„Der Filmvorspann bündelt verschiedene, teilweise heterogene Funktionen: Er dokumentiert die Filmproduktion, adressiert den Zuschauer, führt in die Diegese ein, thematisiert die Vorführsitatution, ist die Anfangsmarkierung, Einstimmung, Nachweis von Arbeit, Ort der Signatur, Werbung, Film im Film. Aufgrund seiner reflexiven Verfasstheit im Spannungsverhältnis von Produktion und Fiktion liefert der Vorspann mittels unterschiedlicher Kondensationstechniken eine zugespitzte Lektüre des folgenden Films, die dessen Rezeption steuert“ (Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).
Begriffserklärung
Titelsequenzen sind unter mehreren Bezeichnungen bekannt. Im Deutschen werden vor allem neben dem Wort Titelsequenz, die Wörter Vorspann und Abspann verwendet. Auch begegnet man in der Auseinandersetzung mit dem Thema oft Fremdwörtern, wie main title sequence, titles, opener, closing titles, credits, titles oder générique. Bei einer genaueren Betrachtung fällt, aber auf, dass all diese verschiedenen Begriffe Nuancen haben (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6). Beispielsweise besitzt das Wort Vorspann, laut Duden, mehrere Bedeutungen. So kann sich das Wort Vorspann auf ein Fahrzeug/ Tier, welches als Zuggetriebe verwendet wird, beziehen. In der Literaturwelt umschreibt es eine kurze Einleitung, welche dem Hauptwerk vorausgeht. Ebenfalls im Film und Fernsehen bezeichnet das Wort, die vorausgehenden Nennung des Titels, der Mitwirkenden, wie beispielsweise Schauspieler:innen oder dem/ der Regisseur:in (vgl. Duden 2024). Hingegen wird die Platzierung der Titelsequenz am Ende, als Abspann betitelt. Somit deutet die Verwendung von dem Begriff Vorspann und Abspann auf die Positionierung der Titelsequenz im Film hin (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).
Auch andere Bezeichnungen für Titelsequenzen weisen auf besondere Merkmale hin. Générique, weist auf die Entstehung und Produktion des Films hin – in anderen Worten es dokumentiert den Prozess. Die Verwendung des Wortes Credits für Titelsequenzen lässt sich von der Hauptfunktion von ihnen herleiten, nämlich der Nennung der mitwirkenden Personen. Auch der Gebrauch vom Begriff titles bezieht sich in Wahrheit nur auf einen Teil des Gesamtwerks – auf die Schrift (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).
Eine Titelsequenz ist oft eine experimentelle filmische Form, welche fotografisches Bild, Grafik, Animation, Ton, Musik, gesprochene Sprache, Schrift und weiteren Merkmale in sich vereint (vgl. Böhnke, Hüser, Stanitzek 2006, S.6).
Ort der Teilung
Titelsequenzen werden oft an den Anfang eines Films gestellt. Der Hauptnutzen dabei ist es, als Indikator für den anfangenden Film zu stehen. So werden im Kino noch während dem Vorspann die Gespräche mit Sitznachbaren und Sitznachbarinnen zu Ende geführt. Auch führt er in die Handlung des Films ein. Deshalb bezeichnet Georg Stanitzek diese Begebenheit als Ort der Teilung. Es. herrscht eine geteilte Aufmerksamkeit, eine Differenzierung von Innen und Außen, „von Spiel und Dokumentation, von filmischer Erzählung und Erzählung über den Film, von intra- und extradiegetischer Informationsgebung“ (Stanitzek 2006, S.8).
Ebenfalls kann die Titelsequenz als Film im Film gesehen werden, welcher in den Film einleitet und sich zugleich semi-autonom von ihm separiert. Der Vorspann separiert sich insofern vom Film, da er nicht nur den Anfang des Films darstellt, sondern selbst einen Anfang und ein Ende besitzt (vgl. Stanitzek 2006, S.8f).
Genereller Aufbau von Titelsequenzen
„A film’s opening moments act both as a declaration of intent that can shape audience expectations for better or for worse and as a pledge that those viewers will expect to be honoured. With this in mind, most filmmakers have been keen to captivate and entertain their audiences from the very start” (Allison 2021, S.09).
Der Aufbau von Titelsequenzen ist schwer zu definieren, da die Ansätze einer Titelsequenz von Film zu Film sich komplett unterscheiden können. Versucht man trotzdem einen allgemeinen Aufbau zu skizzieren, könnte er wie folgt aussehen: Am Anfang des Vorspanns sind die Logos der produzierenden Studios sowie/ oder des Verleihs und am Ende des Vorspanns wird der Regisseur oder die Regisseurin genannt. Oft nehmen Titelsequenzen individuelle Formen an und nutzen eine Bandbreite verschiedenster filmischer Mittel wie wie Realfilm, Animationsfilm, Schrift, Ton, usw. Vor allem die auditive Ebene kann den Vorspann zu einer ausdrucksvollen Einheit zusammenführen (vgl. Stanitzek 2006, S.9).
Trotz Fehlens eines standardisierten Aufbaus, steht eines fest: Die Titelsequenz bezieht sich auf den darauffolgenden Film. Elemente wie zum Beispiel Einstellungen, Schnitte, Situationen, Handlungsverläufe, Figuren, Darsteller:innen oder Genre sind eng mit dem Film verwoben. Deshalb prägen diese Einzelelemente wesentlich die Formbildung des Vorspanns (vgl. Stanitzek 2006, S.10f).
Literaturverzeichnis
Allison, Deborah: Film Title Sequences: A Critical Anthology. London: Pilea Publications 2021
Böhnke, Alexander; Hüser, Rembert; Stantizek, Georg: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006
Duden (o.D.), s.v. Vorspann, https://www.duden.de/node/199907/revision/1397564 (zuletzt aufgerufen am 25.01.2025)
Stantizek, Georg: VORSPANN (titles/credits, générique). In: Das Buch zum Vorspann: The title is a shot. Berlin: Vorwerk 8 Verlag 2006