Der Artikel „Do Music Videos Still Matter?“ von Jubran Haddad, veröffentlicht am 28. Februar 2024 auf How Music Charts, untersucht die Relevanz von Musikvideos in einer von Kurzform-Inhalten dominierten Medienlandschaft.
Die goldene Ära der Musikvideos und der digitale Wandel
In den 2010er-Jahren erlebten Musikvideos einen Höhepunkt, maßgeblich beeinflusst durch Plattformen wie YouTube und Vevo. Videos wie „Despacito“ von Luis Fonsi und Daddy Yankee (2017) mit über 8,39 Milliarden Aufrufen, Ed Sheerans „Shape of You“ (2017) mit 6,21 Milliarden und „See You Again“ von Wiz Khalifa und Charlie Puth (2015) mit 6,19 Milliarden Aufrufen dominierten diese Ära. Diese Werke prägten die Popkultur nachhaltig. Mit dem Aufstieg von Streaming-Diensten wie Spotify hat sich jedoch das Konsumverhalten verändert. Eine Analyse der meistgestreamten Titel auf Spotify im Jahr 2023 zeigt, dass 36 der Top-40-Titel aus den Jahren 2022 und 2023 begleitende Musikvideos hatten. Diese Videos erzielten durchschnittlich 374 Millionen Aufrufe, während die entsprechenden Tracks im Schnitt 1,1 Milliarden Streams verzeichneten – eine Differenz von 731 Millionen. Dies deutet auf eine Verschiebung der Rolle von Musikvideos hin.
Genre-spezifische Unterschiede in der Rezeption von Musikvideos
Die Bedeutung von Musikvideos variiert je nach Musikgenre. Im Latin-Genre bleiben Musikvideos auf Plattformen wie YouTube konstant beliebt. Beispielsweise erreichte „TQG“ von Karol G und Shakira in den ersten zwei Wochen nach Veröffentlichung 181,9 Millionen Aufrufe und wurde damit zum meistgesehenen Musikvideo des Jahres 2023. Im K-Pop sind aufwendig produzierte Musikvideos ein zentrales Element der Vermarktung. Neun der zehn meistgesehenen YouTube-Videos innerhalb von 24 Stunden stammen von K-Pop-Künstlern wie BTS und BLACKPINK. BTS‘ „Butter“ stellte 2021 mit 108,2 Millionen Aufrufen in den ersten 24 Stunden einen Rekord auf. Veröffentlichungen wie „Seven“ von Jung Kook feat. Latto erreichten innerhalb einer Woche 86,4 Millionen Aufrufe und übertrafen innerhalb eines Monats etablierte Pop-Acts wie Taylor Swift.
Herausforderungen und Kritik in der Popmusik
Im Pop-Genre hingegen scheint die Bedeutung von Musikvideos abzunehmen. Obwohl Titel wie Miley Cyrus‘ „Flowers“ beeindruckende Aufrufzahlen verzeichnen, bevorzugen viele Hörer:innen mittlerweile Streaming-Plattformen für den Musikkonsum. Kritiker:innen bemängeln, dass aktuelle Pop-Musikvideos oft uninspiriert und mit geringem Budget produziert sind, was es Künstler:innen erschwert, innovativ zu sein und das Publikum zu fesseln.
Zukunftsperspektiven
Trotz dieser Herausforderungen bleibt das Musikvideo ein wichtiges Medium für künstlerischen Ausdruck und Markenbildung. Es bietet einzigartige visuelle Erlebnisse, die durch Audio allein nicht vermittelt werden können. Um die Relevanz von Musikvideos zu erhalten, sollten Künstler:innen und Labels verstärkt in die Entwicklung von Talenten investieren, kreative Inhalte fördern und traditionelle Medienkanäle unterstützen. Die Musikindustrie hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich an veränderte Konsumgewohnheiten anpassen kann, und es ist möglich, dass Musikvideos in Zukunft wieder an Bedeutung gewinnen.
Fazit
Musikvideos haben nach wie vor einen festen Platz in der Musikindustrie, auch wenn ihre Rolle je nach Genre und Publikum variiert. Während einige Genres wie Latin und K-Pop weiterhin stark auf visuelle Inhalte setzen, hat sich der Konsum in anderen Bereichen zugunsten von Audio-Streaming verschoben. Dennoch bieten Musikvideos Künstler:innen die Möglichkeit, ihre Geschichten visuell zu erzählen und eine tiefere Verbindung zu ihrem Publikum aufzubauen. Die kontinuierliche Anpassung an neue Technologien und Plattformen wird entscheidend sein, um die Relevanz von Musikvideos in der modernen Musiklandschaft zu sichern.
Literatur
Haddad, Jubran. „Do Music Videos Still Matter?“ How Music Charts, 28. Februar 2024. https://hmc.chartmetric.com/do-music-videos-still-matter/