Blog 10: Finden der eigenen Haltung

Das Buch „Anbieten ohne Anbiedern – Selbstmarketing für Kreative“ von Alina Gause möchte ich allen meinen Studienkolleg*innen ans Herz legen. Schon das Vorwort hat mich gefesselt. Es gehört unbedingt auf die Leseliste von Studierenden, besonders, wenn sie kurz vorm Abschluss stehen. Das Buch machte mir bewusst, was mich wirklich zurückhält mich selbst sichtbar zu machen und warum ich nach kurzen Motivationsschüben mich immer wieder zurückziehe. Wer weiß – vielleicht hilft es mir bzw. uns sogar aus dieser Spirale raus.

Für Künstler*innen ist es nicht einfach sich mit einer selbstführsorglichen, strategischen und langfristig durchdachten Haltung zu identifizieren. Das liegt laut Gause daran, dass kreative Menschen lieber aus einem Gefühl heraus und spontan handeln. Als zweiten Grund nennt sie die überdurchschnittlich hohe Motivation, die dazu führen kann, dass der Überblick verloren wird. Zusätzlich durchlaufen Künstler*innen ihre Ausbildungszeit oft im passiven Modus. Schon beim Aufnahmeverfahren wird das Individuum unter vielen ausgewählt, quasi entdeckt und im Anschluss gefördert. Es dreht sich die ganze Ausbildung um die künstlerischen Fähigkeiten, nicht aber um die Selbstvermarktung. Das Studium kann, ohne für sich zu werben, abgeschlossen werden. Laut der Autorin ist es kein guter Weg auf das Entdeckt werden zu warten. Spätestens nach dem Abschluss wird klar: Wer entdeckt werden will und sich passiv verhält, wird sich am Arbeitsmarkt schwertun.1

„Leider wird jungen Talenten manchmal vorgegaukelt, dass es wirksam ist: ‚Ich sah ihn und spürte gleich, dass er das gewisse Etwas hat.‘ ‚Mir fiel zufällig ihr Demo in die Hände und ich rief sofort das Management an.‘ ‚Sie wollte nur ihre Freundin zu dem Casting begleiten – am Ende bekam sie dann die Rolle.‘ ‚Er hat das auf YouTube hochgeladen und dann ging es viral!‘ Geschichten wie diese werden erzählt und medial verbreitet, weil wir Geschichten lieben.“ 2

Gause zufolge sind besonders kreative Menschen sehr empfänglich für Geschichten und sie passen zur Sehnsucht endlich entdeckt zu werden. Ziel ist es, als kreative Person, die eigene Geschichte mit der Welt zu teilen und dem eigenen Marketing selbstbestimmt entgegenzutreten. Als ersten Schritt in Richtung eigener Haltung gilt daher zu klären, ob man in diesem passiven Modus ist.3

Das Konzept der Heldenreise als Methode

Das Thema Selbstmarketing kann mühsam sein und es gibt unzählige Gründe es nicht anzugehen. Auf der anderen Seite gibt es jedoch mindestens genauso viele Gründe, die dafürsprechen, Selbstmarketing in die Hand zu nehmen. Gründe die uns zurückhalten sind laut der Autorin oft tiefgreifend und stärker als die Gründe, die unsere Motivation steigern. In ihr Coaching arbeitet Gause gerne mit dem Konzept der Heldenreise. (zitiert Campbell 1994 und Vogler 1998) Drehbuchautor*innen ist dieses Konzept bestimmt ein Begriff. Das Schema der Heldenreise beschreibt ein Konstrukt, dass so gut wie jeder Geschichte zugrunde liegt. Die Held*innen verlassen, einem Ruf folgend, ihre bekannte Welt und machen sich auf ins Unbekannte. Erste Widerstände werden überwunden, bis es schließlich zur Prüfung kommt. Durch die Prüfung erlangen die Held*innen Zugriff auf ihr Elixier. Das Elixier muss die Rückkehr nach Hause unversehrt bleiben. Am Ende der Geschichte wird das Neue mit dem Alten in Verbindung gebracht. So entstehen Meister*innen zweier Welten.4

Für Kunstschaffende ist es ein Aufbruch ins Unbekannte, sich mit Selbstmarketing zu befassen. Daher lässt sich dieser Prozess gut mit der Heldenreise vergleichen. Der Ruf könnte durch Unzufriedenheit, ausbleibenden Aufträgen oder der Erkenntnis kommen, dass Selbstmarketing notwendig ist, um an Sichtbarkeit zu gelangen. Auf diese Rufe des Marktes folgen Vermeidungszirkel: „Zuerst einmal üben und die eigenen Fähigkeiten verbessern, dann widme ich mich dem Selbstmarketing.“ Das Individuum befindet sich vor der „ersten Überwindung“. Hier treffen Mentor*innen auf den Weg des auf die Reise gehenden Individuum. Laut Gause können das Freund*innen, Partner*innen, Dozent*innen oder Coaches sein. Mentor*innen wollen das Individuum dazu bewegen sich selbstbestimmt zu präsentieren. Zu diesem Zeitpunkt befindet man sich am Beispiel der Heldenreise am Weg zur Prüfung. Der unangenehmste Teil liegt also vor uns. Mentor*innen sind nun gefordert dem Individuum eine realistische Darstellung des Bevorstehenden zu liefern und es dazu zu motivieren den Weg trotzdem weiterzugehen. Gause fragt an dieser Stelle gerne nach dem Elixier der Personen. Ein bisschen mehr Aufträge zu bekommen, den eigenen Namen etwas bekannter zu machen oder mehr Geld zu verdienen, sind laut Gause keine Voraussetzungen, die einem nachhaltig weiterhelfen auf der Heldenreise nicht umzukehren. Die Person ist noch nicht in der Verfassung sich mit dem Ungeheuer anzulegen. Das Ungeheuer könnte beispielsweise schlechtes Feedback. Das eigentliche Ziel muss so stark sein, dass man Konfrontation mit den eigenen Schwächen, Ängsten und Scham standhält. Ohne ein starkes Ziel wird das Bedürfnis nach Rückzug schnell laut und die bekannte Welt siegt. Um den Ruf folgen zu können ist also wichtig, das eigene Ziel klar vor Augen zu haben.5

1 vgl. Gause 2021, S.13f

2 Gause 2021, S.14

3 vgl. Gause 2021, S.14

4 vgl. Gause 2021, S.15

5 vgl. Gause 2021, S.15ff

Lieske, Alina. Anbieten Ohne Anbiedern – Selbstmarketing Für Kreative: Ein Psychologischer Ratgeber. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg, 2021.

