Konzentrationslagern und den zerstörten Städten Europas trugen nicht nur dazu bei, das Leid der Menschen in der Nachkriegszeit sichtbar zu machen, sondern riefen weltweit eine starke emotionale Reaktion hervor. Ihre Fotografie hat nicht nur dokumentiert, sondern auch die Verantwortung des Publikums herausgefordert. Sie gab den Opfern des Krieges eine Stimme und legte die Grausamkeit der Naziherrschaft in einer Weise offen, die der Welt in den Erinnerung blieb.

Relevanz

Der Film „Lee“ ist für meine Masterarbeit besonders relevant, da er nicht nur die historische Unsichtbarkeit von Frauen in kreativen Berufen thematisiert, sondern auch die aktuellen Herausforderungen von Frauen in der Medienproduktion widerspiegelt. Als Teil meiner Masterarbeit, in der ich das Thema der Unterrepräsentation von Frauen in der Film- und Videoproduktion behandle, bietet der Film eine wertvolle Grundlage, um über die Hindernisse nachzudenken, mit denen Frauen konfrontiert sind, und darüber, wie sie ihre Sichtbarkeit und ihren Einfluss in einer immer noch männerdominierten Branche ausbauen können.

Impuls

„Lee“ ist nicht nur ein Film über eine außergewöhnliche Frau, sondern auch ein starkes Plädoyer für die Notwendigkeit, die Geschichten von Frauen in der Kunstwelt zu erzählen und ihre Beiträge angemessen zu würdigen. Es ist ein Film, der uns dazu anregt, darüber nachzudenken, wie wir als Frauen in kreativen Berufen unsere eigenen Stimmen finden und wie wir die Strukturen ändern können, die uns oft unsichtbar machen.

IMPULS // 03 The Power of Vulnerability

In ihrem TED-Talk „The Power of Vulnerability“ spricht Brené Brown über ihre Forschung zu den Themen Verletzlichkeit und Scham und wie diese Konzepte unser Leben, unsere Beziehungen und unsere Arbeit beeinflussen. Sie beginnt mit einer persönlichen Anekdote, in der sie ihre Rolle als „Geschichtenerzählerin“ und Forscherin beschreibt und erzählt, wie sie in ihrer frühen Karriere die gängige Vorstellung infrage stellte, dass nur messbare Dinge wirklich existieren. Diese Reflexion führte sie zu ihrer Forschung über die menschliche Verbindung, die sie als einen entscheidenden Bestandteil des Lebens versteht.

Für Brown ist es die Verbindung, die uns als Menschen zusammenhält. Ihre zentrale Frage lautet: Was hindert uns daran, echte Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen?

Scham ist das größte Hindernis für eine authentische Verbindung. Brown beschreibt Scham als die Angst vor Trennung und das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Scham ist die ständige Erfahrung der Unzulänglichkeit, sei es in Bezug auf Aussehen, Intelligenz, sozialen Status oder Erfolg. Diese Ängste hindern uns daran, uns wirklich mit anderen zu verbinden. Es ist das Gefühl, „nicht genug zu sein“, das uns isoliert und dazu führt, dass wir uns nicht öffnen oder uns verletzlich zeigen.

Im weiteren Verlauf ihrer Untersuchung stellt Brown fest, dass es eine entscheidende Variable gibt, die diejenigen unterscheidet, die starke Verbindungen und ein echtes Gefühl der Zugehörigkeit erleben, von denen, die ständig mit Isolation und Ablehnung kämpfen. Die Menschen, die authentische Beziehungen führen, glauben daran, dass sie es wert sind, geliebt und akzeptiert zu werden. Sie entwickeln ein starkes Selbstwertgefühl und die Fähigkeit, sich selbst und anderen mit Mitgefühl zu begegnen. Diese Erkenntnis führt sie zu dem Schluss, dass die Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit der Schlüssel zu emotionaler Gesundheit und erfüllten Beziehungen ist.

