Ich habe mir vor kurzem Wicked im Kino angesehen und da ist mir bei der Titelsequenz aufgefallen, dass der Titel des Films ganz anders ausgesehen hat, wie im Trailer oder auf den Plakaten. Anstatt von den 3D-wirkenden Buchstaben, war der Titel nun in einer verspielten Script-ähnlichen Schrift mit Schlagschatten im Bild aufsteigend zu sehen. Im Gegensatz zum Titel des sonstigen Werbematerial wirkt diese Variante, weitaus altmodischer/ „klassischer“, aber auch viel sanfter und verspielt. Doch weshalb hat man sich umentschieden?
Nach dem Kinobesuch habe ich etwas Internet-Recherche betrieben. Da Wicked, die Vorgeschichte von der Zauberer von Oz ist, brauchte es nicht lange eine Antwort zu dieser Frage zu bekommen. Der Wicked Filmtitel im Film, orientiert sich am Titel des Zauberer von Oz Films (1939) (Auch habe sie eine textliche Einführung in die Materie gegeben). Diese Entscheidung, ist daher gelungen, da es Fans vom Zauberer von Oz sofort abholt und auch Ehre dem Ausgangsmaterial erweist.
Faszinierend dabei ist es, dass man allein durch die Auswahl und Platzierung von Schrift, extrem viel vermitteln kann. Deswegen habe ich nach ersten Impulsen zum Thema Schrift im Film gesucht und bin auf das YouTube-Video When the title font *really* matters vom Kanal Little White Lies gestoßen. In diesem Video erklärt die Typografin Marie Boulanger von MonoType wie Schrift dabei hilft Narrative vom Film zu unterstützen und auch welche Auswirkungen sie auf das Publikum haben können.
Schrift ist ein Material
Laut Boulanger ist Schrift nicht ein Werkzeug, sondern ein Material. Man könne mit Schrift spielen in dem man sie zum Beispiel verzerrt oder verformt. Durch diese Spielereien kann man verschiedenes ausdrücken. Deshalb findet man weitaus simplere, aber expressivere Schriften im Film. Beispielsweise kann man das bei Gone with the Wind oder Psycho sehen. Interessant bei Psycho war es, dass die der Titel des Plakates weitaus berühmter geworden ist, als der von der Titelsequenz, sodass für die weiteren Filme der Titel des Plakates auch für die Titelsequenz benutzt worden ist.
Die Auswahl der Schrift kann viel über den nachfolgenden Film aussagen. Deshalb ist es wichtig auch die Schrift richtig zu besetzen. Wie beim Aussehen von Figuren, kommen emotionale Assoziationen beim Publikum auf, wenn sie eine bestimmte Schrift sehen. So kann eine Schrift, welche dem Art Deco nachempfunden ist, beim Publikum Assoziationen wie retro und glamourös hervorrufen. Auch kulturelle, Gender und Genre spezifische Stereotype können Schriften bei den Betrachter:innen auslösen.
Verbindet man das Aussehen und die Erscheinung der Schrift mit der Semiotik kann man beispielsweise große Schriften als mächtig und kleine Schriften als zärtlich interpretieren. Oft macht man den Fehler, dass man Schriften spezifischen Gendern zuordnet und sich nicht überlegt, was es für andere Eigenschaften geben könnte, welche die Schrift beschreiben. Deshalb sollte man sich bei der Auswahl der Schrift zuerst intensiv mit der angedachten Intention, Stimmung der Schrift auseinandersetzen.
Früher waren die Mittel wie man mit Schrift umgehen konnte weitaus begrenzter als heutzutage. Nichts desto trotz, stehen die innovativen Lösungen, den heutigen in Nichts nach. Heutzutage sind die Titel viel komplexer aufgebaut. Hier ist die Schrift oft nur ein Element innerhalb der Titelanimation. Das Hauptaugenmerk liegt dabei oft auf der Ästhetik oder den VFX.
Lange Zeit war der Titel das Erste was einem beim Ansehen von einem Film begegnet ist. In den vergangenen Jahren wird die Verlagerung ans Ende immer populärer. Diese Entwicklung wurde hauptsächlich von den Superheldenfilmen losgetreten, da die vorkommenden Charaktere und Narrative dieser Filme eigentlich keine Vorstellung mehr brauchen.
Da Schrift als Branding-Element genutzt werden kann, ist es mittlerweile Standard, dass große Produktionen und Franchises individuelle Titel-Logos besitzen. Aber auch Regisseure können sich Schrift als Branding-Element zu nutzen machen, zum Beispiel benutzen alle Filme, welche Sean Baker bis jetzt veröffentlicht hat, alle dieselbe Schrift.
Fazit
Ich fand die Recherche zu Wicked interessant, da ich im Kino bereits, die Assoziation gemacht habe, dass es sich auf old Hollywood bezieht, doch mir war nicht bewusst, dass es direkt den Film referenziert (ich bin aber auch kein riesiger Zauberer von Oz Fan, als dass ich das wusste). Ich fand, aber diese Referenz als gelungen, da ich, wie ich aus anderen Impulsen gelernt habe, es als sehr gute Abholung der Fans empfinde.
Bei dem Video Essay, wurde mir noch mehr bewusst, wie wichtig und auch essentiell die richtige Schriftauswahl für einen Film sein kann. Vor allem die vielen Beispiele waren sehr interessant zu betrachten.