Blog 9: Selbstmarketing braucht ein ganzheitliches Verständnis

Laut Gause gibt es nicht die eine Anleitung, um Selbstmarketing zu beherrschen. Viele Kreativschaffende wünschen sich das richtige Werkzeug und hoffen darauf, dass Selbstmarketing dann eine einfache Angelegenheit ist. Die Autorin macht kein Geheimnis daraus, dass sie nichts von simplifizierten Ansätzen hält. Selbstmarketing ist ein komplizierter Sachverhalt, der ein ganzheitliches Verständnis braucht. Außerdem festigen vereinfachende Ansätze viele Klischees, die Kunstschaffenden schaden und ihre Arbeit nicht wertschätzen.1

„Keine Berufsgruppe wird gleichzeitig so verachtet und überhöht. Auf der einen Seite belächelt man sie mehr oder weniger liebevoll als Spinner, die ihr Leben einer zweifelhaften Selbstverwirklichung widmen, die für die Welt vollkommen nutzlos ist und daher auch nicht zwingend angemessen bezahlt werden muss. Auf der anderen Seite können sie über alle Maße verehrt, beneidet und begünstigt werden (und dementsprechend horrende Gagen einfordern).“ 2

Laut der Autorin fehlt es an einer gerechten Einschätzung der Arbeit und Leistung von kreativschaffenden Berufsgruppen. Würde ihr Beitrag auf mehr Wertschätzung stoßen, würden Kreativschaffenden ihre Leistung selbst mehr schätzen. Gause meint, dass sich Künstler*innen seit jeher mit gesellschaftlichen Veränderungen beschäftigen und vielen Menschen einen Schritt voraus sind.3

Warum keine 10-Schritte-Anleitung zum erfolgreichen Selbstmarketing?

„Kreativen etwas in der Art in die Hand zu drücken, käme mir vor, als würde ich ihnen ein Kuchenrezept geben, aber auf die Frage: „Ich habe gar keinen Strom – was nun?“ mit den Achseln zucken und entgegnen: „Das ist nicht mein Problem. Ich habe Ihnen alles gesagt, was Sie wissen müssen.“ Aus meiner Sicht geht es für Künstler und Künstlerinnen beim Thema Selbstmarketing aber ausschließlich um die Frage nach dem Strom.“ 4

Gause sieht solche Anleitungen als unseriös. Es geht nicht darum, mit kreativen Personen darüber zu sprechen, ob es getan werden muss oder was genau gemacht werden muss. Viele Bücher, Beratungen und Veranstaltungen setzten laut der Autorin nur am „ob oder was“ an. Gause zufolge können selbst gute Inhalte die gegenteilige Wirkung hervorrufen. Selbstzweifel wie die Angst das nicht mehr aufholen zu können oder nicht für den Beruf geeignet zu sein können aufkommen. Selbst wenn einem gleich danach die Motivation packt, hält sie in der Regel nur für einige Minuten oder Wochen an. Laut Gause mündet diese Motivation häufig in eine Selbstwert- und Sinnkrise. Das nimmt so dramatische Ausmaße an, weil das zu verkaufende Produkt eng mit dem Geist, dem Körper und der Seeler des Kreativschaffenden verbunden ist. Es kann zerstörend sein, wenn sich das Produkt nicht verkaufen lässt. Laut Gause mangelt es kreativen Menschen oft an psychologischem Wissen. Sie wissen nicht, wie sie sich selbst motivieren und sich nicht daran hindern ihre Werke mit der Welt zu teilen.5

Nicht ob Selbstmarketing sinnvoll ist oder was die richtigen Tools sind, ist also die Frage, die im Vordergrund steht, sondern wie man es der eigenen Persönlichkeit entsprechend gestaltet und damit garantiert, dass es tatsächlich stattfindet. 6

Die innere Haltung

Die eigene innere Haltung ist vor allem bei kreativen Menschen ausschlaggebend. Es fühlt sich an, als würde man eingeschalten werden, wenn der eigene Zugang zur kreativen Quelle gefunden ist. Wird jedoch gegen die eigene Überzeugung gearbeitet, fühlt es sich laut der Autorin an, als würde der Stecker gezogen werden. Für sich selbst oder die eigene Kunst zu werben, kann eine Qual sein oder aber Spaß machen und sich natürlich anfühlen. Sich über die eigene innere Haltung bewusst zu werden ist der erste Schritt, um die Tortur in Spaß zu verwandeln. Das braucht Zeit, um im Gedanken erarbeitet und in weiterer Folge in die Tat umgesetzt zu werden.7

„Ins Tun kommen“

Gause betont, wie wichtig es ist, nachdem die innere Haltung gefunden wurde, ins schlichte Tun zu kommen. Selbstmarketing kann für kreative Menschen mit viel Anstrengung verbunden sein. Daher ermahnt die Autorin nur Zeit und Energie in Strategien zu investieren, die der eigenen Haltung entsprechen. Die Zielgruppe wird mit Mitteln angesprochen, die mit der eigenen Persönlichkeit zusammenpassen.8

Sichtbarsein

Ist die eigene Haltung definiert und die kreativschaffende Person ist ins Tun gekommen, wird sie ganz von selbst sichtbar. Für viele ist das Sichtbarsein die größte Hürde. Selbstmarketing erfordert es, die eigene Komfortzone zu verlassen. Wie mit der Sichtbarkeit umgegangen wird, ist von grundlegender Bedeutung. Nur wer damit einverstanden ist sichtbar zu sein, kann langfristig an diesem Vorgehen festhalten.9

Das Geheimnis erfolgreichen Selbstmarketings hat man dann gelüftet, wenn man sich dort, wo man sich zeigt, willkommen fühlt. 10

1 vgl. Gause 2021, S.5

2 Gause 2021, S.5f

3 vgl. Gause 2021, S.6

4 Gause 2021, S.6f

vgl. Gause 2021, S.7f

6 Gause 2021, S.8

7 vgl. Gause 2021, S.9f

vgl. Gause 2021, S.10

vgl. Gause 2021, S.10f

10 Gause 2021, S.11

Lieske, Alina. Anbieten Ohne Anbiedern – Selbstmarketing Für Kreative: Ein Psychologischer Ratgeber. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg, 2021.

Selbstmarketing

In diesem Blog schreibe ich erstmals über Inhalte aus dem Buch „Anbieten ohne Anbiedern – Selbstmarketing für Kreative“ von Alina Gause. Alina Gause spricht in ihrem psychologischen Ratgeber über Selbstmarketing. Sie ist darstellenden Künstlerin. Über dreißig Jahre war sie als Schauspielerin und Sängerin berufstätig und absolvierte ein Psychologiestudium. Seit 2009 ist sie als Beraterin für Künster*innen tätig. Durch ihre einzigartige Biografie gibt sie einem einen neuen Blick auf die Selbstpräsentation von Selbstständigen Personen in der Kreativbranche. Schon nach dem Vorwort war ich von Gauses Werk fasziniert. Das Buch hat einen angenehmen Schreibstil, ist gut verständlich und trotzdem wissenschaftlich. 

