Normalerweise wird ein Film von einem Vorspann und Abspann eingerahmt, welche das Publikum als On-boarding und Off-boarding in die filmische Welt nutzen. Während der Vorspann weitaus kreativer gestaltet ist, schwebt in den meisten Köpfen heutzutage, wenn sie das Wort Filmabspann hören, das Bild eines weißen Rolltexts auf schwarzem Hintergrund, der sich von unten nach oben durchs Bild bewegt. Doch so sah und sieht das Ende nicht immer aus (vgl. Schaudig 2003, S.182).
Historische Entwicklung
Die ausführlichen Abspannsequenzen, welche heute Industriestandard sind, sahen in den Anfängen der Filmindustrie noch ganz anderes aus. Trotzdem gab es beim Abspann weitaus weniger Veränderungen als beim Vorspann. Michael Schaudig nimmt als Beispiel die zwei produktionsaufwendigen Filme Ben Hur (1959) und Titanic (1997), welche beide mit elf Oscars geehrt worden sind. Während Ben Hurs Abspann 15 Sekunden andauert, spannt sich der Abspann von Titanic über sieben Minuten. Ihr Unterschied: Bei Titanic wird der gesamte Produktionskörper und -firmen im Rolltext genannt, unterdessen wird bei Ben Hur lediglich das Ende-Signet The End – A Metro-Goldywn–Mayer Productioneingeblendet (vgl. Schaudig 2003, S.182f).
Zwar war das Ende-Signet am Anfang der Kinematographie kein ein fixer Bestandteil, doch im Gegensatz zu heute, nicht ausgestorben. Ihre erste Anwendung fanden Ende-Signets bereits in der Ära der Jahrmarkt-, Wander- und Varieté-Vorstellungen. Damals wurden zusätzliche Informationen, wie das Ende-Signet, sowie „dass Damen während der Vorstellung Hüte abnehmen mögen oder dass man im Zuschauerraum zusammenrücken solle“ (Schaudig 2003, S.184), auf einem zweiten Projektor, der sogenannte Schriftprojektor, ausgestrahlt. Ebenso wurde dieser Diaprojekt genutzt, das Publikum beim Wechseln der Filmrollen zu unterhalten. Da die einzelnen Dias nicht an einen bestimmten Film gebunden waren, waren viele kunstvoll mit handgemalten Ornamenten bestückt. Bis in die 1940er Jahre verwendeten große Produktionsfirmen ihre standardisierten End-Standbilder (auch unter dem Namen single titlebekannt). Diese waren, wie bereits erwähnt, von Film zu Film gleich und beinhalteten das jeweilige Unternehmenslogo und den Schriftzug The End‚ Das Ende oder Finis (vgl. Schaudig 2003, S.183ff).
Mit der Auflösung des Studiosystems wurden die namentlichen Nennungen immer umfangreicher zu werden. Deshalb begann in den 1960er Jahren eine Verlagerung vieler Kreditierungen vom Vorspann in Form eines Rolltitels in den Nachspann. Inhaltlich werden nun nach Relevanz „die Rollen bzw. die Funktionen und Namen der Produktionsbeteiligten sowie die urheberrechtlichen Belege (Fremdfilmmaterial, Musikverwendung), die betriebswirtschaftlichen Konditionen (Koproduzenten, Finanzierungsfonds)“ (Schaudig 2003, S.182) aufgelistet. Zeitgleich mit dem Aufkommen des Rolltexts verschwand zunehmend das Ende-Signet (vgl. Schaudig 2003, S.182-185).
Varianten
Während das Ende-Signet einen definitiven und prägnanten Schluss bildete, welcher auch als die Schwelle von extra- und intradiegetischer Welt gesehen werden kann, haben sich im modernen Abspann mehrere Varianten und Nuance gebildet (vgl. Schaudig 2003, S.186f).
Das gängigste Modell ist der bereits erwähnte Rolltext mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund. Trotzdem wird dieser oftmals aufgebrochen, indem der Text zum Beispiel von oben nach unten durch das Bild fließt. Diese Variante ist für Zuschauer:innen ein langweiliger Prozess, was dazu führt, dass sie schon während des Nachspanns den Kinosaal verlassen (vgl. Schaudig 2003, S.190).
