Die Entwicklung der Animation als Kunstform
Die Ursprünge der Animation liegen in dem fest verankerten Bedürfnis der Menschheit, das Essenzielle des Lebens durch künstlerischen Ausdruck festzuhalten. Von den ersten Darstellungen von Bewegung und Ereignissen in den Höhlenmalereien der Cro-Magnons bis zum Aufkommen des modernen Films wurde die Entwicklung der Animation von dem Bedürfnis angetrieben, nicht nur physische Formen, sondern auch ihre Bewegungen, Emotionen und ihren Geist darzustellen. Im späten 19. Jahrhundert ermöglichten die Fortschritte in der Filmtechnik den KünstlernInnen, Zeichnungen zu erstellen, die das Leben damals widerspiegeln konnten, und so entstand die Animation als ein neues und leistungsstarkes Medium.
Die Animation zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, die „Illusion von Leben“ zu erzeugen. Diese Illusion ist nicht nur technisch, sondern auch emotional, so wird das Publikum durch die animierten Figuren auf einer persönlichen Ebene angesprochen. Frühe AnimatorInnen entdeckten, dass die Persönlichkeit im Mittelpunkt dieser Verbindung steht. Die Bewegungen, die Mimik und die Reaktionen einer Figur müssen so aufeinander abgestimmt sein, dass sie eine flüssige und glaubwürdige Darstellung des Lebens ergeben.
Walt Disney betonte, dass die Essenz der Animation in ihrer Fähigkeit liegt, das Publikum für ihre Figuren zu begeistern. Dieses emotionale Engagement wird erreicht, indem vertraute Erfahrungen, universelle Gefühle oder nachvollziehbare Eigenschaften dargestellt werden, mit denen die ZuschauerInnen mitfühlen können. Dadurch entsteht ein Gefühl der Beteiligung am Geschehen.
Der effektive Einsatz von Bewegungen ist für den Erfolg von Animationen von grundlegender Bedeutung. Techniken wie hängende Schultern, um Traurigkeit zu signalisieren oder übertriebene körperliche Reaktionen, um Frustration darzustellen, helfen, den emotionalen Zustand einer Figur zu vermitteln. Die Herausforderung besteht darin, Bewegungen zu erschaffen, die sowohl glaubwürdig als auch spezifisch sind. So kann beispielsweise eine ähnliche Körpersprache je nach Kontext verschiedene Emotionen darstellen, was präzises Timing und Schauspielerei zu einem wichtigen Werkzeug für AnimatorInnen macht.
Bewegung in der Animation beschränkt sich nicht nur auf die Nachahmung der Realität, sondern beinhaltet auch die Schaffung eines emotionalen Rhythmus, der das Publikum in die Geschichte hineinzieht. Durch die Kontrolle des Tempos, der Gewichtung und des Handlungsflusses können tiefe Gefühle geschaffen werden und einfache Gesten in kraftvolle Erzählelemente verwandeln.
Herausforderungen und Innovationen
Anders als beim Realfilm, bei dem SchauspielerInnen ihre eigene Stimmung auf die Leinwand bringen, müssen GestalterInnen im Animationsbereich jeden Aspekt einer Figur von Grund auf neu entwerfen. Dazu gehört die Entwicklung von Persönlichkeiten, Beziehungen und emotionaler Dynamik. Dieser Prozess ist anspruchsvoll und erfordert eine Kombination von visueller Erzählung, künstlerischer Intuition und technischen Fähigkeiten.
Die Entwicklung des Animationsfilms als Kunstform spiegelt auch eine breitere Erforschung der visuellen Kommunikation wider.
Wie Walt Disneys Team entdeckte, erforderte die Animation eine einzigartige Bildsprache, die Ideen und Emotionen mit Klarheit und Präzision vermitteln konnte. Im Laufe der Zeit entwickelte sich diese Sprache weiter und umfasste ausgefeilte Techniken für Schauspiel, Timing und visuelles Design, die in den reichhaltigen Erlebnissen überzeugten, die die Animation heute bietet.
Ein universelles Kommunikationsmedium
Eine der größten Stärken der Animation ist ihre Fähigkeit, kulturelle und sprachliche Grenzen zu überwinden. Durch universelle Symbole der nonverbalen Kommunikation, wie Gestik, Körperhaltung und Mimik, verbindet sich der Trickfilm mit dem Publikum auf der ganzen Welt. Diese Universalität in Kombination mit der Fähigkeit, echte Emotionen hervorzurufen, macht die Animation zu einem zeitlosen Medium für das Erzählen von Geschichten.
Daraus gewonnene Erkenntnisse
Das Wesentliche der Animation liegt in ihrer Fähigkeit, Charaktere zum Leben zu erwecken und sie sympathisch, ausdrucksstark und emotional ansprechend zu machen. Durch das Zusammenspiel von Bewegung, Persönlichkeit und Publikumsbindung, haben AnimatorInnen ein Medium geschaffen, das nicht nur unterhält, sondern auch eine tiefe Resonanz bei den ZuschauerInnen hervorruft. Als Kunstform entwickelt sich die Animation ständig weiter und lässt weiteren Spielraum für das visuelle Erzählen von Geschichten und desssen emotionalen Ausdrucks.
Thomas, Frank, & Johnston, Ollie. The Illusion of Life: Disney Animation. New York: Disney Editions, 1981, S. 12–26.
Verbindung von Emotionen mit nicht realen Formen
Die Heider-Simmel-Studie von 1944, kam zu dem Ergebnis, dass Menschen selbst abstrakten, nicht lebendigen Objekten wie geometrischen Formen absichtliche Handlungen, Emotionen und soziale Interaktionen zuschreiben können, wenn diese sich in bestimmten Mustern bewegen.
Experiment
In dem Experiment wurde den TeilnehmerInnen ein kurzer Film gezeigt, in dem zwei Dreiecke und ein Kreis sich in und um ein Rechteck bewegten. Die Formen interagierten in einer simplen, aber dynamischen Art und Weise. Text oder Kontext dazu gab es nicht, es wurde nur Bewegung untersucht.
Die TeilnehmerInnen interpretierten die Bewegungen der Formen als absichtliche Handlungen. Beispielsweise wurde Verfolgung, Flucht oder Konflikt erkannt. Sie sahen die Formen nicht als zufällig bewegte Objekte, sondern als Akteure mit Zielen und Absichten. Darüber hinaus beschrieben die TeilnehmerInnen den Film in narrativer Form, als wären sie menschlich.
Den Formen wurden Emotionen wie Angst, Aggression, Mut oder Neugierde zugeschrieben, basierend auf ihrer Bewegungsgeschwindigkeit, Richtung und Interaktionen.
Die Studie unterstützt die analysierte Ursprünge in dem zuvor beschriebenen Absatz. Menschen haben ein tief verwurzeltes Bedürfnis, Sinn und Absicht in Bewegungen zu erkennen. Dieses Phänomen wird auf die menschliche Fähigkeit zur sozialen Kognition zurückgeführt. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Absichten und Emotionen anderer zu interpretieren. Wie sich zuvor herausgestellt hat, ist dieses Prinzip in der Animation sehr essenziell. Bewegungsmuster können reichen, um Charakteren Leben und Emotionen zu verleihen, selbst ohne Gesichtsausdrücke oder Stimmen. Das Experiment hat gezeigt, wie stark Bewegung als Kommunikationsmittel wirkt und warum es in der Animation eine so große Rolle spielt, um ZuschauerInnen emotional zu involvieren.
Heider, Fritz, & Simmel, Marianne (1944). An experimental study of apparent behavior. American Journal of Psychology, 57(2), 243–259. https://doi.org/10.2307/1416950