Eine weitere Entdeckung in Browns Forschung ist, dass Menschen, die eine starke Zugehörigkeit erleben, bereit sind, ihre Verletzlichkeit zu akzeptieren. Sie erkennen, dass ihre Unvollkommenheiten nicht das Schöne an ihnen mindern, sondern einen integralen Teil ihrer Identität ausmachen. Brown macht einen Unterschied zwischen Mut und Tapferkeit und erklärt, dass wahrer Mut darin besteht, die eigene Geschichte, die eigene Authentizität, ohne Angst vor Ablehnung zu zeigen. Diese Fähigkeit, sich zu zeigen und zu vertrauen, bildet das Fundament für tiefere und bedeutungsvollere Verbindungen.

Durch ihre Forschung analysiert Brown Tausende von Interviews und Geschichten und kommt zu dem Schluss, dass der Schlüssel zu echter Verbindung in der Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit und Verletzlichkeit liegt. Menschen, die in der Lage sind, diese Aspekte von sich selbst zu akzeptieren, erleben tiefere zwischenmenschliche Beziehungen und ein höheres Maß an emotionaler Resilienz. Ihre Forschung zeigt, dass Verletzlichkeit, auch wenn sie unangenehm oder herausfordernd ist, zu den wertvollsten und tiefgründigsten Erfahrungen im Leben führen kann.

Diese Erkenntnisse sind nicht nur für persönliche Beziehungen von Bedeutung, sondern auch für die kreative Arbeit und die Berufswelt. In der Kunst, der Musikproduktion und anderen kreativen Bereichen kann die Bereitschaft zur Verletzlichkeit und die Akzeptanz von Fehlern und Unvollkommenheiten zu innovativen und bedeutungsvollen Arbeiten führen. In der Film- und Videoproduktion, einem Thema, das in meiner Masterarbeit (wahrscheinlich) behandelt wird, spielt die Akzeptanz von Verletzlichkeit eine besonders wichtige Rolle. In einer Branche, die oft von Perfektion und Erfolg geprägt ist, kann es befreiend und förderlich sein, sich authentisch und verletzlich zu zeigen.

Relevanz

In einer Branche, die von Ungleichheiten geprägt ist, insbesondere für Frauen, zeigt Browns Arbeit, dass die Akzeptanz von Verletzlichkeit und Authentizität sowohl für das kreative Schaffen als auch für die Förderung eines inklusiveren Arbeitsumfelds von zentraler Bedeutung ist. In meiner Masterarbeit, die sich mit der Unterrepräsentation von Frauen in der Film- und Videoproduktion beschäftigt, ist Browns Forschung ein wertvoller Impuls. Sie macht deutlich, dass die Bereitschaft, sich verletzlich zu zeigen und die eigenen Erfahrungen zu akzeptieren, eine Grundlage für die Entwicklung kreativer und bedeutungsvoller Projekte bilden kann.

Impuls

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Brené Browns Forschung einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von menschlicher Verbindung, Scham und Verletzlichkeit leistet. Ihre Erkenntnisse sind nicht nur für den Bereich der Psychologie von Bedeutung, sondern auch für die kreative Arbeit und die Förderung von Gleichberechtigung in Bereichen wie zum Beispiel der Film- und Videoproduktion.

Impuls 8: Dokumentation: „Karrierekiller Kind – will ich Mutter sein oder Chefin?“

Karriere und Kind zu vereinbaren ist nicht einfach. Das zeigt die Dokumentation am Beispiel der Universitätsklinik Mainz. Die Dokumentation gab mir wichtige Impulse für meine Masterarbeit. Wieder kommen mir Themen wie die feministische Wirtschaftstheorie und unternehmerische Identität in den Sinn. Des Weiteren setzt die Dokumentation den Impuls über strukturelle Barrieren, den Gender-Gap in Führungspositionen und die Vereinbarkeit mit Familie nachzudenken. Im Film wurde auch thematisiert, wie wichtig weibliche Vorbilder sind, die Modelle vorleben. Auch in der Kreativbranche sind diese Vorbilder, vor allem für junge Frauen wichtig.

