Impuls #5 – Bewerte ein Buch (nicht) am Cover

Es wird vielen Buchwürmern ähnlich gehen wie mir: Bei der Auswahl des nächsten Lesestoffs lassen wir uns oft von der Gestaltung des Buchcovers leiten – denn der erste Eindruck zählt.

Wann immer ich einen Buchladen betrete, neige ich dazu, nur die Bücher in die Hand zu nehmen, die mich visuell ansprechen. Bücher in den Regalen finde ich hingegen selten, da die Auswahl anhand der Buchrücken und das notwendige Verdrehen des Kopfes deutlich schwieriger ist, als wenn die Bücher offen auf Tischen präsentiert werden. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Gestaltung eines Buchcovers eine entscheidende Rolle spielt – insbesondere, um mir einen ersten Eindruck von der Geschichte zu vermitteln. Ich würde sogar behaupten, dass Buchcover, Klappentexte und die ersten Seiten (oder letzten Seiten – abhängig von der Platzierung des Impressums) größtenteils dieselbe Funktion erfüllen wie Titelsequenzen im Film. Aus diesem Grund widmet sich dieser Beitrag meinem bewussten Erleben eines Buchladenbesuchs.

Beobachtungen im Buchladen

Bei meinem Besuch habe ich versucht, mein Verhalten im Buchladen gezielt zu beobachten. Schon beim Betreten fiel mir sofort der erste Tisch ins Auge. Ich musste nicht einmal die Titel lesen, um zu erkennen, dass es sich um eine Auswahl von Thrillern handelte. Betrachtet man diese Bücher, könnte man fast glauben, sie seien Teil einer großen Buchreihe: Viele Cover wirken düster, mit Blaustichen und oft einem kräftigen Farbakzent, meist in Rot – eine Anspielung auf Blut. Wenn das Genre visuell nicht eindeutig erkennbar ist, helfen oft die Titel, in denen Begriffe wie „Tod“ oder andere negative, mysteriöse oder kriminelle Wörter vorkommen.

Direkt neben diesem Tisch befand sich ein weiterer, der kaum gegensätzlicher hätte sein können. Hier dominierten Pastellfarben, verschnörkelte Schriften und niedliche, minimalistische Illustrationen – unverkennbar Bücher aus dem Bereich der Romanzen. Auch bei diesen Titeln ließen sich die Cover nahezu austauschen, ohne dass sie weniger passend wirken würden.

Zwar gibt es innerhalb der großen Genres Variationen, doch diese dienen vor allem dazu, das jeweilige Subgenre zu kennzeichnen. Beispielsweise sind Bücher aus dem Bereich Dark Romance selten in Pastellfarben gehalten, sondern tendieren zu dunkleren Tönen. Dennoch zeigt die Covergestaltung auch hier klar, dass eine Liebesgeschichte im Mittelpunkt steht.

Im allgemeinen Bereich der Romane scheint die Gestaltung der Bücher zunächst abwechslungsreicher als bei den thematischen Tischen. Doch auch hier lassen sich Muster erkennen. So ähneln sich beispielsweise historische Romane oder Nacherzählungen griechischer Mythologie oft stark, auch wenn sie in meinem Fall nicht alle auf demselben Tisch präsentiert wurden.

Andere Gründe für die Ähnlichkeit von Buchcovern liegen auf der Hand: Zum einen gehören die Bücher oft zu einer Reihe, zum anderen stammen sie möglicherweise von derselben Autorin oder demselben Autor. Auch der Verlag kann eine Rolle spielen, da manche Verlage ein einheitliches Grundlayout für ihre Bücher verwenden. Beispiele dafür sind die Reclam- oder Diogenes-Bücher. Zudem kann ein Verlag für bestimmte Kollektionen – etwa Klassiker – ein einheitliches Design wählen.

