05 // Continuity Editing

Kontinuität ist der unsichtbare Klebstoff, der jeden (erfolgreichen) Film zusammenhält. Sie trägt dazu bei, die von Filmemacher:innen angestrebte Illusion zu schaffen und aufrechtzuerhalten und hilft gleichzeitig auch der zusehenden Person, an die Geschichte zu glauben, die erzählt wird (Adobe). Continuity Editing schafft einen fließenden Übergang von einer Einstellung zur nächsten, ohne die Aufmerksamkeit der Zuseher:innen von der Erzählung abzulenken (Bordwell & Thompson, 1993).

Von Beginn an haben Filmschaffende und Editor:innen erkannt, dass die Lenkung der Blickrichtung und Aufmerksamkeit der  Zuseher:innen auf bestimmte Elemente auf dem Bildschirm (typischerweise Objekte, Gesichter oder Bewegungen) sowie die gezielte Beeinflussung der grundlegenden filmischen Elemente (wie Bewegung, Licht, Farbbalance und Aufnahmedauer) nicht nur dazu dient, die Handlung des Films zu verstehen, sondern auch ein Gefühl für die räumlich-zeitliche Kontinuität zu vermitteln.

Ohne die Bedeutung anderer Schnitttechniken zu vernachlässigen, verfolgt der bekannte Schnitt im „Hollywood-Stil“ die Ziele von Zeit und Wahrnehmung. Die Absicht besteht darin, die Übergänge zwischen den Aufnahmen möglichst „unsichtbar“ zu gestalten. Dies ermöglicht es den Zuschauer:innen, sich besser auf die Ereignisse oder die Handlung zu fokussieren (Anderson, 1996; Bordwell & Thompson, 1993; Cutting, 2005; Reisz & Millar, 2010). Smith und Henderson (2008) bezeichneten dieses Phänomen als „Schnittblindheit“ – also das fehlende Bewusstsein für Schnitte beim Betrachten eines Films.

Aber was bedeutet überhaupt Continuity Editing?

Bei dieser Schnitttechnik werden mehrere Kameraeinstellungen – unabhängig von Ort und Zeit – zu einer nahtlosen und konsistenten Erzählung zusammengefügt. Dieser Fluss hilft zusehenden Personen, ohne unnötigen Ablenkungen, vollkommen in die Geschichte einzutauchen. Mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie der Schnitt, bekommt auch die Requisite am Set – Kostüme müssen von Szenen zu Szenen stets gleichbleiben. Eine weitere Technik, die zur Kontinuität beiträgt, ist zum Beispiel das Anpassen der Blickrichtung, die 180-Grad-Regel oder ein Match-Cut (Adobe). Diese Schnitttechniken zielen darauf ab, ZuseherInnen so wenig möglich bewusst werden zu lassen, dass es sich um einen Film handelt.

180-Grad-Prinzip

Das 180-Grad-Prinzip, auch als 180-Grad-Regel bekannt, besagt, dass zwischen zwei handelnden Personen eine imaginäre Handlungsachse angenommen wird. Alle verwendeten Kameras dürfen sich nur auf einer Seite dieser Achse befinden und innerhalb des imaginären Halbkreises dieses 180-Grad-Bereichs bewegen. Im Rahmen des Kontinuitätssystems muss diese Anordnung im imaginären Raum beibehalten werden, unabhängig davon, in welche Richtung die Kamera auf die Szene gerichtet ist. Eine Überschreitung der Handlungsachse führt zu einer Beeinträchtigung der visuellen Kohärenz (Steinmetz, 2005).

Match-Cut

Ein Match Cut bezeichnet einen Übergang zwischen zwei Aufnahmen, der einen ähnlichen Bildausschnitt, Komposition oder Handlung nutzt, um den Zuschauer nahtlos von einer Szene zur nächsten zu führen. Diese Technik findet oft Anwendung im Film, Fernsehen und in der Werbung. Zum Beispiel wird in Filmen häufig ein Schnitt von einer Person zu ihrem jüngeren oder älteren Selbst verwendet, um eine Rückblende oder einen Blick in die Zukunft darzustellen und so die Hintergrundgeschichte einer Figur zu erzählen (Chen, Zigi, Tucker & Xie, 2023).

Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=iGuv1G3-f7w

Literaturverzeichnis:

Adobe. What Is Continuity Editing in Film? Adobe Creative Cloud. https://www.adobe.com/creativecloud/video/hub/ideas/what-is-continuity-editing-in-film.html [03.12.2023]

Anderson, J. D., (1996). The reality of illusion: An ecological approach to cognitive film theory. Carbondale, IL: Southern Illinois University Press.

Bordwell, D., & Thompson, K., (1993). Film art: An introduction (4th ed.). New York, NY: Mc Graw Hill.

Chen B., Ziai A., Tucker R. and Xie Y., (2023). Match Cutting: Finding Cuts with Smooth Visual Transitions in 2023 IEEE/CVF Winter Conference on Applications of Computer Vision (WACV), Waikoloa, HI, USA,

Cutting, J. E., (2005). Perceiving scenes in film and in the world. In J. D. Anderson & B. F. Anderson (Eds.) Moving image theory: Ecological considerations (pp. 9-27). Carbondale, IL: University of Southern Illinois Press.

Reisz, K. & Millar, G., (2010). The technique of film editing (2nd ed.). London: Focal Press.

Steinmetz R., (2005). Filme sehen lernen: Grundlagen der Filmästhetik. (DVD). Frankfurt am Main: Zweitausendeins.

Smith, T.J. and Henderson, J.M., (2008). Edit Blindness: The relationship between attention and global change blindness in dynamic scenes. Journal of Eye Movement Research, 2(2), 1-17.

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