Geschlechterstereotype und das Unternehmertum

Unternehmertum als geschlechtsspezifischer Prozess

Unternehmertum wird als männliche Domäne gesehen. Der Unternehmer wird als „captain of industry“ und „trailblazer” beschrieben, was übersetzt so viel heißt wie „Industriekapitän“ und „Pionier“. Wird über eine Person nachgedacht, die ein erfolgreiches Unternehmen führt, halten sich männliche Stereotype hartnäckig. Ihnen werden maskuline Eigenschaften wie Risikobereitschaft und Ehrgeiz zugeschrieben, die sie zu geborenen Führungskräften machen. Dieser männliche Blick auf das Unternehmertum kann laut Ladge, Eddleston und Sugiyama ein Hauptgrund dafür sein, dass Frauen das Gefühl haben, dass sie nicht die notwendigen Fähigkeiten mitbringen, um ein erfolgreiches Unternehmen zu führen. Geschlechtsspezifische Sozialisationsprozesse können Grund für die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Entrepreneurs sein. Die geschlechtsspezifische Sozialisation ermutigt Frauen und Männer dazu, Eigenschaften und Interessen zu haben, die mit ihrem Geschlecht in Verbindung gebracht werden. Die Kategorisierung in männlich und weiblich bringt Individuen dazu, Geschlechterstereotype zu entwickeln, um sich der eigenen Geschlechtergruppe zugehörig zu fühlen. Dazu zählen unter anderem Verhaltensweisen und Einstellungen, die „typisch weiblich“ bzw. „typisch männlich“ sind. Geschlechterstereotype sind präskriptiv und deskriptiv. Sie beschreiben wie Männer und Frauen tatsächlich sind und können gleichzeitig vorgeben, wie sie sein sollen.  In einer Studie von Eddleston und Powell aus dem Jahr 2008 zeigt, dass Frauen mit starker weiblicher Identität das Führen eines Unternehmens als Chance sehen, Ziele zu verfolgen die sozio-emotional sind. Frauen mit einer starken männlichen Identität streben in erster Linie nach geschäftlichem Erfolg. Die geschlechtsspezifische Identität spielt daher eine große Rolle, bei der Findung der eigenen unternehmerischen Identität und wie Frauen Unternehmertum definieren. 1

Verknüpfung der Geschlechtsidentität mit der unternehmerischen Identität

Die unternehmerische Identität gibt auf die Fragen „Wer sind wir?“ und „Was tun wir?“ eine Antwort. Der Austausch zwischen der eigenen Person und anderen ist Teil des Prozesses der Identitätsfindung. Beim Schaffen der eigenen Identität werden mehrere soziale Identitäten kombiniert, wobei die verschiedenen Identitäten unterschiedlich wichtig für das Selbstkonzept des Individuums sein können.  Die Forschung legt dar, dass Frauen dazu tendieren, erfolgreiche Unternehmen mit Eigenschaften in Verbindung zu bringen, die stereotyperweise Männern zugeschrieben werden. Entrepreneurship wird als unvereinbar mit der weiblichen Rolle wahrgenommen. Laut Ladge, Eddleston und Sugiyama wird das Selbstbild der Frauen durch die maskulinen Eigenschaften, die mit dem Unternehmertum in Verbindung gebracht werden, negativ beeinflusst. Geschlechterstereotype hindern Frauen daran, ihr volles Potenzial zu entfalten, wenn sie sich in Rollen wiederfinden, die als vermeintlich männlich gelten. Im Vergleich zu Männern nehmen sich Frauen in „männlichen“ Rollen mit weniger Selbstvertrauen und geringerem Status wahr. Personen mit Identitäten, die viele Eigenschaften aufweisen, die dem männlichen Geschlecht zugewiesen sind, haben stärkere unternehmerische Absichten als Personen mit „schwachen männlichen Identitäten“. Die Geschlechtsidentitätstheorie beschäftigt sich mit Eigenschaften und Verhaltensweisen, die mehr mit dem männlichen bzw. dem weiblichen Geschlecht assoziiert wird. Somit kann die Geschlechtsidentität einer Unternehmerin das Ausmaß beeinflussen, inwieweit sie sich selbst als Unternehmerin sieht. Welche Rolle eine Frau in der Gesellschaft als angemessen wahrnimmt, wird durch die Geschlechtsidentität beeinflusst. Frauen, die durch ihre Sozialisation eine stark weibliche Identität entwickelt haben, werden sich in Rollen wohler fühlen, die mit der gesellschaftlichen Erwartung an Frauen übereinstimmt. Wenn Frauen eine Identität aufweisen, die stark männlich ist, werden sie sich in Rollen sicherer fühlen, die weniger den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen entsprechen. Es kann zur Inkongruenz zwischen der weiblichen Geschlechtsidentität und dem Unternehmertum kommen. Laut Ladge, Eddleston und Sugiyama kann das ein Grund dafür sein, weshalb Frauen das Unternehmenswachstum beschränken. 2

Unternehmerische Identität

Die Identität ist treibende Kraft für eine erfolgreiche Karriere. Für Karriereentscheidungen ist es wichtig ein klares Gefühl dafür zu haben, wer man ist und was die eigenen Werte sind. Wie viel Zeit und Energie in eine Rolle gesteckt werden, hängt von der eigenen Identität ab. Ladge, Eddleston und Sugiyama sprechen von Individuen mit starker Arbeitsidentität, die all ihre Ressourcen in ihren Beruf stecken und daher eine höhere Chance auf beruflichen Erfolg haben.  Neben der potenziellen Inkongruenz zwischen der weiblichen Identität und der unternehmerischen Identität kann auch das Imposter-Syndrom Frauen daran hindern ihr volles Potenzial zu entfalten. Außerdem beeinflussen Geschlechterstereotype wie Frauen und Männer Kompetenzen und den Wert ihres Status in bestimmten Kontexten wahrnehmen. Wenn Frauen traditionell männliche Rollen einnehmen, wird dies abgewertet und nicht ernst genommen. Das Unternehmertum wird immer noch als männliche Domäne gesehen, in welcher Frauen ihre eigene unternehmerische Legitimität anzweifeln. Sowohl Frauen mit stark weiblichen Identitäten als auch Frauen mit stark männlichen Identitäten können negativ vom Imposter-Syndrom beeinflusst werden. Neben der Unvereinbarkeit mit der Rolle als Unternehmerin kann das Imposter-Syndrom jedoch besonders bei Frauen mit starker weiblicher Identität, Selbstzweifel und Ängste noch weiter verstärken. Das Imposter-Syndrom kann es Frauen zusätzlich erschweren, sich selbst als Unternehmerin zu sehen. 3

1 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 617f

2 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 618

3 vgl. Ladge/Eddleston/Sugiyama 2019, S. 618f

Literaturverzeichnis:

Ladge, Jamie/Eddleston, Kimberly/Sugiyama,Keimei: Am I an entrepreneur? How imposter fears hinder women entrepreneurs’ business growth. In: Business Horizons 62,5 (2019), S.615-624

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