IMPULS #1 – Welche Tipps uns Titelsequenzen für das Storytelling geben können

Bei der diesjährigen Adobe Max gab es etliche Vorträge online zum mitverfolgen. Mein erster Implus-Beitrag beschäftigt sich mit einem der Vorträge, nämlich Movies, Myth, Metaphor: Art of Film and TV Title Sequences. Vortragende dieses Talks war Karin Fong. Karin Fong ist eine Gründerin von Imaginary Forces und arbeitet als Director und Designerin. Sie hat unteranderem an etlichen bekannten Titelsequenzen für TV und Film mitgearbeitet, wie Percy Jackson and the Olympians, Lisey’s Story, oder Spider-Man: No Way Home.

In ihrem Vortrag auf der Adobe Max ging es darum welche Storytelling-Tipps uns Titelsequenzen geben können für die Arbeit an jeglichen kreativen Projekten. Mit Hilfe von Fallbeispielen erklärte Fong ihre Herangehensweise an Titelsequenzen und das daraus resultierende Storytelling. Da ging es vor allem um die Research-Phase, die Ideation-Phase und das Entwickeln von passenden Metaphern. Auch erzählte sie, wie sie Konzepte Kunden präsentiert und verkauft.

Titelsequenzen werden oft als Einladungen, Appetizer für die darauffolgenden Handlungen oder als Portale in andere Welten genutzt werden. Titelsequenzen können Emotionen erwecken, Ideen anschneiden oder ikonische Bildwelten vorstellen. Doch auf welche Aspekte muss man bei der Erarbeitung von Titelsequenzen achten?

Wichtige Bedenken bei der Erarbeitung

Die Integrierung von Metaphern zum Geschichten einzurahmen ist oft kraftvoller als wenn man sich buchstäblich am Ausgangsmaterial bedient. Trotzdem muss man einiges bei der Erarbeitung von Titelsequenzen beachten.

  1. Kreditierung des Casts und Crew
    • Die Nennung des Casts und der Crew ist das zentrale Element jeder Titelsequenz. Gesetzlich vorgeschriebene Parameter, wie die Zeitdauer der Sichtbarkeit eines Namens, die Reihenfolge oder die Größe müssen immer berücksichtigt werden. Doch Fong sieht diese Bindung eher als eine willkommene Herausforderung diese Qualitäten durch die Storytelling-Perspektive zu betrachten und daraus etwas zu formen.
  2. Stimmung festlegen
    • Main Titles sollen die Stimmung der nachfolgenden Handlung aufnehmen und behandeln. Es muss zwar nicht immer 1:1 die Stimmung der Serie/ des Films übernommen werden, doch die Stimmung muss zum Narrativ passen.
  3. Sei spezifisch
    • Wenn man eine Titelsequenz für eine Krimiserie, als Titelsequenz für eine komplett andere Krimiserie verwenden kann, dann ist die Titelsequenz nicht gut genug. Main Titles sollen in ihrer visuellen und inhaltlichen Sprache einen Wiedererkennungseffekt haben. Auch Reihen sollen durch das Main Title Design einheitlich gehalten werden. Die visuelle Sprache ist die Klammer. Beispielsweise wurde bei Spiderman: No way home beim Title Design darauf geachtet, dass der analoge Stil und die Anlehnung an den Mathematik/ Physikunterricht erhalten bleibt. Trotzdem haben sie sich überlegt, wie sie die Kerninhalte innerhalb dieser Richtlinien einbinden können.
  4. Das Handwerk bestimmt die Emotion
    • Die Wahl der visuellen Sprache, wie bereits erwähnt, hat einen enormen Einfluss auf die hervorgerufenen Emotionen des Publikums. Deshalb ist es wichtig, sich Gedanken darum zu machen, welcher Stil die intendierten Emotionen auslösen kann. Bei Lisey’s Story haben sich Fong und ihr Team dafür entschieden, den Vorspann mit echten Puppen zu drehen, da das reale Material der Puppen im Zusammenspiel mit echten Puppenspielern, dem Ganzen etwas viel rares und zerbrechliches verlieh, als wenn alles im Computer stattgefunden hätte. Essentiell dabei war es, dass im Spiel mit practical effects kleine Fehler entstanden, welche dem Ganzen etwas menschliches verlieh.
  5. Extrahieren
    • Es ist wichtig den Kern einer Erzählung ausfindig zu machen und seine Idee auf dieser aufzubauen.
  6. Mehr Fragen aufwerfen als Antworten beantworten
    • Um das Interesse des Publikums auf sich zu ziehen ist es wichtig, in einer Titelsequenz mehr Fragen in den Raum zustellen, als diese zu beantworten. Durch die Handlung hinweg, wird das Publikum die Fragen beantworten können.
  7. Höre auf die Arbeit
    • Es ist immer wichtig, sich die Frage zustellen: Was möchte die Titelsequenz erreichen? Was sind die Anforderungen und Erwartungen, die sie erfüllen sollte? Oftmals wollen wir etwas neuartiges – noch nie zuvor Gesehenes – in die Welt setzen. Doch in diesem Bestreben können wir leicht das Wichtige aus den Augen verlieren, nämlich: die Gelegenheit uns mit dem Publikum zu verbinden.