Alina Gause spricht kreativen Personen eine hohe „affektive Schwingungsfähigkeit“ zu.1

Laut dem Arzt und Wissenschaftler Univ. Prof. Dr. med. Lukas A. Huber ist damit die Fähigkeit eines Individuums gemeint, ihre Stimmung und ihre Gefühle zu verändern und so auf Situationen zu reagieren.2

Gause macht diese hohe affektive Schwingungsfähigkeit neben positiven Effekten auch für Selbstsabotagen verantwortlich. Das Individuum stellt sich selbst in den Weg und entfaltet nicht sein volles Potenzial. Häufig tritt dieses Phänomen auf, wenn es um Selbstmarketing geht. Um auf Selbstmarketing einzugehen ist wichtig zu berücksichtigen, in welcher Beziehung kreative Personen zu dieser Thematik stehen.

„Selbstmarketing ist eng verbunden mit allen anderen Aspekten im Leben eines Künstlers oder einer Künstlerin. Man könnte sagen: Ohne Selbst kein Marketing.“4

„Ohne Selbst kein Marketing.“

Um eine eigene Marketingstrategie aufzubauen ist es wichtig beim Fundament anzufangen. Mit dem Schornstein zu beginnen ist laut Gauses Metapher nicht sinnvoll. Die persönliche Einstellung zum Selbstmarketing herauszufinden, bildet die Grundlage. Widerstände werden sichtbar gemacht und eine Grundhaltung entwickelt sich. Laut Gause braucht es eine stabile Grundhaltung, die einem selbst zum „partner in crime“ macht. Laut Alina Gause gibt es Strategien und Regeln, die einem zum persönlichen Erfolg verhelfen.5

Was ist Selbstmarketing?

Selbstmarketing bedeute laut Gause, dass man sich selbst und seine Kunst mit der Welt teilt und sie anbietet.

Der Einblicke in die Arbeits- und Lebensbedingungen in dieser Branche sind ausschlaggebend dafür, welches Marketing sinnvoll ist. Gause spricht von vielen positiven Entwicklungen in der Kreativbranche, seit sie 1985 in diese eingestiegen ist. Als positive Punkte nennt sie die bessere Vergütung für Musicalsänger*innen, das Vorhandensein von Intimacy-Coaches an Filmset und das Internet. Letzteres schafft eine Plattform für Künster*innen, um sich sichtbar zu machen und ihre Produkte zu verkaufen, ohne Konzerne dahinter. Viele Dinge stagnieren allerdings immer noch. Laut Gause können Kunstschaffende nur selten von ihren Einkünften leben. Außerdem sind sie besonders bedroht von Altersarmut. Erschöpfung und Labilität, was eigentlich Folgen von Überlastung sind, werden als Bestandteil des Künster*innenlebens gesehen. Demnach wird nicht gegen diese vorgegangen. Im Hochleistungssport bekommen Athlet*innen ein kompetentes Team zur Verfügung gestellt. Dadurch wird der Erfolg und die Leistung der Athlet*innen perfektioniert. Kreativschaffende müssen selbst ihr Team sein oder aus eigener Hand eines zusammenstellen. Strategisches Denken und Selbstfürsorge sind dabei von großer Bedeutung.7

Das Konzept der drei Persönlichkeitsanteile Kreativer

Kreative Menschen bringen laut Gause ein persönliches Kernteam mit. Es besteht aus der Privatperson, dem Künstler-Ich und der dritten Person. Sind Szenarien weder klar dem privaten noch dem künstlerischen Bereich zuzuordnen, schaltet sich die dritte Person ein. Laut Gause zählen dazu alle Themen, die sich um Selbstmarketing drehen. Als Beispiel wird eine Geburtstagsfeier genannt, auf welcher sich den Sitznachbar als potenzieller Kunde entpuppt. In diesem Moment verabschiedet sich die Privatperson und die dritte Person übernimmt. Dem Konzept der drei Persönlichkeitsanteile Kreativer zufolge, aktiviert jeder Persönlichkeitsanteil, andere Kompetenzen und Bewusstheitszustände. Für erfolgreiches Selbstmarketing ist es wichtig die Stärken und Schwächen der drei Personen zu kennen und mühelos zwischen ihnen wechseln zu können, ohne dabei Verunsicherung zu erfahren.8

Die dritte Person macht den meisten Kreativen Probleme. Dieser Persönlichkeitsanteil lässt Personen Hilflosigkeit, Ohnmacht und Inkompetenz spüren. Wird von der Privatperson zur dritten Person gewechselt, verliert das Individuum innerhalb von Sekunden Zugriff auf Kompetenzen, die ihnen sonst zu einer guten Kommunikation verhelfen. Dazu zählen beispielsweise Humor, Charme und Überzeugungskraft. Für Gause ist es nachvollziehbar, warum die dritte Person oft die Schwachstelle ist.9

„Kreative werden in der Regel nicht Künstler und Künstlerinnen, weil sie es lieben zu verkaufen.“10

Die dritte Person wird daher vernachlässigt und nicht vorbereitet. Sie wird von nicht mit notwendigem Wissen versorgt. Die dritte Person ist es, die sich dann mit Klagen rächt. Vorwürfe wie: „Das war peinlich!“, oder „Das Leben ist ungerecht“, sind einige Beispiel, die angeführt werden können.11

1 vgl. Gause 2021, S.VIII

2 vgl. Huber 2023

3 vgl. Gause 2021, S.VIII

4 Gause 2021, S. VIII

5 vgl. Gause 2021, S.VIIIf

6 vgl Gause 2021, S.IX

7 vgl. Gause 2021, S.2

8 vgl. Gause 2021, S.2f

9 vgl. Gause 2021, S.4

10 Gause 2021, S.4

Lieske, Alina. Anbieten Ohne Anbiedern – Selbstmarketing Für Kreative: Ein Psychologischer Ratgeber. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg, 2021.

Huber Lukas A. (2023): Affektive Schwingungsfähigkeit. In: balumed, https://balumed.com/medizinlexikon/affektive-schwingungsfaehigkeit (zuletzt aufgerufen am 30.01.2025)

Impuls 8: Dokumentation: „Karrierekiller Kind – will ich Mutter sein oder Chefin?“

Karriere und Kind zu vereinbaren ist nicht einfach. Das zeigt die Dokumentation am Beispiel der Universitätsklinik Mainz. Die Dokumentation gab mir wichtige Impulse für meine Masterarbeit. Wieder kommen mir Themen wie die feministische Wirtschaftstheorie und unternehmerische Identität in den Sinn. Des Weiteren setzt die Dokumentation den Impuls über strukturelle Barrieren, den Gender-Gap in Führungspositionen und die Vereinbarkeit mit Familie nachzudenken. Im Film wurde auch thematisiert, wie wichtig weibliche Vorbilder sind, die Modelle vorleben. Auch in der Kreativbranche sind diese Vorbilder, vor allem für junge Frauen wichtig.