Care-Arbeit unter Partner*innen Aufteilen

Eine Ärztin erwählte positive Beispiele aus Finnland. Als sie dort war, fiel ihr auf, dass viele Frauen in Führungspositionen sind. Die Frauen sagte, dass sie nicht über Jahre ausgefallen sind, um Kinder zu bekommen, sondern dass sie sich die Care-Arbeit mit den Vätern geteilt haben. Dieses Modell zeigt, dass partnerschaftliche Aufteilung nicht nur die Karrierechancen von Frauen fördert, sondern auch eine langfristige Balance zwischen Beruf und Familie ermöglichen kann.

Doppelbesetzungen von Führungspositionen

Als weiteres Positivbeispiel wurde von Doppelbesetzungen gesprochen. Führungspositionen werden demnach von zwei Personen besetzt. Das könnte auch in der Selbstständigkeit funktionieren. Auch in der Film- und Fotografiebranche könnte das ein Weg sein das eigene Unternehmen voranzubringen. Wenn jedes Wochenende eine Hochzeit stattfindet, die fotografiert werden muss, kann sich zumindest abgewechselt werden. Eine Person hätte dann jedes zweite Wochenende Zeit für Freizeit und Familie. Das Zusammenarbeiten bringt außerdem mehr Flexibilität mit sich. Die Chance, dass eine von zwei Personen Zeit hat, ist definitiv höher. Gerade in der Kreativbranche, wo unvorhersehbare Aufträge und kurzfristige Einsätze keine Seltenheit sind, könnten solche Modelle sowohl die Lebensqualität als auch die Effizienz steigern.

Aus der Dokumentation geht hervor, dass es innovative Ansätze und gesellschaftliche Veränderungen braucht, um Frauen auf nachhaltige Weise bei der beruflichen und familiären Vereinbarkeit zu helfen. Die positiven Beispiele aus Finnland und das Konzept der Doppelbesetzung zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, traditionelle Strukturen aufzubrechen und neue Perspektiven zu entwickeln, auch in Bereichen wie der Kreativwirtschaft.

IMPULS 7: Buch „Was wollt ihr denn noch alles“

Die Autorin Alexandre Zykunov spricht in ihrem Buch „Was wollt ihr denn noch alles“ über Lebensbereiche von Frauen, in welchen sie Benachteiligung erfahren. Das Buch kann ich wirklich empfehlen. Es liefert zwar erschreckende Zahlen und Statistiken, liest sich aber wie ein Roman. Das Buch ist für meine Masterarbeit relevant, da es sich auf eine Vielzahl an Statistiken und Studien bezieht, die alle im Quellenverzeichnis vorliegen.

Alexandra Zykunov dachte lange Zeit, dass Frauen und Männer schon längst gleichberechtigt seien. Das dem nicht so ist wurde ihr erst klar, als sie selbst Kinder bekam. Sie stellte fest, dass besonders Mütter immer noch mit Geschlechterungleichheit zu kämpfen haben. In einem Interview mit dem NDR sagt sie, dass 63 Prozent der Frauen in Deutschland, weniger als 1000 € netto verdienen. Das die Hälfte der Weltbevölkerung diskriminiert wird, wird laut Zykunov besonders deutlich, wenn der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern beleuchtet wird. In Deutschland ist der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern mit 18 Prozent sehr hoch. Wird von einem durchschnittlichen Lohn von 3200 € ausgegangen, sind das pro Monat 585 € weniger am Konto. Generell haben Frauen eine geringere Beteiligung am Arbeitsmarkt.1

Der Thomas-Kreislauf

„Die AllBright Stiftung hat festgestellt, dass es in den höher gelegenen börsendotieren Unternehmen in der Managementetage mehr Männer mit dem Namen Thomas gab als überhaupt Frauen. Das nennen sie den Thomas-Kreislauf. Also ein Thomas stellt einen Thomas ein, stellt einen Thomas ein, stellt einen Thomas ein. Jetzt könnte man sagen: Juhu! Der Thomas-Kreislauf wurde im letzten Jahr endlich abgelöst. Man würde denken ‚Ja, haben es vielleicht doch mehr Frauen geschafft in diesen Vorstand?!‘ Nein. Der Thomas-Kreislauf ist jetzt nämlich abgelöst worden vom Christian-Kreislauf“, so Alexandra Zykunov im Interview mit dem NDR.2

Frauen werden außerdem seltener eingestellt. Laut der Autorin wird die Schuld dann häufig bei den Frauen gesucht. Sie sollen doch selbstbewusster auftreten und besser verhandeln – wie Männer eben. Studien haben allerdings gezeigt, dass Frauen die selbstbewusst verhandeln und sich durchkämpfen, von Personaler*innen unterbewusst aussortiert werden.3

„Ich finde es hochgradig unfair, dass wir einerseits von Frauen und weiblich gelesenen Personen verlangen, dass sie sich kümmern, dass sie ihre Stunden reduzieren, dass sie die Care-Arbeit machen für Alte, für Kranke, für Kinder. Und sie ist auch sehr, sehr wichtig, denn ohne Care-Arbeit würden wir nicht funktionieren. Babys würden sterben, Alte würden sterben. Ohne Care-Arbeit würde unsere Zivilisation im Grunde zusammenbrechen. Und wir wissen, die Frauen werden sich dadurch in finanzielle Altersarmut manövrieren“, sagt die Autorin im Interview.4

Das Thema Care-Arbeit wird im Buch von Alexandra Zykunov thematisiert. Es zeigte mir, wie wichtig dieses Thema ist, auch in Bezug auf meine Masterarbeit. In vielen Forschungen wird nur auf die Umstände in Arbeitsverhältnissen eingegangen. In meiner Masterarbeit möchte ich erforschen, wie sich dieses Ungleichgewicht auf Frauen in der Selbstständigkeit auswirkt. Sind dort auch diese Geschlechterunterschiede sichtbar? Verdienen Unternehmerinnen so viel weniger als Unternehmer in derselben Branche?

1 vgl. NDR (2024)

2 ebd

3 ebd

4 ebd

Literaturverzeichnis:

NDR (06.03.2024): Gleichberechtigung: „Was wollt ihr denn noch alles?!“ In: NDR Kultur, https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Gleichberechtigung-Nein-Was-wollt-ihr-denn-noch-alles,nochalles100.html (zuletzt aufgerufen am 27.01.2025)

BSC gegen HSV – IMPULS #8

Ich habe mir das Fußballspiel BSC gegen HSV auf SPORT1 angeschaut, und die Aussagen der Kommentatoren mitgeschnitten. Anschließend habe ich das Audio-File transkribiert und analysiert. Folgende Erkenntnisse habe ich mitnehmen können:

Im Vergleich zu dem Frauenfußballspiel gibt es keine direkte Sprache, die männliche Spieler auf ihr Geschlecht reduziert. Allerdings sind negative Kommentare über Trainer (z. B. äußeres Erscheinungsbild und Vergleiche mit Schlagersängerinnen) als abwertend zu betrachten und enthalten stereotype Vorstellungen. Die Spielanalyse konzentriert sich auf Leistung, Taktik und Technik, ohne geschlechtsbezogene Untertöne.

Vergleich mit dem Frauenfußball-Text:

Im Frauenfußballspiel wurden Spielerinnen häufig geschlechtsbezogen beschrieben (z. B. äußeres Erscheinungsbild, emotionale Aspekte), während die Spielleistung in den Hintergrund trat.

Im Männerfußballspiel dominieren hingegen taktische und spielerische Analysen, obwohl vereinzelte stereotype Bemerkungen vorkommen (z. B. Äußerungen über Trainer).

    Die Darstellung von Frauenfußball war deutlich stärker von Geschlechterrollen geprägt, während beim Männerfußball die Diskussion spielorientierter und weniger geschlechtsbezogen ist, trotz punktueller abwertender Bemerkungen.