Innovative Endsequenzen sollen den Kinobesucher zum Bleiben animieren. In der Regel wird das durch kreative Mischformen erreicht. So werden Outtakes der Dreharbeiten neben den Rolltext integriert. Ein Beispiel dafür ist A Bug’s Life (1998) von Pixar. Hier hat die Animationsfirma eigens für den Nachspann amüsante Szenen und Pannen erstellt. Man sieht beispielsweise wie „der vermeintliche Tonmann sein Mikrophon aus Versehen beim Dreh‘ ins Bild hält (vgl. Möllers 2006, S.52).
In manchen Filmen wird der übliche Vorspann ans Ende verlagert. Dieser wird auch Main-on-End–Title genannt. Im Gegensatz zum Vorspann, der die Rezipienten ins Geschehen einführen soll, ist die Hauptaufgabe des Nachspanns, die Handlung noch einmal Revue passieren zu lassen und dies in einem finalen Statement zu verpacken. Ein Beispiel dazu wäre Iron Man (2008) (vgl. Braha, Bryne 2013, S.9). Trotzdem findet meistens in diesen Sequenzen eine Zweiteilung in Main-on-End-Title und Rolltext statt, da der Produktionsstab viel zu umfangreich ist, dass alles in einer Main-on-End-Title Sequenz dargestellt werden könnte ohne, dass sie unter mindestens 15 Minuten dauert. In manchen Filmreihen wird die Zweiteilung genutzt, um zwischen den zwei Teilen, den Zuschauer:innen noch Hinweise für den möglichen weiteren Verlauf des Nachfolgefilms zu bieten. Auch kann das nach dem Rolltext passieren. Vor allem die Marvel-Studios bedienen sich dieser Variante (vgl. Buhse 2014, S.18).
Abspann im Fernsehen
Im Fernsehen wird die Endsequenz oftmals stark gekürzt oder ganz weggelassen (vgl. Schaudig 2003, S.182). Das steht ganz im Sinne des Bestrebens des Fernsehens, nach endlosem Bildfluss. Bis Mitte der 1990er Jahren war zu Sendeschluss der öffentlichen-rechtlichen Sender in Deutschland ein Sendesignet zusehen. Doch dies wurde für ein Dauerübertragungsfluss ersetzt (vgl. Schaudig 2003, S. 192). Außerdem kostet das Abspielen von Serien- und Filmabspännen dem Fernsehen wertvolle Zeit, in welcher sie Werbung oder weiteres Programm abspielen könnten. Warum sollten sie auch, wenn bereits im Kino das Publikum kein Interesse am Rolltext hat und aus dem Vorstellungsraum gehen.
Fazit
Zurückkommend auf den Vergleich zwischen Ben Hur und Titanic kann man auch beim Abspann die Entwicklung der Filmbranche ablesen. Zu Zeiten des Studiobetriebs, fand man im Abspann lediglich ein Ende-Signet, welches dann vom typischen Rolltext ersetzt worden ist. Auch entwickelte sich in den letzten Jahren die kreativere Variante des Abspanns, nämlich die Main-on-the-End-Sequenz. Auch werden von Firmen wie Marvel der Abspann als Teaser für nachfolgende Filme verwendet. Dagegen hat sich das Ende-Signet fast vollkommen verabschiedet. Auch sieht man an der Stellung des Abspanns im Fernsehen, dass der Abspann im Vergleich zum Vorspann zweitrangig ist, da er oft im Fernsehen nicht mehr ausgestrahlt wird.
Quellenverzeichnis
Braha, Yael, Byrne, Bill: Creative Motion Graphic Titling for Film, Video, & the Web. Burlington: Focal Press, 2013
Buhse Eric: Der Vorspann als Bedeutungsträger – Zu einer zentralen Strategie zeitgenössicher Fernsehserien. Darmstadt: Büchner-Verlag, 2014
Möllers, Nadine: Das Main Title Design von Kinoproduktionen. Potsdam-Babelsberg: Grin Verlag, 2006
Schaudig, Michael: Das Ende vom «Ende». In: montage AV – Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, 12/2, 2003, S. 182-194