Care-Arbeit unter Partner*innen Aufteilen

Eine Ärztin erwählte positive Beispiele aus Finnland. Als sie dort war, fiel ihr auf, dass viele Frauen in Führungspositionen sind. Die Frauen sagte, dass sie nicht über Jahre ausgefallen sind, um Kinder zu bekommen, sondern dass sie sich die Care-Arbeit mit den Vätern geteilt haben. Dieses Modell zeigt, dass partnerschaftliche Aufteilung nicht nur die Karrierechancen von Frauen fördert, sondern auch eine langfristige Balance zwischen Beruf und Familie ermöglichen kann.

Doppelbesetzungen von Führungspositionen

Als weiteres Positivbeispiel wurde von Doppelbesetzungen gesprochen. Führungspositionen werden demnach von zwei Personen besetzt. Das könnte auch in der Selbstständigkeit funktionieren. Auch in der Film- und Fotografiebranche könnte das ein Weg sein das eigene Unternehmen voranzubringen. Wenn jedes Wochenende eine Hochzeit stattfindet, die fotografiert werden muss, kann sich zumindest abgewechselt werden. Eine Person hätte dann jedes zweite Wochenende Zeit für Freizeit und Familie. Das Zusammenarbeiten bringt außerdem mehr Flexibilität mit sich. Die Chance, dass eine von zwei Personen Zeit hat, ist definitiv höher. Gerade in der Kreativbranche, wo unvorhersehbare Aufträge und kurzfristige Einsätze keine Seltenheit sind, könnten solche Modelle sowohl die Lebensqualität als auch die Effizienz steigern.

Aus der Dokumentation geht hervor, dass es innovative Ansätze und gesellschaftliche Veränderungen braucht, um Frauen auf nachhaltige Weise bei der beruflichen und familiären Vereinbarkeit zu helfen. Die positiven Beispiele aus Finnland und das Konzept der Doppelbesetzung zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, traditionelle Strukturen aufzubrechen und neue Perspektiven zu entwickeln, auch in Bereichen wie der Kreativwirtschaft.

IMPULS 7: Buch „Was wollt ihr denn noch alles“

Die Autorin Alexandre Zykunov spricht in ihrem Buch „Was wollt ihr denn noch alles“ über Lebensbereiche von Frauen, in welchen sie Benachteiligung erfahren. Das Buch kann ich wirklich empfehlen. Es liefert zwar erschreckende Zahlen und Statistiken, liest sich aber wie ein Roman. Das Buch ist für meine Masterarbeit relevant, da es sich auf eine Vielzahl an Statistiken und Studien bezieht, die alle im Quellenverzeichnis vorliegen.

Alexandra Zykunov dachte lange Zeit, dass Frauen und Männer schon längst gleichberechtigt seien. Das dem nicht so ist wurde ihr erst klar, als sie selbst Kinder bekam. Sie stellte fest, dass besonders Mütter immer noch mit Geschlechterungleichheit zu kämpfen haben. In einem Interview mit dem NDR sagt sie, dass 63 Prozent der Frauen in Deutschland, weniger als 1000 € netto verdienen. Das die Hälfte der Weltbevölkerung diskriminiert wird, wird laut Zykunov besonders deutlich, wenn der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern beleuchtet wird. In Deutschland ist der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern mit 18 Prozent sehr hoch. Wird von einem durchschnittlichen Lohn von 3200 € ausgegangen, sind das pro Monat 585 € weniger am Konto. Generell haben Frauen eine geringere Beteiligung am Arbeitsmarkt.1

Der Thomas-Kreislauf

„Die AllBright Stiftung hat festgestellt, dass es in den höher gelegenen börsendotieren Unternehmen in der Managementetage mehr Männer mit dem Namen Thomas gab als überhaupt Frauen. Das nennen sie den Thomas-Kreislauf. Also ein Thomas stellt einen Thomas ein, stellt einen Thomas ein, stellt einen Thomas ein. Jetzt könnte man sagen: Juhu! Der Thomas-Kreislauf wurde im letzten Jahr endlich abgelöst. Man würde denken ‚Ja, haben es vielleicht doch mehr Frauen geschafft in diesen Vorstand?!‘ Nein. Der Thomas-Kreislauf ist jetzt nämlich abgelöst worden vom Christian-Kreislauf“, so Alexandra Zykunov im Interview mit dem NDR.2

Frauen werden außerdem seltener eingestellt. Laut der Autorin wird die Schuld dann häufig bei den Frauen gesucht. Sie sollen doch selbstbewusster auftreten und besser verhandeln – wie Männer eben. Studien haben allerdings gezeigt, dass Frauen die selbstbewusst verhandeln und sich durchkämpfen, von Personaler*innen unterbewusst aussortiert werden.3

„Ich finde es hochgradig unfair, dass wir einerseits von Frauen und weiblich gelesenen Personen verlangen, dass sie sich kümmern, dass sie ihre Stunden reduzieren, dass sie die Care-Arbeit machen für Alte, für Kranke, für Kinder. Und sie ist auch sehr, sehr wichtig, denn ohne Care-Arbeit würden wir nicht funktionieren. Babys würden sterben, Alte würden sterben. Ohne Care-Arbeit würde unsere Zivilisation im Grunde zusammenbrechen. Und wir wissen, die Frauen werden sich dadurch in finanzielle Altersarmut manövrieren“, sagt die Autorin im Interview.4

Das Thema Care-Arbeit wird im Buch von Alexandra Zykunov thematisiert. Es zeigte mir, wie wichtig dieses Thema ist, auch in Bezug auf meine Masterarbeit. In vielen Forschungen wird nur auf die Umstände in Arbeitsverhältnissen eingegangen. In meiner Masterarbeit möchte ich erforschen, wie sich dieses Ungleichgewicht auf Frauen in der Selbstständigkeit auswirkt. Sind dort auch diese Geschlechterunterschiede sichtbar? Verdienen Unternehmerinnen so viel weniger als Unternehmer in derselben Branche?

