IMPULSE #8

Erfahrungsbericht: Wiener Symphoniker im Congress Graz

About the Event

Am 20. Januar 2025 besuchte ich ein klassisches Konzert im Congress Center Graz. Die Veranstaltung wurde von den renommierten Wiener Symphonikern unter der Leitung von Patrick Hahn gespielt, mit Kian Soltani als Solisten. Das Programm war sorgfältig kuratiert und kombinierte klassische Meisterwerke mit ausdrucksstarken Interpretationen. Die Akustik des Saals bot ein immersives Hörerlebnis und brachte die feinen Nuancen der Orchesterdarbietung zur Geltung.

Bereits beim Betreten des Konzertsaals fiel mir auf, dass das Publikum hauptsächlich aus älteren, wohlhabend wirkenden Menschen bestand. Die Atmosphäre wirkte elitär, was mich als Neuling in der Welt der klassischen Musik etwas unsicher machte. Ich fragte mich, ob ich hier überhaupt richtig war. Ein Konzert dieser Art hatte ich zuvor noch nie besucht, und obwohl ich offen für Neues war, fühlte ich mich in diesem Umfeld zunächst etwas fehl am Platz.

Outcome

Die Körperhaltung der Musiker war unerwartet wild, was eine besondere Dynamik in das Konzert brachte. Gleichzeitig fühlte ich mich als Außenstehende – ich wusste nicht einmal genau, was eine Symphonie ist. Das Orchester spielte mit beeindruckender Präzision, die Synchronität der Musiker:innen war faszinierend. Es wurde schnell deutlich, wie viel Disziplin und Übung in solch einer Performance stecken muss. Besonders Patrick Hahn dirigierte mit solch einer Energie, dass es fast wie ein Tanz-Workout wirkte.

Die Sitzplatzgestaltung im Saal stellte sich als problematisch heraus. Die grünen Kinosessel waren so ausgerichtet, dass ich mir durch das ständige Drehen zur Bühne meinen Nacken verrenkte. Nach der ersten Hälfte bekam ich Kopfschmerzen. Eine Drehung der Sitze um 30° Richtung Bühne wäre eine echte Verbesserung.

Die Zielgruppe des Konzerts war mir nicht sofort klar. In den Pausen und nach dem Konzert wirkten viele Besucher:innen unsicher, ob es weitergeht oder ob die Veranstaltung zu Ende ist. Es herrschten gedämpfte, fast erzwungene Gespräche, was mich noch fehlplatzierter fühlen ließ. Besonders auffällig war, dass einige Gäste in der zweiten Hälfte (zumindest in den ersten Reihen) ihre Plätze tauschten – ein Phänomen, das mir zunächst rätselhaft erschien.

Beim Verlassen des Saals wurde ich mehrfach unhöflich angerempelt – es fühlte sich an, als ob wohlhabendere Konzertbesucher:innen sich einfach mehr herausnehmen könnten. Draußen gab es nur wenige Tische, die bereits vor Konzertbeginn von besonders schnellen Besucher:innen erobert wurden. Diese Dynamik überraschte mich und ließ mich darüber nachdenken, wie viel unausgesprochene Regeln es in solchen Umfeldern gibt.

Besonders hilfreich fand ich die lauten Kommentare einiger Gäste, die mir Orientierung gaben. Es gab ein ungeschriebenes Regelwerk: Ein einzelner Gong bedeutete „Es geht los!“, mehrere Gongs signalisierten ein noch dringlicheres „Jetzt aber wirklich rein!“. Musiker hörten auf zu spielen, das Publikum klatschte – oder eben nicht. Ich fragte mich, woher alle wussten, wann das Klatschen angebracht war. Der Mann hinter mir kommentierte: „Ah, Pause! Gehen wir uns die Beine vertreten.“ Diese Hinweise halfen mir, das Konzert besser zu verstehen und gaben mir Sicherheit.

Reflection/ Key Takeaways

Trotz meines anfänglichen Gefühls des Fremdseins konnte ich viel aus dem Konzert mitnehmen. Es war beeindruckend zu sehen, mit welcher Hingabe die Musiker:innen spielten und wie sehr sie in ihrer Kunst aufgingen. Das Konzert zeigte mir, dass Musik eine universelle Sprache ist, auch wenn sie für mich als Zuhörerin zunächst fremd erschien.

Allerdings wurde mir auch bewusst, dass klassische Konzerte mit einer gewissen Exklusivität behaftet sind. Die Atmosphäre wirkte distanziert, und es gab viele unausgesprochene Verhaltensregeln, die für Außenstehende nicht sofort verständlich waren. Die Sitzplatzgestaltung, die Unsicherheiten in den Pausen und das Verhalten des Publikums deuten darauf hin, dass es Verbesserungsmöglichkeiten in der Gestaltung des Konzerterlebnisses gibt, um es inklusiver und zugänglicher zu machen.

Impact on my Thesis

Dieses Konzert lieferte mir wertvolle Erkenntnisse für meine Masterarbeit zur Optimierung der Prozesse im Musikverein Graz. Besonders die Besucherführung und deren Unsicherheiten bieten interessante Ansatzpunkte. Beispielsweise könnten verständlichere Hinweise für Pausen und das Konzertende das Erlebnis verbessern. Auch die Gestaltung der Sitzordnung und der allgemeinen Besucherführung wäre ein Bereich mit Potenzial.

Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Barrierefreiheit – nicht nur physisch, sondern auch in Bezug auf die Verständlichkeit der Abläufe. Viele Menschen könnten sich durch die Atmosphäre eines klassischen Konzerts abgeschreckt fühlen. Durch eine benutzerzentrierte Gestaltung von Hinweisen, eine interaktive Einführung oder eine optimierte Kommunikation könnten solche Veranstaltungen einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Die emotionale Verbindung, die durch die Performance geschaffen wurde, verdeutlicht außerdem die Bedeutung einer durchdachten Veranstaltungsplanung im Kulturbereich. Mein persönliches Erlebnis unterstreicht die Relevanz von Usability und User Experience auch in nicht-digitalen Räumen wie Konzertsälen. Diese Erkenntnisse werde ich in meine weitere Forschung einfließen lassen und analysieren, wie klassische Musikveranstaltungen zugänglicher gestaltet werden können.

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