Als Kind darf man mit Kindern mit dem gleichen sowie dem anderen Geschlecht befreundet sein (Basow 1992, S. 203ff.). Sobald man in die Pubertät kommt, sieht die Realität anders aus. Eine Freundschaft mit einer Person des anderen Geschlechts soll sich zu einer romantischen Beziehung entwickeln. Diese Erwartungen werden beeinflusst von den Geschlechterrollen und Geschlechtsstereotypen, die es auf unserer Welt gibt, und haben einen Einfluss auf das Verhalten von Kindern zueinander. Was sind die Konsequenzen davon, dass Kinder schon im frühen Alter mit Geschlechtsstereotypen und Geschlechterrollen konfrontiert werden? Grundsätzlich gibt es mehr negative Konsequenzen für Männer als für Frauen. Trotzdem haben Frauen mit vielen negativen Konsequenzen zu kämpfen. Frauen werden so erzogen, dass ihnen besonders die Relevanz von Beziehungen mitgeteilt wird. Wie wichtig es ist empathisch, fürsorglich und verständnisvoll zu sein. Das kommt daher, dass sie sozusagen für die Rolle als Mutter erzogen werden. Ihre Identität wird in Bezug zu einer anderen Person entwickelt, und nicht alleine. Deswegen fällt es Frauen häufig schwer sich unabhängig, ehrgeizig und aggressiv zu zeigen. Bei Männern ist das genau umgekehrt. Ihre Identität wird am Selbst entwickelt und nicht im Bezug zu anderen Personen. Von ihnen wird erwartet, dass sie unabhängig, aggressiv und ehrgeizig sind. Diese Charakteristiken fördern die Rolle, die Männer laut Stereotypen haben, die des Geldverdieners. Die meisten Männer lernen nicht Beziehungen aufzubauen, und ihnen wird beigebracht ihre Emotionen zu verbergen. Das erschwert natürlich den Beziehungsaufbau weiter.
Wie zeigt sich das in Freundschaften?
Männer haben mehrere aber weniger tiefe Freundschaften mit dem gleichen Geschlecht als Frauen. Frauenfreundschaften sind enger, emotionaler und tiefer. Hier ist man sich uneinig, denn einige Studien sagen, dass die Freundschaft von Männern mit Männern und Frauen mit Frauen sich sehr ähnlich sind, besonders bei Universitätsstudierenden. Die Tiefe der freundschaftlichen Beziehungen hat mit dem Level der Intimität zu tun – bei beiden Geschlechtern. Personen, die klassisch „weibliche“ Persönlichkeitszüge haben, sind tendenziell weniger einsam und haben mehr innige Beziehungen mit anderen. Eine Freundschaft zwischen zwei Frauen hat verschiedene positive Charakteristiken, wie Vertrauen, Loyalität und Freude. Frauen kommunizieren regelmäßig miteinander, und besprechen tiefe emotionale Themen miteinander. Frauen finden ihre Freundschaften wichtig und unterstützend. Laut Studien ist das Ende einer Freundschaft zwischen zwei Frauen schmerzhafter für die Beteiligten als das Ende einer romantischen Beziehung. Frauen werden so erzogen, dass sie Gefühle zeigen können, und dadurch leichter Beziehungen zu anderen aufbauen. Allerdings fällt es ihnen schwer, negative Gefühle wie Wut oder Ärgernis zu zeigen. Deswegen verdecken sie diese Gefühle häufig in Freundschaften, was zu dem Ende einer Freundschaft führen kann. Es passiert oft, dass sich zwei Mädchen wegen einer dritten zerstreiten, und dann kurze Zeit später in einer Konstellation mit einem anderen Mädchen befreundet sind. Diese Erfahrungen könnten das Misstrauen, dass Frauen anderen Frauen manchmal gegenüber verspüren, auslösen. Im 19. Jahrhundert haben Frauen sich besonders stark gezeigt, dass sie sich mögen, durch emotionale Gespräche und Briefe. Am Anfang des 20. Jahrhundert änderte sich das schlagartig. Mit dem Aufkommen von Freuds Ideen über Sexualität und unbewusste Motivation gab es eine Veränderung. Eine Darbietung von emotionaler Bindung zu einer Person des gleichen Geschlechts wurde als unterdrückte homosexuelle Gefühle gesehen. Da Homosexualität damals weniger akzeptiert als heute war, hörten viele Frauen auf sich offen ihre Zuneigung zu zeigen. Männer traf dieses Taboo noch stärker als Frauen.
Wie sieht es bei Freundschaften zwischen zwei Männern aus? Im Jugendalter bauen die Beziehungen von Jungen mit anderen Jungen weniger auf Intimität und Sensitivität. Häufig fühlen sich Männern anderen Männern nahe, wenn sie beispielsweise einen sexistischen Witz teilen. Bei Freundschaften zwischen Männern geht es häufig um Gruppenbildung. Für Männer bedeutet Intimität etwas zusammen zu unternehmen oder über die Arbeit, Sport oder Politik zu sprechen. Für Frauen bedeutet Intimität jedoch über Gefühle und Sorgen zu sprechen. Männer haben unterschiedliche Freunde für eine jeweilige Aktivität. So haben sie einen Freund mit dem sie was trinken gehen, einen Freund mit dem sie arbeiten, einen mit dem sie Sport machen und so weiter. Frauen haben Freundinnen mit denen sie jeweils viele verschiedene Aktivitäten machen. Viele Männer haben keinen Freund mit dem sie tiefe Gefühle teilen können, und das führt dazu, dass sie häufiger einsam sind als Frauen. Das heißt aber nicht, dass Männer nicht zu Intimität fähig sind, es ergibt sich nur weniger häufig in Freundschaften. Wenn diese Gespräche doch stattfinden, verlaufen sie ähnlich wie jene zwischen zwei Frauen. Männer zeigen sich häufig nicht, dass sie sich gern haben, aus der Angst heraus als homosexuell bezeichnet zu werden. Deswegen treffen sich Männer häufiger als Freundesgruppe als zu zweit.
Das sind die Konsequenzen von Geschlechterrollen und Geschlechtsstereotypen auf Freundschaften.