1 vgl. NDR (2024)

2 ebd

3 ebd

4 ebd

Literaturverzeichnis:

NDR (06.03.2024): Gleichberechtigung: „Was wollt ihr denn noch alles?!“ In: NDR Kultur, https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Gleichberechtigung-Nein-Was-wollt-ihr-denn-noch-alles,nochalles100.html (zuletzt aufgerufen am 27.01.2025)

Impuls 6: Film „Mutter“

Der Film „Mutter“ von Autorin und Regisseurin Carolin Schmitz beschäftigt sich mit der Rolle der Frau als Mutter in unserer Gesellschaft. Der Film ist eine Mischform zwischen Drama und Dokumentarfilm. Anke Engelke gibt acht Frauen ein Gesicht, die im Playback durch sie sprechen. Die Erlebnisse der einzelnen Frauen verschmelzen so durch Engelke zu einer Einheit. Das traditionelle Rollenbild der Frau als Mutter wird durch diesen Film aufgebrochen. Es geht nicht nur um das viel beschriebene und romantisierte Mutterglück, sondern um Mutterfrust, Fragen und Probleme. Die Hauptrolle nimmt uns in ihren Alltag mit. Anke Engelke wird beim Essen, beim Baden, Kaninchen versorgen, Fenster putzen, Wäsche machen, beim Einkaufen, beim Zahnarzt und im Theater bei der Kostümierung gezeigt. Den Film hindurchwirkt die Protagonistin stark und kühl. Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet.1

Im Hinblick auf meine Masterarbeit hat der Film viel Aussagekraft in Bezug darauf, welche Rollen Frauen neben ihrer eigentlichen Arbeit ausüben und wie viel unbezahlte Care-Arbeit Mütter leisten. Dieser Aspekt ist für Unternehmerinnen auch zentral und könnte erklären, warum so viele Frauen die Selbstständigkeit im Teilzeitmuster ausüben. Die Selbstständigkeit wird oft als Ausweg gesehen, Familie und Beruf zu verbinden. Es wird gezeigt, welche emotionale Belastung Mutterschaft sein kann. Möglicherweise kann dies auch beeinflussen, inwieweit Frauen unternehmerische Risiken eingehen.

1vgl. Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) 2022

Literaturverzeichnis:

FBW-Pressetext. In: FBW Filmbewertung, https://www.fbw-filmbewertung.com/film/mutter (zuletzt aufgerufen am 24.01.2025)

Impuls 5: Ausstellung Larissa Holweg

In diesem Blogpost möchte ich über die Ausstellung von Larissa Holweg reflektieren. Diese Ausstellung hat mich inspiriert über Frauen, Kunst und Selbstständigkeit nachzudenken. Die Ausstellung „One Step Closer“ eröffnete am 28.11.2024 ihre Türen. Im Gemeindesaal von Hart bei Graz wurden die Gemälde von Larissa Holweg bis zum 04.12.2024 ausgestellt. Ich habe die Eröffnung fotografisch festgehalten.

Auf den ersten Blick hat Malerei und Acrylkunst wenig mit meinem Masterarbeitsthema „Frauen in der Selbstständigkeit“ zu tun. Doch Larissas Werdegang und ihre Werke haben mich dazu inspiriert, darüber nachzudenken, wie Frauen ihren Platz in der Kreativbranche finden.

Larissa Holweg wurde 1999 geboren und hat schon früh ihre Leidenschaft für Kund entdeckt. Sie absolvierte die Ortweinschule in Graz und trat im Anschluss das Studium Informationsdesign an der FH Joanneum an. Derzeit befindet sie sich im letzten Semester des Masters für Communication Design. Ihre Werke sind von Beobachtungen der Natur und menschlichen Emotionen geprägt. Sie erschafft eine Verbindung zwischen abstrakter Kunst und emotionaler Reflexion.

Während ich die Ausstellung fotografisch dokumentierte, fragte ich mich, ob Larissa auch manchmal Zweifel hat. Zweifel wie so viele Frauen, die in der Kreativbranche tätig sind. Ich fragte mich, ob auch Larissa mit dem Imposter-Phänomen zu kämpfen hat, trotz ihrer beeindruckenden Werke und ihres klaren Erfolgs.

Monate später fragte ich sie in eine Sprachnachricht, ob sie sich vom Imposter-Phänomen betroffen fühlt. Larissa Holweg antwortete mit einer fünfminütigen Sprachnachricht:

Sie bestätigt schon im ersten Satz, dass sie mit Imposter-Fears zu kämpfen hat. Larissa spürte vor allem vor der Ausstellung diese Ängste:

„[…] weil man da auch den Kampf mit sich selber hat, dass man einerseits den Leuten schon zeigen will, was man macht, aber andererseits immer das Gefühl hat, na, will eh niemand sehen, weil es ist eh zu schlecht […] Und es kommt auch während der Organisation […] immer so der Gedanke: Ja, wieso mache ich das eigentlich? Weil es ist viel Aufwand für das, dass die Leute eh nicht sehen wollen.“

Bei Minute eins fügt Larissa hinzu, dass sie Phasen hat, wo sie denkt, dass die Leute nur kommen, weil sie mit ihr befreundet oder verwandt sind, nicht aber, weil sie ihre Kunst gut finden.

Die Ausstellung „One Step Closer“ zeigt, dass wichtig ist den Schritt ins Ungewisse zu wagen und zu seinen Werken zu stehen. Um dies zu wagen ist notwendig sich dem inneren Kritiker*innen zu stellen und zu lernen die eigenen Erfolge zu verinnerlichen. 

Frauen wie Larissa inspirieren mich dazu selbstbewusst den eigenen Weg zu gehen und Kreativität als Ausdrucksform zu sehen und durch sie sichtbar zu werden. Unternehmerisches Denken und Kreativität können Hand in Hand gehen, das zeigt Larissa Holweg ganz klar.

Für meine Masterarbeit nehme ich all diese Gedanken mit und überlege die Arbeit auf den gesamten Kreativbereich auszuweiten. Ein wirkliches Interview mit Larissa könnte aufschlussreiche Antworten liefern, die für meine Forschung relevant sein könnten.

Frauen in der Arbeitswelt

Frauen arbeiten häufig in Teilzeitverhältnissen oder führen ihre selbstständige Tätigkeit in solchen Mustern aus. Immer mehr Frauen steigen ins Unternehmertum ein. Das klingt nach erfreulichen Nachrichten. Bögenhold und Fachinger stellen fest, dass deutlich mehr Frauen in der Solo-Selbstständigkeit tätig sind als Männer. Sind Frauen nicht am Wachstum ihres Unternehmens interessiert oder hat es weit tiefergehende Gründe, das Frauen Teilzeitmuster wählen? Mit dieser Frage beschäftigt sich dieser Blogpost.

