#38 – Teil 02 – Willkommen in der Welt von 007 – Das Branding von Titelsequenzen in James Bond Filmen

Aufbau der James Bond Titelsequenzen

Bis auf Dr. No (1962), ist der Anfang der James Bond Filme in 3 Teile unterteilt: Angefangen wird mit der gerade erläuterten Gewehrlauf-Sequenz, dann geht sie über in einen narrativen, action-lastigen Teaser auf die folgende Handlung, um dann von der Titelsequenz abgeschlossen zu werden. Der action-lastige Teaser ist oft nur minimal mit der filmischen Handlung verknüpft. Manchmal endet er mit einem Witz oder einer Überraschung, wie beispielsweise From Russia with Love (1963) oder You Only Live Twice (1967). Andere Male, wird er dazu genutzt den Antagonisten einzuführen. Heutzutage ist die Form des 3-teiligen Anfangs, keine Besonderheit mehr, aber in den 1960er Jahren war diese Form eine Neuheit. Aufgrund dessen konnte dieser Einstieg sofort das Interesse und vollkommene Aufmerksamkeit des Publikums für sich gewinnen. Auch haben alle Anfänge die grundlegenden Themen von Gewalt und Sex gemeinsam (vgl. Horak 2020, S.252).

Typografie in den Titelsequenzen

The primary raison d’etre for title sequences is to list the names of the creative personnel involved in a film, and the goal of the title designer is to make those words as legible as possible while holding the viewer’s interest with visuals, which may at times overpower the typography” (Horak 2020, S.254).

Während Saul Bass aktiv Typografie mit anderen visuellen Komponenten kombiniert, wirkt es so, als würden Maurice Binder und Daniel Kleinman Typografie als kreatives Mittel vermeiden. Bis auf Dr. No (1962) platziert Binder die Titel in seinen James Bond Titelsequenzen immer zentriert. Diese Platzierung destabilisiert die Bildkomposition und tendiert dazu das Publikum zu manipulieren. Namen setzt er immer in Großbuchstaben. Zusätze, wie beispielsweise die Wörter als oder in Ian Flemings orientierten sich an der standardisierten Groß- und Kleinschreibung. Außerdem verwendete er in allen seinen James Bond Titelsequenzen Sans-Serif Schriften. Farblich taucht die Schrift immer in weiß auf. Für Binder war die Lesbarkeit wichtig, deshalb entschied er sich für weiß und auch Großbuchstaben, da diese den größten Kontrast zum unruhigen Hintergrund bildeten. Während andere Designer zu dieser Zeit, ihre Typografie selbst gemalt haben, verwendete er vorgefertigte rub-down Typografie vom Hersteller Letraset (vgl. Horak 2020, 254f). 

Robert Brownjohn verwendet in From Russia with Love (1963) wie Binder eine Sans Serif Schrift, aber projiziert diese auf bewegende Frauenkörper. Ebenfalls verwendet er neben weißer Typografie auch welche in Pastelltönen. Bei seinem zweiten Titel Goldfinger (1964) kehrt er zur statischen weißen Typografie zurück (vgl. Horak 2020, S.255). 

Farbe in den Titelsequenzen

Wie viele Anhänger:innen der Modernisten-Bewegung verwendet Maurice Binder eine eingeschränkte Farbpallette, welche neben schwarz und weiß vor allem aus den Primär- und Sekundärfarben: rot, blau, gelb/orange und grün bestand. Manchmal benutzte er Pastellfarben oder violett. Die stark saturierten Farben sind nicht nur besser erkennbar, sondern rufen auch intensivere emotionale Regungen beim Publikum hervor. Binder arbeitete gerne monochromatisch und wechselte gerne dramatisch von einer Farbe zur nächsten. Die eingefärbten Hintergründe verhelfen den Fokus auf die Bewegung von Objekten und Personen zu legen (vgl. Horak 2020, S.255). 

Blau kommt sehr oft in den Titelsequenzen von Maurice Binder vor. Blau steht für Coolness und Modernität. Auch passt die Farbe zu den Filmen, welche zur damaligen Zeit Eckpfeiler für die moderne Welt nach dem zweiten Weltkrieg sind. Die Eigenschaften der Farbe können auf James Bonds Charakter übertragen werden (vgl. Horak 2020, S.255f). So beschreibt Jan-Christopher Horak blau im Kontext zum Film und dessen Protagonisten, wie folgt: 

“As a sexually liberated figure and a government licensed assassin, the Bond figure became an icon of modernity. Bond remains blas. to cheeky, depending on the actor, whether disposing of enemies or bedding resistant women. Blue encapsulates Bond’s underlying

coldness of emotion, masked by exuding calmness and tranquility in the face of mortal chaos” (Horak 2020, S.256).

Auch wird für einen guten und treuen englischen Geheimagenten die Phrase „True blue“ genutzt. Diese Phrase lässt sich auf die primäre Farbe der Flagge des Vereinigten Königreichs zurückführen, welche eben blau ist (vgl. Horak 2020, S.256). 

Im Gegensatz zu Blau, stehen die rot-orangen Töne in Binders Titelsequenzen für Gewalt beziehungsweise Action, wie zum Beispiel Gewehrschüsse, Explosionen, Feuer sowie Tod und Aberglaube. Sie symbolisieren auch Sexualität – im Speziellen die Gefahr von Sexualität. Beispielsweise in Octopussy (1983) geht die Gefahr, in Rot getaucht, von einer feminin-konnotierten Hand aus, welche einen Revolver hält (vgl. Horak 2020, S.256).

Startend mit Thunderball (1965) in jeder Titelsequenz von Maurice Binder einmal auf. Grün steht für Jugend, Erneuerung des Lebens, Gesundheit, Vitalität sowie Sicherheit und spirituelle Gelassenheit. Deshalb lässt sich, laut Horak, darauf schlussfolgern, dass Grün im Zusammenhang mit den James Bond-Titeln symbolisiert, dass die Natürlichkeit der Dinge trotzdem bestehen bleibt (vgl. Horak 2020, S.256).

Weiß, wie bereits erwähnt, wird in der Typografie verwendet, um einen starken Kontrast zum darunterliegenden Bildmaterial zu erlangen. Ebenso wendet Binder Schwarz als Mittel an Kontrast zu schaffen. Entweder verstärkt Schwarz die Erscheinung von Objekten oder versteckt sie. Dadurch entsteht eine gewisse Ungewissheit beim Publikum. Vor allem findet man Schwarz in den oft vorkommenden Silhouetten wieder (vgl. Horak 2020, S.254-257).

Filmtechniken der Titelsequenzen

Thematisch kehren viele Elemente in den Titelsequenzen immer wieder zurück. Diese Wiederholungen stärken das Branding der Filmmarke. Visuell interessant bleiben die Wiederholungen trotzdem, da Binder gerne mit verschiedensten Techniken herumexperimentierte. So findet man in den Titelsequenzen Experimente mit Farbfiltern, optischen Effekten, Unterwasseraufnahmen, Zeitlupen, Animationen, Überblendungen und vieles mehr. 

Ein häufig genutztes Element von Maurice Binder sind Silhouetten, welche beinahe immer weiblich-konnotierte Figuren darstellten und wenn das nicht der Fall war, handelte es sich meistens um die Silhouette von James Bond. Auch Elemente in starker Verbindung zur James Bond-Welt, wie Revolver oder Martinigläser können als Silhouetten oder Matten in den Titelsequenzen gefunden werden (vgl. Horak 2020, 257f). Doch weshalb Silhouetten?

“Silhouettes simplify and abstract compositions, a primary goal of modernist design, as evident in Man Ray and László Moholy-Nagy’s camera-less photograms and Lotte Reininger’s shadow animations” (Horak 2020, S.258).

Auch kann der nackte feminine Körper verwendet werden, ohne dass Probleme durch Zensur entstehen können. Dieser Ansatz kann auf die Praktiken in der weiblichen Portraitmalerei des 19ten Jahrhunderts zurückgeführt werden, bei der ein voyeuristischer t in einen ästhetischen Moment verwandelt worden ist (vgl. Horak 2020, S.258).

Die formelle Strenge, welche beispielsweise in der Anordnung der Textelemente herrschte, zog sich bei der zeitlichen Dauer weiter. Alle Titel von Maurice Binder orientierten sich um die drei Minuten Marke. Zu dieser Zeit war das genau der Durchschnitt der Dauer von Vorspännen. Die Gewehrschuss-Sequenz beträgt immer genau 30 Sekunden. Die Titelsequenzen von Daniel Kleinman und MK12 sind um 25 Sekunden im Schnitt länger, ausgenommen Kleinmans erster Titel für die James Bond-Reihe GoldenEye (1995). Dieser orientiert sich noch an der Zeitmarke von Maurice Binder. 

Bedeutsame Motive der Titelsequenzen

“Every James Bond film features beautiful, young, gun-toting women who are themselves killers or working for the enemy, some of whom Bond can turn to after sex, some of whom he kills after off-screen penetration” (Horak 2020, S.259).

Angefangen mit Robert Brownjohns Titelsequenz für From Russia with Love (1963) findet man in allen Titelsequenzen einen sexuell geladenen Unterton, da mit unterschiedlichsten Techniken feminin-konnotierte nackte Körper gezeigt werden. Laut Horak besteht die Maurice Binders Ikonografie innerhalb der Titelsequenzen zu 90% aus nackten Frauenkörpern. Die nackten Körper werden mit einem voyeuristischen Blick wahrgenommen. Ebenfalls findet man in Binders Titelsequenzen rassistische Untertöne, wie zum Beispiel bei Live and Let Die (1973). In diesem wird vom Tod eines britischen Agenten durch die Hand von stereotypischem primitivem jamaikanischem Kult auf die Titelsequenz geschnitten. Der Vorspann zeigt dann kaum bzw. gar nicht gekleidete Frauen mit schwarzer Hautfarbe, welche auch durch ihre Accessoires in das stereotypische Bild eines afrikanischen Stammes passen (vgl. Horak 2020, S.258-261).  

Auch die Verwendung von Gewehren und Revolvern – also Gewalt – sind ein integraler Part der Titelsequenzen. Oft werden diese in Verbindung mit feminin-konnotierten Körperdarstellungen gezeigt (vgl. Horak 2020, 258f).

Bond Titelsequenzen im digitalen Zeitalter

Anfang der 1990er Jahre wurde hatte sich die Computertechnik so weit entwickelt, dass es nun möglich war mit Hilfe davon Bilder digital herzustellen (CGI). Da Maurice Binder 1991 starb, übernahm Daniel Kleinman, kommend aus der Musikvideo und Werbebranche, die Gestaltung der Titelsequenzen der James Bond Reihe. Kleinman hält sich im Gegensatz zu Binder nicht an strenge mathematische Raster, sondern fokussiert sie auf die Schaffung von atmosphärischen Sequenzen. Außerdem halten diese sich nicht an fotografischen Realismus oder narrativer Logik. Horak bezeichnet die Titelsequenzen von Kleinman als „phantasmagoria of floating objects“ (Horak 2020, S.261). Ebenso orientiert sich Kleinman und auch MK12 nicht mehr an einer streng definierten Farbpallette. Die weiße Sans-Serif Schrift bleibt überwiegend. Ausnahmen sind Kleinmans Vorspann für GoldenEye (1995), dort ist die textliche Ebene in Gelb getaucht, sowie MK12 Titelsequenz für Quantum of Solace (2008). Das Designkolleketiv verfolgt in diesem Vorspann einen ganzen anderen typografischen Ansatz (vgl. Horak 2020, S.261f). 

Mit Hilfe von CGI wird die Gewehrlauf-Sequenz von Kleinman aktualisiert. In GoldenEye (1995) fliegt dem Publikum eine Kugel entgegen. Außerdem bestrebt Kleinman in seinen Titelsequenzen eine engere narrative Bindung – eine thematische Bindung – zum Inhalt des Films. Der voyeuristische Blick in Bezug zu feminin-konnotierten Bildern wird von Kleinman und MK12 so gut wie eliminiert (vgl. Horak 2020, S.264f). So, beschreibt Jan-Christopher Horak den Unterschied zu Maurice Binders Titelsequenzen, wie folgt: 

“While Kleinman moves beyond the simple binary of Binder’s guns and girls, his and MK12’s titles employ iconic images to introduce themes and codify plots. When guns and girls do appear, they are imbedded in dreamscapes, with objects floating freely in digital spaces that have no visible coordinates but only exist in a digital no-man’s land, thereby robbing them of any erotic power” (Horak 2020, S.265).

Es geht in diesen Titelsequenzen viel mehr um die sensorische Stimulierung, welche man aus Musikvideos kennt, welche versuchen Begeisterung und Vorfreude auszulösen. Ebenfalls verleiht es ihnen Modernität (vgl. Horak 2020, S.266).

Schlussgedanken 

Die Behandlung der James Bond-Titelsequenzreihe ist ein hervorragendes Beispiel wie sehr auch Titelsequenzen in die Markenbildung eines Filmes oder einer Franchise beitragen kann. Auch zeichnet sich der technische Fortschritt, vor allem der Wandel hin zu CGI, deutlich in der Reihe ab. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass James Bond enormen Einfluss im Genre der Kriminalfilme und -serien gehabt hat bzw. hat. Beispielsweise das Intro zur Tatort-Reihe verwendet das Motiv des Fadenkreuzes, welches sich auf ein Auge konzentriert, bis es zum Titel wechselt, in dem sich das Auge und die zwei einfärbigen Balken schließen. Auch das Fadenkreuz spielt mit der Sicht/ dem Voyeurismus des Publikums. 

Quellenverzeichnis

Horak, Jan-Christopher: Branding 007 : Title Sequences in the James Bond Films. In: Verheul, Jaap (Hrsg.): The Cultural Life of James Bond. Amsterdam: Amsterdam University Press, 2020.

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