Ein Skript in 3 Schritten – IMPULS #6

Ein Skript für einen Dokumentarfilm zu schreiben, klingt erstmal komisch, da man ja nicht weiß was passieren wird. Es ist jedoch trotzdem sinnvoll, um eine Geschichte zu erzählen, und nicht einfach nur Szenen in der Post Production aneinander zu schneiden. Ich stehe kurz vor meinem eigenen Dokumentarfilm, und möchte natürlich wissen, wie schreibt man so ein Skript? Deswegen habe ich mir ein YouTube-Video von Luc Forsyth angeschaut, in dem genau das erklärt wird.

Was soll das Skript genau sein? „A rough guide that can change as you go but that keeps you on track“, so Luc Forsyth. Der YouTuber teilt das Skript-Schreiben in drei Schritte ein.

Step 1: Definieren

In diesem Schritt definiert man die Geschichte des Dokumentarfilms. Man beantwortet folgende Fragen: Was? Wie? Warum? Es wird in einem oder zwei Sätzen der Kern der Geschichte definiert.

Luc Forsyth sagt, dass wenn du den Kern nicht in ein oder zwei Sätze herunter brechen kannst, hast du zwar ein Thema, aber keine Geschichte.

Step 2: Szenen und Momente

Im zweiten Schritt werden einzelne, mögliche Szenen und Momente gesucht, die man beim Filmen kriegen will. Wo werden die Charaktere gezeigt? Was wird der Grund sein, warum die Charaktere etwas machen? Was ist der Konflikt? Was ist ein wahrscheinliches Ende? Wer und wie wird dein Charakter sein, wenn alles vorbei ist?

Man kann das nicht alles voraussagen, und wenn etwas in eine andere Richtung geht kann man es anpassen, aber es ist gut es im Vorhinein geplant zu haben.

Hier verwendet man „The Hero’s Journey„. Ein Beispiel für eine „Hero’s Journey“ von einer Sportlerin wäre folgende: Den Character zeigen, wie sie sich Bilder von sich als Kind anschaut (Anfang), den Moment, wo sie entscheidet die Reise weiterzugehen (Sie erinnert sich zurück an den ersten Pokal als Kind, das erste Tor, ein Versprechen an die Großeltern bevor sie gestorben sind) (Drehpunkt), was für Hindernisse unser Character überkommen muss (zb. Sportverletzungen, Sexismus…) (Mitte) und ein Interview nach dem man gewonnen hat (Ende).

Step 3: Änderungen

Das Skript muss flexibel sein, denn es kann immer etwas dazwischen kommen. Es ist wichtig, dass man das Skript anpasst, falls sich etwas im Leben des Charakters ändert.

Das waren die drei Schritte, um ein Skript für einen Dokumentarfilm zu schreiben. In einem weiteren Blogartikel werde ich diese auf meinen Dokumentarfilm anwenden.

Was ist ein Dokumentarfilm?

Ein Werk, dass die Dokumentarfilmtheorie geprägt hat, ist John Grierson’s “First Principles of Documentary” (1932-34).1 Grierson hat erstmalig das Wort “Documentary” auf Filme übertragen.2 In seinem Text beschreibt er, dass zuerst alle Filme die mit Elementen aus der natürlichen Welt gemacht worden sind, in die Kategorie “Documentary” gefallen sind.3 Die Verwendung von diesen Elementen war die wichtige Unterscheidung.4 Es wurde nicht unterschieden, ob es sich um ein Newsreel, einen Bildungsfilm oder einen wissenschaftlicher Film handelte.5 Laut Grierson gibt es weitere Ebenen zu einem Dokumentarfilm als die Verwendung von Elementen aus der natürlichen Welt.6 Er geht davon aus, dass hinter dem Filmen aus der echten Welt eine neue Kunstform steckt.7 “Documentary would photograph the living scene and the living story.”, so Grierson.8 Des Weiteren geht er von der Annahme aus, dass der wirkliche Protagonist ein:e bessere:r Begleiter:in durch den Film ist als ein:e Schauspieler:in.9 Zusätzlich beschreibt Grierson, dass das Material und die Geschichten, die durch diese Filme entstehen, echter sind und stärker eine Intimität hervorrufen als etwas das geschauspielert wird.10 Außerdem gibt der Dokumentarfilm eine Chance kreativ zu arbeiten.11 Das funktioniert nicht ohne Beeinflussung. “You photograph the natural life, but you also, by your juxtaposition of detail, create an interpretation of it.”12 Was sind die Merkmale, die einem Dokumentarfilm zugeordnet werden.