Bögenhold und Fachinger beschäftigen sich damit, warum immer mehr Frauen in die Solo-Selbstständigkeit gehen. Als Faktoren werden unter anderem wirtschaftliche Trends, Vereinbarkeit mit Familie und die Selbstständigkeit als Teilzeitarbeitsmuster genannt. Die Solo-Selbstständigkeit nimmt immer mehr zu. In Österreich arbeiten 71,4 % der selbstständigen Frauen in einem Ein-Personen-Unternehmen. Im Gegensatz dazu arbeiten mit 50,5 % deutlich weniger Männer in der Solo-Selbstständigkeit. Laut Bögenhold und Fachinger lässt sich sagen, dass Frauen in der Solo-Selbstständigkeit, im Gegensatz zu Männern, häufiger ein Arbeitsmuster wählen, das dem der Teilzeit ähnelt. Es wird auf die Care-Arbeit verwiesen, die größtenteils von Frauen geleistet wird. Die Selbstständigkeit kann als Weg gesehen werden, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Eine feste Anstellung bringt im Gegensatz zur Selbstständigkeit ein Schuldverhältnis mit sich, welches zu Konflikten führen kann, wenn Frauen neben dieser Beschäftigung zusätzlich die Care-Arbeit übernehmen.1 Im Allgemeinen steigt die Zahl an berufstätigen Frauen. Die unbezahlte Care-Arbeit wird unterdessen jedoch nicht entsprechend von den Männern übernommen. Das lässt die Gesamtarbeitszeit der Frauen weiter ansteigen.2 Wenn Frauen die ganze unbezahlte Arbeit übernehmen, wie die Versorgung der Kinder, Haushaltsführung … machen sie sich finanziell abhängig. Um ihr eigenes Geld zu verdienen und trotzdem alles unter einen Hut zu bekommen, nehmen Frauen Teilzeitarbeitsplätze an. Der Stundenlohn für Teilzeitarbeitskräfte liegt unter dem Stundenlohn von Personen, die in Vollzeit beschäftigt sind. Laut Criado-Perez ist die Aussage nicht richtig, dass es die freie Entscheidung einer Frau ist solche Stellen anzunehmen. Für die Autorin handelt es sich um keine freie Entscheidung, wenn die Alternative ist, dass die Kinderbetreuung nicht gegeben ist und der Haushalt auf der Stecke bleibt.3

Im Bezug auf Frauen als Unternehmerinnen sagen die Autoren Bögenhold und Fachinger, dass Frauen häufig nur ihren eigenen Arbeitsplatz schaffen und nichts zum Arbeitsplatzwachstum beitragen.4 Außerdem verlieren laut Pan Branchen an Ansehen und die Löhne sinken, wenn mehr und mehr Frauen in diese Berufe einsteigen.Dieses beschriebene Phänomen geht auch in die andere Richtung. Demnach steigt der Gehalt, wenn in weiblich dominierte Berufsfelder Männer einsteigen. Als Beispiel nannte die Ausstellung die IT-Branche. Diese wurde in ihren Anfängen von Frauen dominiert. Programmieren galt als einfache Aufgabe und erst mit dem Einstieg der Männer in diese Branche, stieg auch der Gehalt und das Ansehen rapide an. In den USA sind aktuell 26 der 30 Jobs, mit dem höchsten Gehalt, von Männern dominiert. 23 der 30 Jobs mit der schlechtesten Bezahlung sind im Gegensatz dazu zum Großteil von Frauen besetzt. Den Daten zufolge handelt es sich daher um ein strukturelles Problem. Die Arbeit von Frauen wird geringer entlohnt und geschätzt. Selbst wenn Frauen in den gleichen Positionen und Berufsfeldern arbeiten, die von Männern dominiert werden, liegt ihr Gehalt systematisch unter dem der Männer. Laut der Ausstellung verdienen Frauen um 34 % weniger in der Kreativbranche und um 13 % weniger in der Medienbranche.6

Studien zeigen, dass die Stundenlohndifferenz zwischen Frauen und Männern in Ländern höher ist, wo Frauen signifikant mehr Zeit als Männer für Care-Arbeit aufbringen.Laut Sepulveda Carmona ist dies weltweit der Fall. Frauen werden dadurch an der Teilnahme am Arbeitsmarkt stark gehindert. Neben dieser ungleichen Verteilung unter den Geschlechtern und der fehlenden Anerkennung für Betreuungsarbeiten wird die Würde der Frau untergraben.8

Most importantly, however, the unequal distribution, intensity and lack of recognition of unpaid care work undermines the dignity of women caregivers, obstructs their enjoyment of several human rights on an equal basis with men, undermines progress towards gender equality and entrenches their disproportionate vulnerability to poverty across their lifetime.9

Sepulveda Carmona sieht die vorherrschenden stereotypen Erwartungen an die Frau, Care-Arbeit leisten zu müssen, als Ursache für die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt. Niedrigere Löhne, geringe Aufstiegsmöglichkeiten und oftmals unsichere Arbeitsverhältnisse sind einige der Einschränkungen, denen Frauen im Arbeitsleben ausgesetzt sind. Das Recht zu Arbeit kann von Frauen nicht gleichberechtigt wahrgenommen werden, wenn der Aufwand für unbezahlte Care- und Hausarbeit unverhältnismäßig hoch ist. Außerdem spricht die Autorin von der Diskriminierung, die Männer erfahren, die einen größeren Teil an Care-Arbeit übernehmen.10

Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu sicher, muss ein Umdenken in Bezug auf die Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit erfolgen. Es braucht strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt, politische und gesellschaftliche Maßnahmen, um diese Geschlechterungleichheit abzubauen. Und vor allem braucht es eines: Wertschätzung gegenüber Betreuungsarbeiten.

1 (vgl. Bögenhold/Fachinger 2016, S. 21-23)

2 (vgl. Criado-Perez 2020, S. 105)

3 (vgl. Criado-Perez 2020, S. 111f)

4 (vgl. Bögenhold/Fachinger 2016, S. 24)

5 (vgl. Criado-Perez 2020, S. 112)

6 (vgl. IN*VISIBLE x RAUM FÜR ERREGUNG 2024)

7 (vgl. Criado-Perez 2020, S. 112)

8 (vgl. Sepulveda Carmona 2013, S. 4)

9  (Sepulveda Carmona 2013, S. 4)

10 (vgl. Sepulveda Carmona 2013, S. 9)

Eintrag im Literaturverzeichnis:

Bögenhold, Dieter/Fachinger, Uwe (Hrsg.): Selbstständigkeit: Zunahme von Solo-Selbstständigkeit und Frauen. In: Berufliche Selbstständigkeit. Theoretische und empirische Vermessungen. Wiesbaden: Springer VS 2016, S. 21-25

Criado-Perez, Caroline. Unsichtbare Frauen: wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert. Deutsche Erstausgabe, 9. Auflage. btb 71887. München: btb-Verl, 2020.

Sepulveda Carmona, Magdalena. „Report of the Special Rapporteur on Extreme Poverty and Human Rights: Unpaid Care Work and Women’s Human Rights“. SSRN Electronic Journal, 2013. https://doi.org/10.2139/ssrn.2437791.

Imposter-Syndrom

Hattest du schon mal das Gefühl, dass deine eigenen Erfolge nur durch Zufall passieren? Wartest du nur darauf, dass jemand merkt, dass du gar nicht so kompetent bist wie viele denken? Kennst du das Gefühl nicht gut genug zu sein und nur durch Täuschung an deine Ziele zu gelangen? Wenn du damit kämpfst deine eigenen Erfolge anzunehmen und denkt du hättest deine Leistungen nicht wirklich verdient, dann leidest du womöglich unter dem „Imposter-Syndrom“. Dieses Phänomen betrifft Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen.  In diesem Blog möchte ich mich näher mit der Definition des Imposter-Syndroms beschäftigen. Vielleicht findest du dich oder eine dir bekannte Person in den folgenden Zeilen wieder.

Ladge, Eddleston und Sugiyama definieren das Imposter-Syndrom als Tendenz den eigenen Erfolg auf reines Glück und Täuschung zurückzuführen, nicht aber auf die eigenen Fähigkeiten. Die eigenen Erfolge können nicht verinnerlicht werden. Personen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, werden von außen als erfolgreich angesehen, kämpfen jedoch innerlich mit Selbstzweifeln und nehmen sich als inkompetent wahr. Laut den Autorinnen gibt es nur wenige Forschungen, die neben den Persönlichkeiten und der psychischen Gesundheit, auch externe Faktoren untersuchen. Im Jahr 1978 haben Clance und Imes herausgefunden, dass sehr erfolgreiche Frauen eher unter dem Imposter-Syndrom leiden. Laut den beiden Autoren sehen Männer ihre Erfolge eher als etwas Angeborenes. Frauen hingegen führen ihre Erfolge auf externe Einflüsse wie beispielsweise Glück zurück. Es wurde in der Forschung festgestellt, dass Männer „self-enhancing bias“ und Frauen „self-derogatory bias“ haben. Männer haben also die Tendenz sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, während Frauen dazu tendieren sich selbst abzuwerten.1

Gadsby spricht von einem weit verbreiteten Phänomen, dass Menschen in allen Lebensbereichen betreffen kann. In den 70er Jahren wurde dieses Konzept eingeführt, weckte jedoch kein wissenschaftliches Interesse. Das Imposter-Syndrom steht im Widerspruch mit der Annahme, dass das Denken der Menschen rational ist, der Wahrheit entspricht und das eigene Wohlbefinden fördert. Das Imposter-Syndrom ist eine Art von Selbstbetrug und keine Krankheit. Clance und Imes gaben dem Syndrom daher die Bezeichnung „Imposter-Phänomen“, was neutraler ist. Das Imposter-Syndrom ist mit bestimmten Einstellungen, Verhaltensweisen und Gefühlen verbunden. Ein affektives Merkmal des Imposter-Syndroms ist die Angst enttarnt zu werden als jemand, der nicht in seine Rolle passt und dessen Erfolg nicht verdient ist. Diese Sorge bringt viel psychologische Folgen mit sich wie Stress, Angst und emotionale Erschöpfung. Personen, die am Imposter-Syndrom leiden, denken, dass es ihnen an Fähigkeiten fehlt. Laut Gadsby sind Betroffene genauso gut, wenn nicht sogar besser als andere Personen ihrer Altersgruppe. Ihre eigene Einschätzung ist also falsch und ungerechtfertigt. Positive Testergebnisse, Lob und Anerkennung von Kolleg*innen sprechen für die Fähigkeiten einer Person. All diese Beweise zeigen bei Personen mit Imposter-Syndrom keine Wirkung. Betroffene Menschen bezweifeln die Richtigkeit von guten Bewertungen und verschließen sich gegenüber Fakten, die ihre Kompetenz bestätigen. Erfolge werden falsch eingeschätzt und auf Glück und harte Arbeit zurückgeführt.2

Unternehmerinnen haben oft mit dem Imposter-Syndrom zu kämpfen, da sie eigene Ideen realisieren und verkaufen. Ihre Arbeit wird in diesem Zuge als Erweiterung ihres Selbst angesehen. Ladge, Eddleston und Sugiyama sprechen von drei Gründen, die das Imposter-Syndrom bei Frauen verstärken können und ihre Identität als Unternehmerin prägen. Als ersten Faktor nennen sie familiäre Anforderungen. Mutterschaft und Unternehmensführung sehen viele als unvereinbar und widersprüchliche Ideologie. Bei berufstätigen Müttern kann diese Diskrepanz zu Schuldgefühlen und psychischem Druck führen. Berufstätige Mütter werden als weniger warmherzig wahrgenommen, allerdings auch als kompetenter. Durch das Imposter-Syndrom können berufstätige Mütter möglicherweise nicht ihre Kompetenzen und Erfolge verinnerlichen und reduzieren sich zudem auf das nicht gerecht werden der Erwartungen an ihre Geschlechterrolle, als führsorgliche Mutter. Die Rolle als Unternehmerin wird als Konkurrenz zur Mutterrolle gesehen.3

Als zweiten Faktor wird der Mangel an erfolgreichen Vorbildern genannt. Das Suchen und Finden von Vorbildern im eigenen Fachgebiet können die Findung der beruflichen Identität unterstützen. Von diesen Vorbildern können Verhaltensweisen studiert und als Grundlage für die eigene Identitätsbildung herangezogen werden. Positive Vorbilder bestärken Frauen in ihrer unternehmerischen Selbstwirksamkeit und erhöhen ihr Selbstbewusstsein. Wenn Unternehmerinnen wenige Frauen vorfinden, zu denen sie aufschauen können, könnten sie beginnen zu glauben, dass ihr eigener Erfolg ein reiner Zufall und Irrtum ist. Somit kann sich in weiterer Folge das Imposter-Syndrom verstärken.4

Außerdem kann das Imposter-Syndrom bei Frauen durch die Unternehmensleistung hervorgerufen werden. Wie profitabel das eigene Unternehmen ist, wird als Indikator herangezogen. Entweder sagt der Profit aus, dass das Wachstum stagnierend ist, oder es werden Werte vorgefunden, die auf einen Erfolg hindeuten. Wenn zweiteres zutrifft, wird auch hier wieder von Glück ausgegangen. Im Vergleich zu Männern tendieren Frauen dazu ihre Erfolge nur dem Glück zuzusprechen. Dies kann das Imposter-Syndrom noch weiter verstärken.5

1 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 619

2 vgl Gadsby 2022, S. 3-7

3 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 619f

4 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 620

5 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 620

Literaturverzeichnis:

Gadsby, Stephen. „Imposter Syndrome and Self-Deception“. Australasian Journal of Philosophy 100, Nr. 2 (3. April 2022): 247–61. https://doi.org/10.1080/00048402.2021.1874445.