Integration von rechtlichen Bestimmungen

Die meisten Bücher beginnen nicht direkt mit der Geschichte, sondern nutzen die ersten Seiten für rechtliche und informative Hinweise. Wie Titelsequenzen im Film benennen Bücher stets bestimmte grundlegende Informationen: den Titel, den Namen der Autorin oder des Autors, den Verlag, die Auflage oder die ISBN. Das Öffnen eines Buches könnte beispielsweise so aussehen: Auf der ersten rechten Seite stehen Titel und Autorenschaft, auf der Rückseite das Impressum mit Verlags- und Auflagendetails. Die nächste Seite enthält häufig eine Widmung, und darauf folgt ein Zitat, das die Lesenden auf die nachfolgende Handlung einstimmen soll. Erst beim weiteren Umblättern beginnt die eigentliche Geschichte. So können schnell sechs bis zehn Seiten vergehen, bevor man in die Handlung einsteigt.

Abschließende Gedanken

Im Vergleich zu meiner ursprünglichen Behauptung kann man Buchcover und die ersten Seiten nicht vollständig mit Titelsequenzen in Filmen gleichsetzen. Das Buchcover lässt sich auch mit anderen Elementen der Filmvermarktung vergleichen, etwa mit einem Filmplakat. Der Klappentext könnte mit einem Trailer oder Teaser gleichgesetzt werden. Unsicher bin ich, ob sich ein Prolog oder Epilog eines Buches mit einem Vorspann oder Abspann im Film vergleichen lässt. Trotzdem passt diese nicht genaue Einteilung wieder haargenau zur Thematik. Titelsequenzen gehen oft auch in die Einleitung der Handlung über (Die Kreditierung werden direkt in die beginnende Handlung eingebettet. Es gibt keinen eigenen Vorspann.). Auch verfolgen verschiedene Werbematerialen für die Filmvermarktung dieselben Ziele wie die Titelsequenz, beispielsweise wollen alle Lust, darauf machen, den Film anzuschauen. 

Die „Uniformierung“ von Büchern innerhalb eines Genres bringt sowohl Vor- als auch Nachteile. Ein großer Vorteil ist die Orientierungshilfe: Ohne den Klappentext lesen zu müssen, kann man bereits eine Einschätzung des Genres vornehmen. So werde ich mich beispielsweise kaum in der Romanzen-Abteilung aufhalten, wenn ich eigentlich nach einem Thriller suche. Ähnlich helfen auch Titelsequenzen, sich in den möglichen Filmgenres zurechtzufinden. Außerdem kann ich mir vorstellen – bzw. habe ich das bei meinem Aufenthalt in der Buchhandlung bemerkt, dass Bücher mit einer visuellen Verwandtschaft zu anderen Büchern, welche mir gefallen haben, vor mir sofort positiv assoziiert werden und ich nach diesen greife. Es kann bei mir aber auch genau das Gegenteil auslösen: Ein Buch, dass einem anderen ähnelt, dass mir gar nicht gefallen hat, kann von mir durchaus ignoriert werden. Der wohl größte Nachteil der Einheitlichkeit ist jedoch das fehlende Gefühl von Einzigartigkeit.

Aus meiner Beobachtung und Analyse nehme ich mit, dass die Genrebildung in der Buchgestaltung und in Titelsequenzen viele Parallelen aufweist. Ein gutes Buchcover kann die Stimmung und den Inhalt eines Buches perfekt widerspiegeln – ganz ähnlich wie eine gelungene Titelsequenz die Essenz eines Films einfängt.

Weitere Quellen

Für visuelle Inspiration: 

http://bookcoverarchive.com

https://abcoverd.co.uk/archive?year=2022

Aufbau von Buchcovern:

https://www.artfuleditor.com/blog/2020/12/18/what-makes-an-eye-catching-book-cover

Einfluss der Gestaltung von Buchcover im Marketing

indiereader

https://www.thebookdesigner.com/value-of-a-professional-book-cover

Beispiel von Classic Penguins:

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