#37 – Teil 01 – Willkommen in der Welt von 007 – Das Branding von Titelsequenzen in James Bond Filmen

Kaum ein Film-Franchise spannt über so viele Jahre wie James Bond-Filmreihe der Eon Productions. Beginnend mit Dr. No (1962) bis hin zur aktuellen Verfilmung No Time to Die (2021) bilden die Titelsequenzen ein einheitliches Erscheinungsbild, welches exklusiv mit der Marke James Bond in Verbindung gebracht wird. Trotzdem greifen sie individuell im Rahmen der Branding Parameter auf die speziellen Inhalte des darauffolgenden Films zurück, weshalb eine genauere Auseinandersetzung mit dem Branding der James Bond-Filmreihe von Interesse ist. 

Maßgeblich für das ikonische Erscheinungsbild der James Bond-Titelsequenzen beigetragen hat Maurice Binder. Mit einer kurzen Unterbrechung von Robert Brownjohn (From Russia with Love (1963), Goldfinger (1964)) gestaltetet Marice Binder 14 der 25 James Bond-Titelsequenzen. Er gestaltete, die bekannte Eingangssequenz, in welcher James Bond von rechts kommend auf das Publikum schießt, aber dazu wird zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer Bezug genommen. Zeitgleich mit dem Tod von Maurice Binder kam der Umbruch von analogen zu digitalen Titelsequenzen. In der Welt der James Bond Titelsequenzen übernahm Daniel Kleinman die Leitung der Gestaltung der Titelsequenzen ab GoldenEye (1995). Eine einzige Titelsequenz gestaltete er seitdem nicht – nämlich die Titelsequenz von Quantum of Solace (2008). (vgl. Horak 2020, S.249f). Diese gestaltete das Filmkollektiv MK12, welches von Jed Carter, Tim Fisher, Matt Fraction und Ben Radatz gegründet worden ist (vgl. artofthetitle 2025). 

Maurice Binders Wirken

Im Jahr 1962, war Maurice Binder ein Titeldesigner aus der neuen Generation, welche modernes Design in ihre Titelsequenz-Gestaltung miteinfließen ließen. Seine Verschmelzung von den abstrakten Visualisierungen in den Titelsequenzen mit Pop Musik, kann als Inspirationsquelle oder sogar als Anstoß für die Anfänge der Musik Videos gesehen werden. So behauptete er 1991, dass die Musik immer am Anfang da gewesen wäre und dass er und sein Team aufbauend zu dieser die visuelle Gestaltung angefertigt hätten. Trotzdem orientierte Maurice Binder sich bei allen seinen Titelsequenzen immer am strengen Rasterdesign der Modernisten, welche die Vereinfachung der Form zum Ziel hatten. Seine verbissene Wiederholung von Motiven und Techniken machten die Marke James Bond erst zur Marke (vgl. Horak 2020, S.250). 

Startschuss mit Dr. No

Eröffnet wird der Film mit weißen Punkten, welche von links nach rechts wandern, kurz innehalten – die Produzenten werden genannt –um dann weiterzuwandern. Der Punkt wird größer und transformiert sich in die Öffnung eines Gewehrlaufs, welches den von rechts kommenden James Bond umrahmt und verfolgt. Doch bevor das Gewehr selbst auslöst, dreht sich James Bond um und schießt direkt in die Richtung des Publikums. Rot, sind bildend für Blut, färbt den Bildschirm ein. Diese Sequenz wird von vielen als Geniestreich für das Branding von James Bond seitens Binders deklariert. Tatsächlich kann man es als zeitbasiertes Logo von der Marke James Bond sehen, welches zwar durch technische Neuerungen adaptiert und modernisiert worden ist, doch bei keinem Film fehlt (vgl. Horak 2020, S.251f). 

Die Gewehrlauf–Sequenz spielt mit dem Publikum. Die anfänglichen weißen Punkte können für eine Kamera, ein Fernglas oder ein Zielfernrohr stehen, welches James Bond findet. James Bond befindet sich im Visier, nicht nur vom Gewehrlauf, sondern auch vom Publikum. Das Publikum besitzt die Kontrolle, was eine direkte Anspielung auf den Voyeurismus des Publikums in Bezug auf den Film hat – das Publikum kann sehen, ohne gesehen zu werden. Ebenfalls wird dem Publikum die Rolle des potenziellen Mörders/ der potenziellen Mörderin verliehen. Doch in einer Wendung der Ereignisse dreht sich James Bond zur Kamera/ zum Gewehrlauf und schießt sinnbildlich auf das Publikum. Der wackelnde und nach unten bewegendem Gewehrlauf sowie das Rot, welches den Bildschirm symbolisieren den sinnbildlichen Tod des Publikums. Horak beschreibt dies so: “The audience becomes the victim of violence, rather than the potential perpetrator, disarming them and making them pliable for further manipulation (Horak 2020, S.252). Diese visuelle Erzählung wurde bereits vor dem Titelvorspann von Dr. No angewendet. Im Jahr 1903 erschienen Film The Great Train Robbery schießt der Protagonist “Broncho Billy” Anderson direkt in die Richtung der Kamera (vgl. Horak 2020, S.252f).

Die Titelsequenz von Dr. No ist visuell in 3 Abschnitte strukturiert. Die Titelsequenz nach der Gewehrlauf-Sequenz beginnt mit tanzenden Punkten in verschiedenen Farben (grün, hellblau, rot, gelb) auf schwarzem Hintergrund. Die Punkte, sowie die erscheinende textliche Ebene orientieren sich an einem grundlegenden Raster. Nach circa 2/3 der Gesamtlänge ändert sich die Musik zu einem afrikanischen Drumbeat und auch die visuelle Ebene. Nun sieht man zwei weibliche Silhouetten und eine männliche Silhouette die dazu tanzen. Die Sillouetten tauchen in verschiedenen Farben auf und überlagern sich auch. Im letzten Abschnitt tauchen die Silhouetten drei blinder Männer, welche im ersten Bild des eigentlichen Filmes auftauchen, auf. Im Hintergrund ist die Flagge des Vereinigten Königreichs zusehen. Das Kinderlied Three Blind Mice ist zu hören. Die namentlichen Nennungen werden wie im ersten Teil, orientiert an einem Raster, eingeblendet. Auf visueller Ebene führt Binder bereits in diesem Teil wiederkehrende Komponente (Spiel mit Silhouetten, vor allem von Frauen; abstrakte Grafiken) ein, die vor allem in Bezug auf die Titelsequenz zum Erscheinungsbild von der James Bond-Reihe gehören. (vgl. Horak 2020, S.253f).

Quellenverzeichnis

Horak, Jan-Christopher: Branding 007 : Title Sequences in the James Bond Films. In: Verheul, Jaap (Hrsg.): The Cultural Life of James Bond. Amsterdam: Amsterdam University Press, 2020.

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