Ladge, Jamie/Eddleston, Kimberly/Sugiyama,Keimei: Am I an entrepreneur? How imposter fears hinder women entrepreneurs’ business growth. In: Business Horizons 62,5 (2019), S.615-624

Geschlechterstereotype und das Unternehmertum

Unternehmertum als geschlechtsspezifischer Prozess

Unternehmertum wird als männliche Domäne gesehen. Der Unternehmer wird als „captain of industry“ und „trailblazer” beschrieben, was übersetzt so viel heißt wie „Industriekapitän“ und „Pionier“. Wird über eine Person nachgedacht, die ein erfolgreiches Unternehmen führt, halten sich männliche Stereotype hartnäckig. Ihnen werden maskuline Eigenschaften wie Risikobereitschaft und Ehrgeiz zugeschrieben, die sie zu geborenen Führungskräften machen. Dieser männliche Blick auf das Unternehmertum kann laut Ladge, Eddleston und Sugiyama ein Hauptgrund dafür sein, dass Frauen das Gefühl haben, dass sie nicht die notwendigen Fähigkeiten mitbringen, um ein erfolgreiches Unternehmen zu führen. Geschlechtsspezifische Sozialisationsprozesse können Grund für die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Entrepreneurs sein. Die geschlechtsspezifische Sozialisation ermutigt Frauen und Männer dazu, Eigenschaften und Interessen zu haben, die mit ihrem Geschlecht in Verbindung gebracht werden. Die Kategorisierung in männlich und weiblich bringt Individuen dazu, Geschlechterstereotype zu entwickeln, um sich der eigenen Geschlechtergruppe zugehörig zu fühlen. Dazu zählen unter anderem Verhaltensweisen und Einstellungen, die „typisch weiblich“ bzw. „typisch männlich“ sind. Geschlechterstereotype sind präskriptiv und deskriptiv. Sie beschreiben wie Männer und Frauen tatsächlich sind und können gleichzeitig vorgeben, wie sie sein sollen.  In einer Studie von Eddleston und Powell aus dem Jahr 2008 zeigt, dass Frauen mit starker weiblicher Identität das Führen eines Unternehmens als Chance sehen, Ziele zu verfolgen die sozio-emotional sind. Frauen mit einer starken männlichen Identität streben in erster Linie nach geschäftlichem Erfolg. Die geschlechtsspezifische Identität spielt daher eine große Rolle, bei der Findung der eigenen unternehmerischen Identität und wie Frauen Unternehmertum definieren. 1

Verknüpfung der Geschlechtsidentität mit der unternehmerischen Identität

Die unternehmerische Identität gibt auf die Fragen „Wer sind wir?“ und „Was tun wir?“ eine Antwort. Der Austausch zwischen der eigenen Person und anderen ist Teil des Prozesses der Identitätsfindung. Beim Schaffen der eigenen Identität werden mehrere soziale Identitäten kombiniert, wobei die verschiedenen Identitäten unterschiedlich wichtig für das Selbstkonzept des Individuums sein können.  Die Forschung legt dar, dass Frauen dazu tendieren, erfolgreiche Unternehmen mit Eigenschaften in Verbindung zu bringen, die stereotyperweise Männern zugeschrieben werden. Entrepreneurship wird als unvereinbar mit der weiblichen Rolle wahrgenommen. Laut Ladge, Eddleston und Sugiyama wird das Selbstbild der Frauen durch die maskulinen Eigenschaften, die mit dem Unternehmertum in Verbindung gebracht werden, negativ beeinflusst. Geschlechterstereotype hindern Frauen daran, ihr volles Potenzial zu entfalten, wenn sie sich in Rollen wiederfinden, die als vermeintlich männlich gelten. Im Vergleich zu Männern nehmen sich Frauen in „männlichen“ Rollen mit weniger Selbstvertrauen und geringerem Status wahr. Personen mit Identitäten, die viele Eigenschaften aufweisen, die dem männlichen Geschlecht zugewiesen sind, haben stärkere unternehmerische Absichten als Personen mit „schwachen männlichen Identitäten“. Die Geschlechtsidentitätstheorie beschäftigt sich mit Eigenschaften und Verhaltensweisen, die mehr mit dem männlichen bzw. dem weiblichen Geschlecht assoziiert wird. Somit kann die Geschlechtsidentität einer Unternehmerin das Ausmaß beeinflussen, inwieweit sie sich selbst als Unternehmerin sieht. Welche Rolle eine Frau in der Gesellschaft als angemessen wahrnimmt, wird durch die Geschlechtsidentität beeinflusst. Frauen, die durch ihre Sozialisation eine stark weibliche Identität entwickelt haben, werden sich in Rollen wohler fühlen, die mit der gesellschaftlichen Erwartung an Frauen übereinstimmt. Wenn Frauen eine Identität aufweisen, die stark männlich ist, werden sie sich in Rollen sicherer fühlen, die weniger den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen entsprechen. Es kann zur Inkongruenz zwischen der weiblichen Geschlechtsidentität und dem Unternehmertum kommen. Laut Ladge, Eddleston und Sugiyama kann das ein Grund dafür sein, weshalb Frauen das Unternehmenswachstum beschränken. 2

Unternehmerische Identität

Die Identität ist treibende Kraft für eine erfolgreiche Karriere. Für Karriereentscheidungen ist es wichtig ein klares Gefühl dafür zu haben, wer man ist und was die eigenen Werte sind. Wie viel Zeit und Energie in eine Rolle gesteckt werden, hängt von der eigenen Identität ab. Ladge, Eddleston und Sugiyama sprechen von Individuen mit starker Arbeitsidentität, die all ihre Ressourcen in ihren Beruf stecken und daher eine höhere Chance auf beruflichen Erfolg haben.  Neben der potenziellen Inkongruenz zwischen der weiblichen Identität und der unternehmerischen Identität kann auch das Imposter-Syndrom Frauen daran hindern ihr volles Potenzial zu entfalten. Außerdem beeinflussen Geschlechterstereotype wie Frauen und Männer Kompetenzen und den Wert ihres Status in bestimmten Kontexten wahrnehmen. Wenn Frauen traditionell männliche Rollen einnehmen, wird dies abgewertet und nicht ernst genommen. Das Unternehmertum wird immer noch als männliche Domäne gesehen, in welcher Frauen ihre eigene unternehmerische Legitimität anzweifeln. Sowohl Frauen mit stark weiblichen Identitäten als auch Frauen mit stark männlichen Identitäten können negativ vom Imposter-Syndrom beeinflusst werden. Neben der Unvereinbarkeit mit der Rolle als Unternehmerin kann das Imposter-Syndrom jedoch besonders bei Frauen mit starker weiblicher Identität, Selbstzweifel und Ängste noch weiter verstärken. Das Imposter-Syndrom kann es Frauen zusätzlich erschweren, sich selbst als Unternehmerin zu sehen. 3

1 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 617f

2 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 618

3 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 618f

Literaturverzeichnis:

Ladge, Jamie/Eddleston, Kimberly/Sugiyama,Keimei: Am I an entrepreneur? How imposter fears hinder women entrepreneurs’ business growth. In: Business Horizons 62,5 (2019), S.615-624