Diesen Film habe ich in einem englischen Kino in Wien gesehen. Seine Bildsprache und die erzählte Geschichte haben mich abgeholt. Außerdem hat mich der Film dazu motiviert mein Masterarbeitsthema „Frauen in der Selbstständigkeit“ anzugehen. Ich ging mit einem „Jetzt erst recht!“ Gefühl aus der Vorstellung heraus. Der Film „Die Fotografin“ beschäftigt sich mit Lee Millers Jahren als Kriegsfotografin im Zweiten Weltkrieg. Regie wurde von Ellen Kuras geführt und die Produktion sowie die Hauptrolle übernahm Kate Winslet. Lee Miller kannte ich durch ihr berühmtes Portrait in Hitlers Badewanne. Im Film wurden ihre Bilder mit viel Liebe zum Detail nachgestellt.
Im Magazin „ALL ABOUT HISTORY“ wird der Film als „fiercely feminist biopic“ beschrieben.1 In einem Interview von „GALORE“ stellt die Produzentin und Schauspielerin Kare Winslet allerdings klar, dass sie den Film nicht als Biopic sieht. Die ganze Biografie von Lee Miller könnte eine 12-teilige Serie füllen, meinte Winslet. Der Film fokussiert sich auf rund zehn Jahre ihres Lebens. Sie wollten Lee Miller bewusst von ihrer Rolle als Fotomodell und Muse von Man Ray lösen und ausschließlich ihre Zeit als Korrespondentin im Krieg zeigen.2
Ich hasse den Begriff Muse und lege viel Wert darauf, dass er [Man Ray] und alles, wofür er steht, im Kontext unseres Films keine Rolle spielt.3
In einem Interview mit dem „TOTAL FILM“ Magazin beschreibt Winslet das die Art und Weise, wie Lee Miller beschrieben wurde, auf dem männlichen Blick (male gaze) beschränkt blieb. Sie ist eine Frau, die oft nur als Muse von Man Ray gesehen wird. Winslet sagt, dass Lee Miller es hasste ein Model zu sein. Diese Annahme belegt sie mit dem bekannten Zitat von Lee Miller: „I’d rather take a photograph than be one.“ Für die Regisseurin Kuras war es wichtig Lee Miller nicht zu objektifizieren, sondern zu zeigen wie sie genug davon hatte und sich auf die andere Seite der Kamera stellte.4
Mit folgendem Opener-Text wurde Lee Millers früheres Leben kurz angeschnitten: „I’d been the model, I’d been the muse, I’d been the ingénue. I was good at three things: drinking, sex and photography.” Miller war nicht daran interessiert für ihren Partner Roland Penrose Hausfrau zu spielen. Stattdessen überzeugte sie das „Vogue“ Magazin von ihrer Fotografie und wurde Kriegs-Korrespondentin. Laut dem „All About History“ Magazin ist Winslet perfekt für die Rolle der Lee Miller geschaffen und machte darüber hinaus als Produzentin einen guten Job. Es werden nicht nur Lee Millers Erfolge gezeigt, sondern auch ihr Umgang mit ihrer posttraumatischen Belastungsstörung, Ansprüche an Mutterschaft, ihre Alkoholabhängigkeit und Depression. Dem Magazin zu folge gibt der Film zu verstehen, dass Miller bestrebt war, sich als Fotografin und Journalistin zu beweisen.5
We come to understand Miller was driven to prove herself as an artist and journalist in her own right, but did so with humanity and a curious lack of ego. 6
Der Film gibt Anlass über das Leben von Frauen nachzudenken und die Art und Weise, wie ihr Wert von Männern definiert wurde (und allzu oft noch wird).7
Die Produzentin spricht offen über Hürden, die es zu überwinden galt. Unteranderem trafen sie auf einem Geldgeber, der fragte warum er diese Frau mögen sollte. Für Winslet war sofort klar, dass dieser Mann nicht Teil des Films sein wird. Ihnen war wichtig diesen Film nur mit Menschen zu produzieren, die ein Verständnis für die Geschichte mitbrachten.8
Der Film bzw. Lee Miller könnte für meine Masterarbeit eine Bedeutung haben. Lee Miller ist heute noch sehr interessant, da sie in einer Branche Karriere machte, die von Männern dominiert wurde. Ich könnte mich mit ihr beschäftigen und anhand ihrer Geschichte Frauen dazu inspirieren in der Selbstständigkeit Fuß zu fassen. Sie stellte sich gegen gesellschaftliche Erwartungen und wollte nicht bloß Hausfrau und Mutter sein. Außerdem finde ich sehr interessant, dass sie lange Zeit nur als Muse von Man Ray gesehen wurde. Der Film stellt sie in einem anderen Licht da, der ihr und ihren Werken viel mehr gerecht wird.
1 vgl. Conterio 2024, S.78
2 vgl. Heidmann 2024, S.107
3 Kate Winslet IN: Heidmann 2024, S.107
4 vgl. Miles 2024, S.12
5 vgl. Conterio 2024, S.78
6 Conterio 2024, S.78
7 vgl. Conterio 2024, S.78
8 vgl. TOTAL FILM 2024, S.13
Literaturangabe
Miles, Lauren: NO FILTER. LEE. In: TOTAL FILM issue 354 (2024), S.12f
Conterio, Martyn: LEE. A fascinating, fiercely feminist biopic about WWII photographer Lee Miller. In: ALL ABOUT HISTORY issue 148 (2024), S.78
Heidmann, Patrick: Hinter der Kamera. In: GALORE INTERVIEWS 9,24 (2024), S.107