Gestaltung als iterativer Prozess

Die Erarbeitung eines Projektes ist immer ein iterativer Prozess. Es scheint, dass alles im Zusammenhang mit dem Thema steht. Deshalb ist wichtig, viele Möglichkeiten und Visualisierungen auszuprobieren. Es ist in Ordnung, ausgearbeitete Ideen zu verwerfen, wie es bei Fong und ihrem Team bei der Erarbeitung von Percy Jackson and the Olympians der Fall war. Das Team von der Serie hat ihnen vorgegeben, dass sie gerne etwas hätten, was die Verstrickungen der Familie der griechischen Götter symbolisiert. Dadurch hat sich das Team mit verschiedensten Visualisierungen von Stammbäumen und der Götter beschäftigt. Schlussendlich ist etwas herausgekommen, dass viel zu sehr austauschbar war – also, zu wenig Wiedererkennungswert gehabt hat. Doch durch die Reevaluierung ist das Team auf einen zentralen Aspekt gestoßen, welcher sie auf die Fährte zu ihrer finalen Titelsequenz brachte. In den Büchern ist der Transfer des Olymps in die oberen Etagen des Empire State Buildings von zentraler Bedeutung. In diesen Gebäuden gibt es viele Murals, was laut Fong, eine wichtige amerikanische Kunstform ist. Deshalb entschieden sie sich die Endtitel als riesengroßes Mural erscheinen zu lassen, in dem wichtige Momente in der Handlung dargestellt sind. Bei der Visualisierung haben sie auch darauf geachtet, dass bildliche Ebene die Charakteristika alter Murals und ihre Anlehnung auf den Jugendstil aufzeigt werden.

Gestaltung als kooperativer Prozess

Das Produzieren von Filmen ist ein kooperativer Prozess. Fong arbeitet gerne mit Menschen zusammen, die besser als sie sind. Auch ist es wichtig, auf die Vorstellungen anderer zuhören. Vor allem, wenn ein Regisseur oder eine Regisseurin bereits gewisse Vorstellungen oder Vorgaben hat.

Ideen verkaufen

Um Personen von der Idee zu überzeugen, sollte bei der Präsentation auf das Drama und die erzählte Geschichte geachtet werden. Man muss versuchen, einen essentiellen Aspekt aufzugreifen, welcher bei den Personen Emotionen auslöst. Beispielsweise hat Fong und ihr Team bei Lisey’s Story dem Regisseur eine Marionette geschickt. Die Idee vom Einsatz von Marionetten, war zwar die vom Regisseur selbst, doch dem Team ging es bei dieser Aktion darum, den Regisseur davon zu überzeugen, die Titelsequenz in live-action zu drehen. Durch das Zusenden der Marionette sollte der Regisseur die Haptik und Einzigartigkeit der Marionette spüren, was durch computergenerierte Bilder kaum möglich ist. Auch die Testfotos und Mock-ups im theatralischen halfen dabei.

Weitere Erscheinungsformen von Titelsequenzen

Titelsequenzen dienen nicht nur als Einleitung in das Gesehen des nachfolgenden Film oder der nachfolgenden Serie, sonder sind auch Teil des visuellen Erscheinungsbild. Losgelöst vom Film oder von der Serie agieren sie im viralen Raum. In diesem bekommen sie mehr Macht zugesprochen, als in ihrem eigentlichen Nutzen. Sie sind wie die verwendete Typografie oder die Titelmusik Gedächtnisstützen und können ihre Eigenleben durch memes etc. annehmen.

Erkenntnisse aus dem Vortrag

Wie schon Karin Fong in ihrem Vortrag gesagt hat, die Herangehensweise an Titelsequenzen kann universal auf alle möglichen Gestaltungsprojekte angewendet werden. Ich habe mich dabei vor allem dafür interessiert, welche wichtigen Aspekte des Storytellings ich für meine Erarbeitung eines kurzen Animationsfilms mitnehmen kann und ich bin zum Schluss gekommen, dass tatsächlich viele Punkte auch für mich anwendbar sind. Der Vortrag zeigt auf, dass nicht nur die Beschäftigung mit dem Inhalt, sondern auch Entscheidungen wie intendierte Stimmung, visuelle Sprache oder Beschäftigung mit dem Zielpublikum aussehensthenden Personen sowie dem Alleinstellungsmerkmal den Unterschied machen.

Quelle

Adobe Max (15.10.2024): Movies, Myth, Metaphor: Art of Film and TV Title Sequences – S6000. Online unter: https://www.adobe.com/max/2024/sessions/movies-myth-metaphor-art-of-film-and-tv-title-s6000.html (zuletzt geöffnet am 27.10.2024).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert