Auch die deutsche Filmbranche ist durch geschlechtsspezifische Ungleichheiten geprägt, die Frauen systematisch benachteiligen. Eine weitere Studie Gender und Film, herausgegeben von der Filmförderungsanstalt (FFA), liefert umfassende Daten zur Repräsentation von Frauen in zentralen kreativen Berufen der Filmindustrie. Die Ergebnisse zeigen auch hier, dass Frauen trotz eines zunehmenden Anteils in der filmischen Ausbildung in vielen Schlüsselpositionen deutlich unterrepräsentiert bleiben (Hochfeld et al. 2017, 7).
Geschlechterverteilung in Schlüsselpositionen der Filmindustrie
Die Studie untersucht die Geschlechterverteilung in verschiedenen kreativen Positionen zwischen 2011 und 2015. Die Ergebnisse verdeutlichen erhebliche Disparitäten:
– Regie: 22 % der deutschen Filme wurden von Frauen inszeniert, während Männer 67 % der Regiepositionen besetzten.
– Drehbuch: 20 % der Drehbücher wurden von Frauen geschrieben, während 40 % der Drehbücher von Männern stammten.
– Produktion: 10 % der Produzent*innen waren Frauen, 28 % Männer, während 62 % der Filme von Teams produziert wurden.
– Kamera: 10 % der Kamerapositionen wurden von Frauen besetzt, 85 % von Männern.
– Ton: 91 % der Tonverantwortlichen waren männlich, während nur 4 % der Filme von Frauen in diesem Bereich betreut wurden (Hochfeld et al. 2017, 13).
Ungleichheiten in Ausbildung und Karriereverlauf
Obwohl Frauen etwa 40 % der Studierenden an deutschen Filmhochschulen ausmachen, spiegelt sich dieser Anteil nicht in der beruflichen Praxis wider. Dies deutet darauf hin, dass weibliche Filmschaffende beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf auf strukturelle Barrieren stoßen (Hochfeld et al. 2017, 24). Besonders in den technisch geprägten Bereichen wie Kamera und Ton ist der Frauenanteil gering, was auf geschlechtsbezogene Zuschreibungen und eingeschränkte Netzwerkmöglichkeiten zurückgeführt wird.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Frauen seltener hohe Budgets für ihre Filmprojekte erhalten. Während nur 13 % der Filme mit einem Budget über 5 Millionen Euro von Frauen inszeniert wurden, waren es bei männlichen Regisseuren 24 %. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Sichtbarkeit und den kommerziellen Erfolg weiblicher Filmschaffender. Zudem zeigte sich, dass Filme mit Regisseurinnen weniger Kinobesucher:innen erreichten als Filme ihrer männlichen Kollegen, was unter anderem mit geringeren Marketingbudgets zusammenhängt (Hochfeld et al. 2017, 17).
Ursachen der geschlechtsspezifischen Ungleichheit
Die Studie identifiziert mehrere zentrale Barrieren, die Frauen am beruflichen Aufstieg in der Filmindustrie hindern:
1. Stereotypisierung und geschlechtsspezifische Erwartungen: Frauen werden häufig nicht mit Führungspositionen oder technischen Berufen assoziiert, was sich auf ihre Beschäftigungschancen auswirkt.
2. Netzwerkstrukturen und Branchenkultur: Männer dominieren bestehende Netzwerke, wodurch Frauen seltener für leitende Positionen berücksichtigt werden.
3. Fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Die Arbeitsbedingungen und unregelmäßigen Arbeitszeiten in der Filmbranche stellen für Frauen mit Fürsorgeverantwortung eine besondere Herausforderung dar.
4. Geringere Finanzierungschancen: Filme von Frauen erhalten tendenziell weniger finanzielle Unterstützung, was sich negativ auf Karrieremöglichkeiten auswirkt (Hochfeld et al. 2017, 31).
Förderung von Frauen in der Filmbranche
Um die strukturelle Benachteiligung von Frauen zu überwinden, empfiehlt auch diese Studie folgende Maßnahmen:
– Quotenregelungen: Mindestanteile für Frauen in Regie, Kamera und Produktion könnten die Gleichstellung fördern.
– Gezielte Förderprogramme: Finanzielle Unterstützung speziell für Filmprojekte mit weiblicher Beteiligung könnte strukturelle Benachteiligungen abbauen.
– Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Barrieren: Durch die Aufklärung über unbewusste Vorurteile und Ausschlussmechanismen könnte die Wahrnehmung weiblicher Filmschaffender verbessert werden.
– Flexible Arbeitsmodelle: Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie würden insbesondere Frauen zugutekommen (Hochfeld et al. 2017, 56).
Die Studie Gender und Film verdeutlicht, dass die deutsche Filmindustrie nach wie vor von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten geprägt ist. Während Frauen in einigen Bereichen Fortschritte erzielen, bleiben insbesondere technische und leitende Positionen männlich dominiert. Um eine gerechtere Filmbranche zu schaffen, sind strukturelle Veränderungen erforderlich, die über reine Bewusstseinsbildung hinausgehen und konkrete Fördermaßnahmen beinhalten.
Literatur
Hochfeld, Katharina, Karen Genz, Vivien Iffländer, und Elizabeth Prommer. *Gender und Film: Rahmenbedingungen und Ursachen der Geschlechterverteilung von Filmschaffenden in Schlüsselpositionen in Deutschland*. Berlin: Filmförderungsanstalt, 2017.