Merkmale eines Dokumentarfilms

Die Merkmale, die einen Dokumentarfilm ausmachen, können in folgende Kategorien eingeteilt werden: a.) Inhalte und Ideologien, b.) Ziele, Blickwinkel und Herangehensweisen, c.) Formen, d.) Methoden und Techniken sowie e.) das was der Dokumentarfilm den Zuschauenden bietet.13 Teil hiervon sind die Handlungen, die durch den Film hervorgerufen werden.14 

Im Hinblick auf die Inhalte des Dokumentarfilms lässt sich sagen, dass sich der Film seit geraumer Zeit nicht nach der Gefühlslage des Menschen oder seiner zwischenmenschlicher Beziehungen richtet.15 Viel mehr geht es um spezifische, tatsächliche und öffentliche Themen.16 Die gezeigten Probleme, Menschen, Prozesse, Orte und Events sind wahr und zeitgenössisch.17 Spricht man von Zielen, Blickwinkel und Herangehensweisen wird ausgedrückt was die Filmschaffenden mit ihrem Film aussagen wollen.18 Es werden unterschiedliche Phenomena aufgenommen, um das Publikum über diese zu informieren.19 Das kann von Menschen, über Events, bis hin zu Orten, Institutionen und Problemen reichen.20 Die Motivation dahinter ist es, das Publikum zu informieren, ihr Interesse in das Thema zu steigern, Sympathien für die abgebildeten Personen zu steigern sowie zu einer gewissen Handlung anzuregen.21 Die Kategorie “Formen” inkludiert den Entwicklungsprozess des Films, von der Auswahl der Bilder und Sounds bis hin zur künstlerischen Vision und den Strukturen, in die sie passen sollen.22 Ein Dokumentarfilm hat seine Wurzeln immer in der Realität.23 Dabei ist es nicht relevant, ob der Dokumentarfilm ein festgelegtes Skript hat oder spontan aufgenommen wird.24 Dokumentarfilmmacher:innen erfinden keine Inhalte und entwickeln keine Handlung aus ihrer Fantasie.25 Im Unterschied zu Filmemacher:innen, die fiktionale Filme produzieren, verwenden sie keine Charakter-Entwicklung oder Handlungsentwicklung.26 Methoden und Techniken beziehen sich auf die Art wie Bilder und Sounds aufgenommen werden, und wie alles in der Post-Production zusammen kommt.27 Es werden keine Schauspieler:innen sondern “normale” Menschen verwendet.28 Zusätzlich wird direkt vor Ort gefilmt, und meistens nicht im Studio oder auf einem Set.29 Als Licht wird das genützt, das es bereits vor Ort gibt. Außer es braucht zusätzliches Licht, um die Personen ausreichend auszuleuchten.30 Durch Dokumentarfilme erhoffen sich Filmmachende, dass die Zuschauenden ein visuell ansprechendes Erlebnis haben.31 Die Filmmachende wünschen sich zusätzlich, dass ihr Film einen Einfluss auf die Einstellung der Rezipient:innen zu dem behandelten Thema hat.32 Möglicherweise führt das zu einer Handlung auf der Seite der Zuschauenden.33 Diese Kategorien geben einen Überblick darüber, was einen Dokumentarfilm ausmacht.

  1. Vgl. Corner 1996, S. 11. ↩︎
  2. Vgl. Eitzen 1998, S. 13. ↩︎
  3. Vgl. Grierson 1932-34, S. 145. ↩︎
  4. Vgl. Grierson 1932-34, S. 145. ↩︎
  5. Vgl. Grierson 1932-34, S. 145. ↩︎
  6. Vgl. Grierson 1932-34, S. 146. ↩︎
  7. Vgl. Grierson 1932-34, S. 146. ↩︎
  8. Vgl. Grierson 1932-34, S. 147. ↩︎
  9. Vgl. Grierson 1932-34, S. 147. ↩︎
  10. Vgl. Grierson 1932-34, S. 147. ↩︎
  11. Vgl. Grierson 1932-34, S. 147. ↩︎
  12. Vgl. Grierson 1932-34, S. 148. ↩︎
  13. Vgl. McLane 2012, S. 1. ↩︎
  14. Vgl. McLane 2012, S. 1. ↩︎
  15. Vgl. McLane 2012, S. 1. ↩︎
  16. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  17. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  18. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  19. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  20. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  21. Vgl. McLane 2012, S. 2. ↩︎
  22. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  23. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  24. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  25. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  26. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  27. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  28. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  29. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  30. Vgl. McLane 2012, S. 3. ↩︎
  31. Vgl. McLane 2012, S. 4. ↩︎
  32. Vgl. McLane 2012, S. 4. ↩︎
  33. Vgl. McLane 2012, S. 4. ↩︎